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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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Gott, kommt jetzt sein Stoffwechsel durcheinander?»
    «Könnte sein. Dann ist er vermutlich noch übellauniger als sonst.» Birgit griff zum Telefon. «Ich guck mal, ob ich einen der Kollegen auftreibe, die gestern Abend am Unfallort waren. Vielleicht können wir den Fall schnell zu den Akten legen.»

Montag, 21. Oktober, 9:22 Uhr
    Tanja Matzurka trat aus der Dusche und betrachtete ihren nassen Körper im Spiegel. Das tat sie jeden Morgen, es war ein Ritual, das sie liebte. Sie bekam nie genug davon. Nie genug von diesem wohlgeformten, anmutigen Frauenkörper. Er war nicht perfekt, nein. Die Hüften waren ein bisschen zu schmal, die Brüste ziemlich klein und der Bauch nicht mehr ganz flach. Dennoch konnte sie sich nicht sattsehen an ihrem Körper, für den sie so lange hatte leiden müssen. Sorgsam tupfte sie sich ab, zum Schluss rubbelte sie ihre schulterlangen kastanienbraunen Haare trocken.
    Sie zog sich an. Unterwäsche, Strumpfhose, ein enger grauer Rock und die Bluse mit den Rüschen, die eigentlich ein wenig zu verspielt war für ihr Alter, schließlich ging sie auf die vierzig zu. Zum Schluss trug sie Make-up auf. Ihre Gesichtshaut war etwas zu großporig und unrein, um wirklich schön zu sein, daran würde sich wohl nichts mehr ändern lassen. Doch dieses Problem hatten viele Frauen. Nichts, was sich nicht mit ein wenig Make-up kaschieren ließ. Selbst wenn ihre Haut makellos, ihr Teint rosig gewesen wäre wie der eines jungen Mädchens, hätte sie sich geschminkt, einfach weil sie es konnte. Und weil ein wenig Farbe an den richtigen Stellen aus einer schönen Frau eine wahre Göttin machen konnte. Eine Göttin, der die Männer hinterhersahen. Die die Ehemänner, die mit ihrer Frau im Restaurant saßen, heimlich anstarrten. Tanja liebte diese Blicke, weil sie ihr bewiesen, dass sie tatsächlich eine richtige Frau war.
    Sie schraubte die Wimperntusche auf und beugte sich vor, um besser zu sehen. Sie hatte heute einen wichtigen Termin mit einem Kunden, und sie wollte einen perfekten Eindruck machen. Als sie fertig war, trat sie einen Schritt zurück und betrachtete sich noch einmal im Spiegel. Ja. Das war sie, Tanja Matzurka. All die Qualen und Strapazen hatten sich gelohnt, endlich war sie eins mit ihrem Körper, war an dem Ort, an den sie gehörte.
    Seit sie sich erinnern konnte, hatte sie sich nicht wohl gefühlt in ihrer Haut. Sie hatte Jahre gebraucht, um herauszufinden, was mit ihr nicht stimmte. Bis ihr eines Tages ein Arzt gesagt hatte: «Ihr Körper ist kein Schicksal, Herr Matzurka. Nichts ist Schicksal. Alles lässt sich ändern.»
    Es war wie eine Offenbarung gewesen. Seither hatte sie dafür gekämpft, die Frau sein zu dürfen, als die sie sich fühlte. Vor sieben Monaten war es endlich so weit gewesen. Am 10 . März, ihrem zweiten Geburtstag, dem Tag, an dem sie endlich angefangen hatte, sie selbst zu sein.
    Natürlich hatte sie eine Reihe von Menschen vor den Kopf gestoßen. Ihr Vater redete seit Jahren nicht mehr mit ihr, seit dem Augenblick, als sie ihren Eltern erzählt hatte, dass sie im falschen Körper steckte, dass sie eine Frau war, gefangen in einem Männerkörper.
    «Blödsinn», hatte ihr Vater gesagt. «Es gibt keinen falschen Körper, es gibt nur eine falsche Einstellung! Reiß dich zusammen, Junge, und sei endlich ein Mann!» Als er sie dann in ein Bordell hatte mitnehmen wollen, war sie entsetzt davongelaufen.
    Ihre Mutter sprach immerhin noch mit ihr. Sie telefonierten gelegentlich, manchmal trafen sie sich auf einen Kaffee. Sie gab sich aufrichtig Mühe, das Unbegreifliche zu begreifen. Allerdings war Tanja trotz allem immer noch ihr Sohn. «Mein Junge», sagte sie am Telefon zu ihr. Und dann: «Ach, entschuldige. Du weißt ja, ich meine es nicht böse. Es rutscht mir einfach so heraus.» Tanja spürte, wie sehr ihre Mutter um ihren verlorenen Sohn trauerte, fast so, als wäre Thomas Matzurka gestorben. Sie hatte an seiner Stelle eine Tochter geschenkt bekommen, aber sie schien nicht wirklich erfreut zu sein über den Tausch.
    Glücklicherweise war es an ihrem Arbeitsplatz reibungsloser verlaufen. Als sie sich für den Job in der Maklerfirma vorstellte, trug sie bereits Frauenkleider. Sie hatte das Thema direkt angesprochen. «Ich bin transsexuell», hatte sie gesagt. «Und ich werde mich operieren lassen, sobald es geht.»
    «Das freut mich für Sie, Frau Matzurka», hatte ihr zukünftiger Chef geantwortet. «Aber mich interessiert allein Ihre berufliche Kompetenz.» Da

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