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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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hatte sie gewusst, dass sie den Job nehmen würde.
    Tanja verließ das Bad und löschte das Licht. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass es sonnig, aber windig war. Zerfetzte Wolken stoben über den Himmel. Sie seufzte. Vielleicht sollte sie die Haare doch besser hochstecken, sonst flogen sie ihr ständig im Gesicht herum. Bei dem Kundentermin ging es um eine exklusive Penthouse-Wohnung. Sechster Stock mit riesiger Dachterrasse. Kurz entschlossen fischte sie ein Haargummi aus der Schale, die auf der Kommode neben der Wohnungstür stand, und steckte es in ihre Handtasche. So konnte sie kurzfristig entscheiden. Sie schlüpfte in die schwarzen Lackstiefel, in denen ihre Beine schmaler und länger wirkten, und streifte ihren Mantel über.
    «Auf in den Kampf», murmelte sie und griff nach der Türklinke.

Montag, 21. Oktober, 19:35 Uhr
    Er war schon da. Liz sah ihn durch die Fensterscheibe der Gaststätte. Er saß vor einem Bier, starrte gedankenverloren in sein Glas. Ein seltsamer Mann. Definitiv nicht aus dem Rheinland, das hörte man, sobald er den Mund aufmachte, aber gut akklimatisiert, wie es schien. Er trank Altbier und nahm es auf rheinische Art mit den Vorschriften nicht so genau. Er sah gut aus, wenn man bedachte, dass er mindestens fünfzehn Jahre älter war als sie. Allerdings war er sich seiner Attraktivität leider allzu bewusst, was auf sie ein wenig arrogant wirkte. Sie holte einmal tief Luft, bevor sie die Tür aufstieß. Am besten brachte sie das Gespräch so schnell wie möglich hinter sich. Danach würde sie Georg Stadler sowieso nie wiedertreffen.
    Als er sie erblickte, erschien ein erwartungsvolles Leuchten auf seinem Gesicht und noch etwas, das Liz nicht deuten konnte, etwas Warmes, beinahe Mitfühlendes. Ihre Kehle wurde eng.
    «Guten Abend», sagte sie steif und ließ sich ihm gegenüber auf einem Stuhl nieder.
    «Hallo, Frau Montario. Darf ich Ihnen etwas zu trinken bestellen?»
    Sie zögerte. «Milchkaffee», antwortete sie schließlich.
    Er bestellte und wandte sich dann Liz zu. «Und? Haben Sie etwas für mich?»
    Sie senkte kurz den Blick. Als sie ihn wieder hob, sah er sie betroffen an. «Entschuldigen Sie, dass ich so mit der Tür ins Haus falle. Aber die Ermittlungen stecken in einer absoluten Sackgasse. Wir brauchen eine neue Spur. Bevor der Täter wieder zuschlägt.»
    Sie nickte müde. «Verstehe.»
    Die Kellnerin brachte den Kaffee und verschaffte ihr damit eine weitere Minute Bedenkzeit. Als sie fort war, räusperte sich Liz.
    «Also, die Sache ist leider nicht ganz einfach. Ich gebe Ihnen recht mit Ihrer Einschätzung, dass die beiden Morde zusammenhängen könnten.»
    «Na also.» Er beugte sich vor, ein triumphierendes Blitzen in den Augen. «Ich wusste es.»
    Liz lehnte sich zurück. «Ich sagte, dass sie zusammenhängen
könnten
– es bedeutet nicht, dass sie es wirklich tun. Allerdings ist es sehr wahrscheinlich. Die Tötungsmethoden sind extrem ähnlich. Erst das Aufschlitzen der Kehle, dann die Messerstiche, schließlich das Öffnen der Bauchhöhle. Es wäre schon ein großer Zufall, wenn wir es hier mit zwei völlig unabhängigen Tätern zu tun hätten.»
    «Aber?», fragte Stadler.
    «Der Modus operandi, also das ganze Drumherum, könnte kaum verschiedener sein. Beim ersten Mord haben wir es mit einem Täter zu tun, der gemeinhin als unorganisiert bezeichnet wird. Ich bin zwar mit der Einteilung in organisierte und unorganisierte Täter überhaupt nicht glücklich. Aber sie ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Und hier trifft sie voll zu. Der Mord an dem Transvestiten war in keiner Weise vorbereitet, er geschah im Affekt.»
    «Doch das gilt nicht für die zweite Tat», ergänzte Stadler düster.
    «Genau. Und ausgerechnet die auffälligste Gemeinsamkeit beider Taten unterscheidet sie zugleich voneinander: die Wahl der Opfer. Es war nicht schwer zu erkennen, dass Manuel Geismann keine Frau war. Aber dass Leonore Talmeier ebenfalls als Junge zur Welt kam, wusste nicht einmal ihr Ehemann. Der Täter muss es irgendwie herausgefunden haben, und das deutet darauf hin, dass er äußerst sorgsam vorbereitet war.»
    «Er hat sogar daran gedacht, dieses Püppchen mitzubringen, das er ihr in die Bauchhöhle gesteckt hat», ergänzte Stadler.
    Liz griff nach ihrer Kaffeetasse. «Das allerdings spricht eher dafür, dass wir es in beiden Fällen mit dem gleichen Täter zu tun haben.»
    «Wirklich?» Er sah sie überrascht an.
    Liz nahm einen Schluck Kaffee und setzte die

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