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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Sander
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verkrusteten Tellern und Weinflecken zu trinken.
    «Jetzt nicht. Ich habe heute sowieso schon mein Limit überschritten, weil ich so lange auf dich warten musste.» Sie grinste.
    «Also gut.» Liz nahm ihr Glas und machte es sich auf dem Sofa bequem. Sie hatte heute so viel Schreckliches ausgehalten, dass ein unaufgeräumter Tisch dagegen nichtig wirkte. Außerdem konnte sie später immer noch Ordnung machen, wenn sie es nicht aushielt.
    Deborah gesellte sich zu ihr.
    «Und? Ich schätze, du hattest einen ziemlich harten Tag, oder?», fragte sie.
    Liz nickte. Beim Essen hatten sie es vermieden, über die Serienmorde und ihre Zusammenarbeit mit der Polizei zu sprechen. Eigentlich hatte Deborah fast den gesamten Redeanteil bestritten, ihren Tagesablauf haarklein geschildert, von ihrem Einkauf, bei dem sie einen angeblich unwiderstehlich attraktiven Mann kennengelernt hatte, über einige lange und vor allem komplizierte Telefonate mit Klienten bis hin zu ihren Schwierigkeiten, sich in Liz’ Küche zurechtzufinden. Liz war ihr dankbar gewesen für den Wortschwall. Stille hätte sie nicht ertragen. «Der Tag war der Hammer, ja. Mein erster echter Tatort. Und was für einer …»
    «Ich dachte, du hättest dich bei deiner Doktorarbeit schon intensiv mit solchen Dingen beschäftigt.»
    Liz lachte auf. «Ja, in der Theorie. Am Schreibtisch sieht das ziemlich anders aus als in natura. Selbst wenn man einen Stapel detailfreudiger Farbfotos vor sich hat.»
    Deborah nickte. «Kann ich mir lebhaft vorstellen.»
    «Darüber möchte ich jetzt aber nicht reden», fuhr Liz fort. «Ich darf es auch gar nicht. Ermittlungsinterna sind absolut tabu.» Sie sah Deborah an. «Ich habe aber eine andere Horrorgeschichte für dich, wenn du sie denn hören möchtest.»
    «Horrorgeschichte?» Deborah riss die Augen auf.
    «Du wolltest doch wissen, womit Kriminalhauptkommissar Stadler mich so aus dem Konzept gebracht hat.»
    «Und das ist eine Horrorgeschichte? Ist er etwa über dich hergefallen?»
    «Um Himmels willen, nein! Er hat nur den Finger in eine Wunde gelegt, die nie ganz verheilt ist.»
    «Das hast du heute Morgen schon angedeutet. Und du hast mir versprochen, Nadine wie ein Waisenkind aussehen zu lassen. Ich gebe zu, dass ich vor Neugier platze …» Deborah nahm einen Schluck Wein und stellte das Glas auf dem Couchtisch ab. «Also, schieß los.»
    Liz zögerte. «Ich habe das noch nie jemandem erzählt, und ich glaube, ich tue es auch jetzt nur, weil ich stockbesoffen bin. Und weil Stadler, dieser Mistkerl, es auf eigene Faust herausgefunden hat, und ich nicht möchte, dass er etwas über mich weiß, von dem meine beste Freundin keine Ahnung hat.»
Meine einzige Freundin
, ergänzte sie in Gedanken.
Der einzige Mensch, den ich mit meinen Launen und meiner Verschlossenheit nicht sofort wieder vertrieben habe.
    «Was auch immer es ist», sagte Deborah plötzlich sehr ernst. «Du bleibst meine beste Freundin.»
    «Danke.» Liz lächelte und nippte an ihrem Wein. «Also, ich bin nicht die, für die du mich hältst: Mein wirklicher Name ist Elisabeth Vermeeren. Ich bin in Duisburg aufgewachsen, ganz im Süden, an der Stadtgrenze zu Düsseldorf, in einer unauffälligen, spießigen Doppelhaushälfte. Mein Vater war Anwalt, meine Mutter hat halbtags als Sekretärin in einer Grundschule gearbeitet. Und ich hatte einen vier Jahre älteren Bruder, Hendrik.»
    Deborahs Miene verriet Überraschung, Staunen und Verwirrung, doch sie sagte kein Wort.
    «Ich hatte eine ganz gewöhnliche, ziemlich glückliche Kindheit. Ich bin gern zur Schule gegangen, hatte ein eigenes Zimmer, vollgestopft mit Puppen und Teddybären, und bekam ein paar Jahre lang Klavierunterricht. Im Sommer sind meine Eltern, Hendrik und ich nach Spanien oder Italien in den Urlaub gefahren, über Weihnachten besuchten wir meine Großeltern im Schwarzwald, und oft fuhren wir auch Ostern oder im Herbst noch irgendwohin. Es ging uns gut. Ich hatte viele Freundinnen, die mich gern zu Hause besuchten, weil wir einen großen Garten hatten, wo wir uns in den Sträuchern Verstecke bauen durften. Viele der anderen Mädchen beneideten mich, nicht nur um den Garten, sondern vor allem um meinen großen Bruder, der mir Schwimmen beibrachte und mein Fahrrad reparierte, wenn ich einen Platten hatte.» Liz stockte. «Das alles endete in dem Sommer, als ich dreizehn wurde. Ein Mädchen aus meiner Schule wurde vergewaltigt und umgebracht. Sie war keine Freundin von mir, aber ich kannte sie. Ich

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