Schwesterlein, komm tanz mit mir
irgendwelche Anrufe für mich kommen und ich nicht da bin, dann bin ich in einer Konferenz. Und wenn es wirklich spät ist, dann habe ich hinterlassen, daß ich nicht gestört werden will.»
Die neue Telefonistin sah aus, als entstamme sie einem Plakat der moralischen Mehrheit. Er überlegte noch immer, wie er sie dazu bringen könnte, für ihn zu lügen. Er hatte sich allerdings keine allzu großen Sorgen gemacht.
Er hatte Susan abgewöhnt, ihn anzurufen, wenn er «Konferenzen» hatte.
Doch am Dienstag abend hatte sie es bestimmt versucht. Da war er ganz sicher. Sonst hätte sie dafür gesorgt, daß Donny ihn Mittwoch nachmittag im Büro anrief. Und diese dumme Telefonistin hatte ihr wahrscheinlich gesagt, es finde keine Konferenz statt und die Firmensuite stehe leer.
Doug sah sich in der Küche um. Sie war überraschend sauber. Als sie das Haus vor acht Jahren kauften, hatten sie es völlig renovieren lassen. Die Küche war der Traum jedes Kochs. Schrankinsel mit Ausguß und Hackklotz in der Mitte. Geräumige Arbeitsflächen. Modernste Geräte.
Oberlichter.
Susans alter Herr hatte ihnen das Geld für die Renovierung geliehen. Er hatte ihnen auch den größten Teil der Anzahlung geliehen.
Geliehen!
Nicht geschenkt.
Wenn Susan wirklich böse würde …
Doug warf den Rest seines Sandwichs in den Müllzerkleinerer und trug sein Bier ins Wohnzimmer.
Susan sah ihn hereinkommen. Mein gutaussehender Mann, dachte sie. Sie hatte absichtlich die Zeitung auf dem Küchentisch liegenlassen und gewußt, daß Doug sie sicher lesen würde. Jetzt schwitzt er Blut. Er denkt, daß ich wahrscheinlich im Hotel angerufen habe, damit Donny ihm die Neuigkeit mitteilt. Komisch, wenn man sich endlich der Realität stellt, kann man die Dinge erstaunlich klar sehen.
Doug setzte sich ihr gegenüber auf die Couch. Er hat Angst, weil er nicht weiß, wie er anfangen soll, dachte sie bei sich. Sie klemmte ihr Buch unter den Arm und stand auf. «Die Kinder kommen gegen halb elf zurück», sagte sie zu ihm. «Ich lese im Bett weiter.»
«Ich werde auf die Kinder warten, Schatz.»
Schatz! Er muß sich wirklich Sorgen machen.
Susan ging mit dem Buch zu Bett. Sie merkte, daß sie sich nicht auf die gedruckten Worte konzentrieren konnte, legte es weg und schaltete den Fernseher ein.
Doug kam genau in dem Augenblick ins Schlafzimmer, als die 10-Uhr-Nachrichten begannen. «Da draußen ist es so einsam.» Er setzte sich aufs Bett und griff nach ihrer Hand. «Wie geht’s meinem Mädchen?»
«Gute Frage», sagte Susan. «Wie geht’s ihr?»
Er versuchte, es scherzhaft zu übergehen. Er hob ihr Kinn und sagte: «Für mich sieht sie recht wohl aus.»
Beide wandten sich dem Fernseher zu, als der Nachrichtensprecher die Schlagzeilen verlas. «Erin Kelley, eine preisgekrönte junge Schmuckdesignerin, wurde erwürgt auf dem Pier in der 56. Straße aufgefunden. Mehr in wenigen Augenblicken.»
Ein Werbespot.
Susan sah Doug an. Er starrte auf den Bildschirm und war kreidebleich geworden. «Doug, was ist los?»
Er schien sie nicht gehört zu haben.
« … die Polizei sucht nach Petey Potters, einem Obdachlosen, von dem man weiß, daß er dort lebte, und der vielleicht beobachtet hat, wie die Leiche auf dem kalten, mit Unrat übersäten Pier abgelegt wurde.»
Als die Meldung beendet war, wandte sich Doug Susan zu.
Als habe er ihre Frage gerade erst gehört, sagte er barsch:
«Nichts ist los. Nichts.» Auf seiner Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet.
Um drei Uhr morgens erwachte Susan aus ihrem unruhigen Schlaf, weil Doug sich neben ihr herumwarf. Er murmelte etwas. Ein Name? « … nein, kann nicht …» Wieder der Name. Susan stützte sich auf einen Ellbogen und lauschte aufmerksam.
Erin. Das war es. Der Name der jungen Frau, die ermordet aufgefunden worden war.
Sie wollte Doug gerade wachrütteln, doch da hielt sie inne. Mit wachsendem Entsetzen wurde Susan sich darüber klar, warum die Meldung ihn so aufgeregt hatte.
Zweifellos brachte er sie mit dieser schrecklichen Zeit im College in Verbindung, als er einer der Studenten war, die man wegen des erwürgten Mädchens verhört hatte.
6
SAMSTAG, 23. FEBRUAR
A m Samstag morgen las Charley mit wachsender Faszination die
New York Post
. MORD DURCH NACHAHMUNGSTÄTER, lautete die überdimensionale Schlagzeile.
Hauptthema des Berichts auf den Innenseiten war die Ähnlichkeit von Erin Kelleys Tod mit der
Authentische Verbrechen
-Sendung über Nan Sheridan.
Jemand hatte einem
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