Schwesterlein, komm tanz mit mir
nach Bridgewater am Freitag abend war wie immer lästig wegen der verstopften Straßen. Erst als er auf Route 80 Paterson passiert hatte, ließ der Verkehr nach.
Dann wurde die Gegend mit jeder Meile ländlicher. Nash merkte, daß er sich zu entspannen begann. Als er das Tor von Scothays hinter sich hatte, fühlte er sich vollkommen wohl.
Sein Vater hatte den Besitz gekauft, als Michael elf war.
Vierhundert Morgen Gärten, Wälder und Felder.
Schwimmbad, Tennisplätze, Stall. Das Haus war die Kopie eines alten Herrenhauses in England. Steinmauern, rote Dachziegel, grüne Fensterläden, weißer Säulenvorbau.
Insgesamt zweiundzwanzig Zimmer. Die Hälfte davon hatte Michael seit Jahren nicht mehr betreten. Irma und John Hughes, das Hauswartsehepaar, unterhielten das Haus für ihn.
Irma wartete mit dem Abendessen. Sie servierte es im Arbeitszimmer. Michael setzte sich in seinen alten Lieblingsledersessel, um die Notizen zu studieren, die er morgen verwenden wollte, wenn er das nächste Kapitel seines Buches schrieb. Das Kapitel würde sich auf die psychologischen Probleme von Menschen konzentrieren, die bei der Beantwortung von Kontaktanzeigen fünfundzwanzig Jahre alte Fotos von sich beilegten. Er würde sich damit beschäftigen, welche Motive sie veranlaßten, diesen Trick zu versuchen, und welche Erklärungen sie abgaben, wenn sie den anderen dann persönlich kennenlernten. Einer Reihe von Mädchen, die er interviewt hatte, waren solche Dinge passiert. Einige waren empört gewesen. Andere hatten die Begegnung sehr komisch geschildert.
Um Viertel vor zehn schaltete Michael den Fernseher ein, um auf die Nachrichten zu warten, und ging dann an seine Notizen zurück. Der Name Erin Kelley ließ ihn verblüfft aufblicken. Er griff nach der Fernbedienung und drückte so hektisch auf den Lautstärkeregler, daß die Stimme des Sprechers plötzlich durch den Raum brüllte.
Als die Meldung beendet war, schaltete Michael den Apparat aus und starrte auf den dunklen Bildschirm.
«Erin», sagte er laut, «wer konnte Ihnen das antun?»
Doug Fox machte am Freitag abend in «Harry’s Bar» halt, um einen Drink zu nehmen, ehe er den Heimweg nach Scarsdale antrat. «Harry’s Bar» war die Stammkneipe der Wall-Street-Leute. Wie gewöhnlich standen sie in Viererreihen an der Bar, und keiner achtete auf die Nachrichten im Fernsehen. Doug sah die Meldung über die Leiche nicht, die man auf dem Pier gefunden hatte.
Wenn sie sicher war, daß er nach Hause kommen würde, fütterte Susan die Kinder gewöhnlich vorher und wartete dann, um mit ihm zusammen zu essen, doch als er um acht heimkam, saß Susan im Wohnzimmer und las. Sie hob kaum den Blick, als er den Raum betrat, und wandte den Kopf ab, als er sie auf die Stirn zu küssen versuchte.
Donny und Beth seien mit den Goodwyns ins Kino gegangen, erklärte sie. Trish und das Baby schliefen. Sie erbot sich nicht, ihm etwas zurechtzumachen. Ihre Augen kehrten zu ihrem Buch zurück.
Einen Augenblick lang blieb Doug unsicher neben ihr stehen. Dann drehte er sich um und ging in die Küche.
Ausgerechnet an dem Abend, an dem ich einmal Hunger habe, muß sie diese Schau abziehen, dachte er bitter. Sie ist einfach sauer, weil ich ein paar Nächte nicht nach Hause gekommen bin und es gestern so spät war. Er öffnete die Tür des Kühlschranks. Eines konnte Susan wirklich, nämlich kochen. Mit wachsendem Ärger dachte er, wenn er es schon schaffte, nach Hause zu kommen, könnte sie wenigstens etwas für ihn vorbereitet haben.
Er zerrte Päckchen mit Schinken und Käse heraus und ging zum Brotkasten. Die Wochenzeitung der Gemeinde lag auf dem Küchentisch. Doug machte sich ein Sandwich, goß sich ein Bier ein und überflog die Zeitung, während er aß. Die Sportseite fiel ihm ins Auge. Beim Turnier zur Mitte des Schuljahres hatte Scarsdale Dobbs Ferry unerwartet geschlagen. Den spielentscheidenden Korb hatte Donald Fox geworfen.
Donny! Warum hatte ihm das keiner gesagt?
Doug spürte, wie seine Handflächen feucht wurden. Hatte Susan Dienstag abend versucht, ihn anzurufen? Donny war enttäuscht und mürrisch gewesen, als Doug ihm gesagt hatte, er könne nicht zu dem Spiel kommen. Es würde Susan ähnlich sehen, ihm vorzuschlagen, Daddy die Nachricht am Telefon zu übermitteln.
Dienstag abend. Mittwoch abend.
Die neue Telefonistin im Hotel. Sie war nicht wie die jungen Dinger, die bereitwillig die hundert Dollar nahmen, die er ihnen von Zeit zu Zeit zusteckte. «Nicht vergessen, wenn
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