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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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Küche zwei weitere Wodka Tonic und hoffte, dass der Kater am nächsten Morgen nicht allzu heftig ausfallen würde.
    Eine Weile saßen sie schweigend auf dem Sofa und nippten an ihren Gläsern.
    «Dagegen ist Nadine echt ein Waisenkind», sagte Deborah plötzlich. Offenbar war sie noch immer mit den Bildern an der Pinnwand beschäftigt.
    «Hm», erwiderte Liz nur. Sie hatte keine Lust, über den Fall zu reden.
    «Immerhin hat sie alles versucht, um wieder auf die Reihe zu kommen», fuhr Deborah fort. «Jede nur mögliche Form der Therapie. Hypnose, Rückführung, Psychoanalyse. Echt alles, was du dir denken kannst.»
    «Manche von diesen Sachen machen es eher schlimmer als besser.» Liz nahm einen Schluck, genoss das Gefühl der Leichtigkeit, das sich mit dem Alkohol in ihr ausbreitete.
    «Ach ehrlich?» Deborah sah sie überrascht an. «So habe ich das noch nie gesehen. Aber Psychoanalyse ist doch seriös, oder?»
    «Seriös?» Liz lachte bitter auf. «Erfunden von alten, verklemmten Männern, um Frauen zu therapieren, die sie selbst erst krank gemacht haben, indem sie sie in viel zu enge Kleider und noch engere moralische Korsette stopften. Hast du eine Vorstellung davon, wie Frauen im 19 . Jahrhundert gelebt haben? Sie sind förmlich erstickt in dieser miefigen, spießbürgerlichen Beengtheit, und sie hatten keine Chance, da rauszukommen. Viele sind daran kaputtgegangen, manche sind durchgedreht. Das nannte man dann Hysterie. Und man hat auch gleich eine Ursache ausgemacht: Irgendwelche widernatürliche sexuelle Phantasien, die die Frauen angeblich krank machten und von denen natürlich nur die Männer sie heilen konnten. Dabei waren es die Männer selbst, die an kranken Phantasien litten.» Liz hielt inne, als sie Deborahs große Augen sah. «Sorry. Ich habe mich in Rage geredet. Wie du vermutlich bemerkt hast, bin ich kein Anhänger von Freud und seiner Psychoanalyse. Tut mir leid, ich wollte dich nicht verschrecken.»
    «Hast du nicht.» Deborah grinste. «Ich fand diesen ganzen Mist mit dem Penisneid auch immer blöd. Wenn es eins gibt, um das ich die Männer definitiv nicht beneide, dann ist es dieses hässliche, schrumpelige Ding zwischen ihren Beinen. Aber ich dachte, dass ich vielleicht etwas falsch verstanden hätte, weil ich doch keine Ahnung von der Materie habe. Umso mehr freut’s mich, dass eine Expertin wie du meine Abneigung teilt.» Sie hob ihr Glas. «Auf die Frauen.»
    «Auf die Frauen.» Liz stieß an, doch in Gedanken war sie weit weg. Etwas, das Deborah gesagt hatte, hatte eine Erinnerung in ihr freigesetzt.

22. März 1996
    Zwei weitere Menschen bei Brand in JVA gestorben
Innenminister kündigt lückenlose Aufklärung an
     
    Siegburg. Der Brand am vergangenen Dienstag in der Jugendstrafanstalt Siegburg forderte offenbar zwei weitere Opfer. Wie die Polizei mitteilt, erlag ein Insasse gestern im Krankenhaus seinen Verletzungen. Ein weiterer Leichnam wurde ebenfalls gestern aus den Trümmern des zum Teil eingestürzten Kellers geborgen. Angeblich handelt es sich um einen Monteur, der Reparaturen an der Heizungsanlage vornahm. Nach bisherigen Erkenntnissen wurde das Feuer vom sogenannten «Mädchenwürger» Hendrik Vermeeren gelegt, der sich danach selbst tötete.
    Der Innenminister hat derweil eine rasche Aufklärung angekündigt, wie es zu dem Brand kommen konnte. Auf die Frage, ob der Jugendstrafvollzug zu lasch gehandhabt werde, antwortete er, dass er vollstes Vertrauen in das System habe. Es solle allerdings überprüft werden, ob mit Sonderfällen wie Hendrik Vermeeren nicht anders umgegangen werden könne.

Montag, 21. Oktober, 8:52 Uhr
    Georg Stadler trat in den Paternoster und lehnte sich gegen die Wand. Montagmorgen, der Beginn einer weiteren Woche, in der er sich mit den Schattenseiten seines Berufs herumschlagen durfte. Normalerweise machte er seine Arbeit gern, aber wenn er, wie bei dem aktuellen Fall, nicht so ermitteln durfte, wie er es für richtig hielt, kotzte sie ihn einfach nur an. Im zweiten Stock trat er auf den Flur und hielt auf den Gang mit den Büros des KK   11 zu. Birgit war schon da, saß über eine Akte gebeugt am Schreibtisch.
    «Ich möchte, dass du heute als Erstes die Studentin und ihren Freund befragst», sagte er ohne Einleitung.
    Birgit blickte hoch. «Hab schon angerufen. Ich treffe mich um elf mit den beiden. Willst du mitkommen?»
    «Nein.» Stadler ließ sich auf seinen Stuhl fallen. «Nimm Miguel mit.»
    «Für dich ist Krämer raus aus der Sache,

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