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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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Stolz. Das dadrinnen ist selbst für mich und meine Kollegen schwer zu ertragen. Eigentlich dachte ich, dass bei Leonore Talmeier der Gipfel der Grausamkeit erreicht sei. Aber da habe ich mich wohl getäuscht.»
    Liz schlüpfte in den Overall und folgte Stadler in den Kreißsaal. Drinnen war mehr als ein halbes Dutzend weiß gekleideter Gestalten damit beschäftigt, Spuren zu sichern. Gegenstände wurden in Tüten verstaut, jemand filmte den Raum mit einer Videokamera, ein anderer verteilte kleine Schildchen mit Nummern auf dem Fußboden.
    Zögernd wandte Liz ihren Blick einer Liege zu, auf der sonst wohl Babys zur Welt gebracht wurden. Auch jetzt lag dort eine Frau. Leblos. Ihre Gesichtszüge eingefroren zu einer starren Maske. Ihr Oberkörper war durch zahllose Stichwunden entstellt, der Unterleib aufgeschlitzt, sodass die inneren Organe zu sehen waren. Einige hatte der Täter entnommen und in eine Schale gelegt, die zwischen den Schenkeln der Frau stand. Sowohl die Leiche als auch alles um sie herum war blutgetränkt, die Liege, die Wand dahinter, ein kleiner Rollwagen mit medizinischen Instrumenten, der Fußboden. Es schien unmöglich, dass all das Blut nur von dieser kleinen, schmächtigen Person stammte.
    Schlimmer jedoch als das Blut, schlimmer sogar als die schrecklichen Verletzungen war für Liz das, was in der Armbeuge der Toten lag. Dort hatte der Mörder eine lebensgroße Babypuppe gebettet, die genauso nackt war wie die Frau. Die Puppe war so platziert, dass sie mit dem Gesicht an der Brust ruhte, mehr noch, in einer bizarren Imitation eines Stillakts war die Brustwarze der Toten zwischen die Plastiklippen des Spielzeugbabys geklemmt.
    Liz hob den Blick, richtete ihn auf die gekachelte Wand hinter der Toten. Hier prangten nicht nur die Blutspritzer, die bezeugten, auf welch grauenvolle Art die Frau ums Leben gekommen war. In großen Druckbuchstaben hatte der Täter eine Botschaft hinterlassen, mit dem Blut seines Opfers an die Wand geschmiert:
    Falsche Schwester.
    «Mein Gott», flüsterte Liz.
    «Ich will dieses Schwein finden», stieß Stadler zwischen den Zähnen hervor.
    Liz versuchte, den Brechreiz zu unterdrücken. «Ist sie identifiziert? Ist das Tanja Matzurka?»
    Stadler nickte. «Aller Wahrscheinlichkeit nach, ja. Bisher haben wir nur ein Foto aus Matzurkas Wohnung zur Verfügung, die endgültige Identifizierung müssen unsere Rechtsmediziner vornehmen.»
    Liz wandte sich ab. Ihr Magen fuhr Achterbahn, ihre Hände waren eiskalt.
    «Kommen Sie, ich bringe Sie hinaus.» Stadler berührte sie sanft am Arm.
    Sie stiegen aus den Anzügen, gingen zurück in den Vorraum, wo ein paar Stühle standen, und setzten sich.
    «Ich weiß, dass es noch viel zu früh für verlässliche Schlussfolgerungen ist. Können Sie mir trotzdem schon etwas sagen?» Stadler sah sie an.
    Liz senkte den Blick und starrte auf ihre Schuhspitzen. «Viel Wut. Viel Hass. Aber auch viel Disziplin. Und Mut zum Risiko.» Sie blickte auf. «In einem Krankenhaus herrscht Tag und Nacht Betrieb. Vor allem im Kreißsaal. Dort ist man vor Störungen nie gefeit. Trotzdem hat er ausgerechnet diesen Ort gewählt. Es ist eine Demonstration seiner Macht. Er führt uns an der Nase herum. Er will uns zeigen, dass er unbesiegbar ist.»
    Stadler runzelte die Stirn. «Glauben Sie das?»
    «Was?» Liz sah ihn verständnislos an.
    «Dass er unbesiegbar ist.»
    «Niemand ist unbesiegbar.»

Donnerstag, 24. Oktober, 20:40 Uhr
    Georg Stadler rieb sich den Nasenrücken. Er war müde, die Last der Verantwortung drückte auf seinen Schultern ebenso schwer wie das Gefühl, versagt zu haben. Wenn sie schneller gewesen wären, wenn er sofort nach der Besprechung am Morgen angeordnet hätte, die Kellerräume zu durchsuchen, hätten sie Tanja Matzurka vermutlich retten können. Es war seine Schuld, dass sie tot war.
Er
hatte die Prioritäten festgelegt.
    «Also gut, Leute», sagte er und blickte in die erschöpften Gesichter der Kollegen, die sich zur Besprechung eingefunden hatten. Nicht alle waren dabei. Einige unterstützten die Kriminaltechnik vor Ort, andere koordinierten die Befragungen im Krankenhaus. Es mussten Hunderte potenzieller Zeugen ausfindig gemacht und vernommen werden – Ärzte, Krankenschwestern, Betreuer, Verwaltungspersonal, Patienten und deren Besucher. «Wir sind alle müde, deswegen fasse ich mich kurz. Ihr wisst, dass Tanja Matzurka tot aufgefunden wurde. Im Kreißsaal  2 des EVK .» Er betätigte die Fernbedienung des Beamers, und

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