Schwesterlein, komm tanz mit mir
aufzubewahren …
Aber Charley schrie: «Ich will, daß diese beiden letzten gefunden werden. Ich will, daß sie genau so gefunden werden, wie ich Nan zurückließ.»
Charley hatte diese letzten beiden auf dieselbe Weise ausgesucht wie alle anderen nach Nan. Sie hießen Erin Kelley und Darcy Scott. Beide hatten auf zwei verschiedene Bekanntschaftsanzeigen geantwortet, die er aufgegeben hatte. Und noch wichtiger, sie hatten beide auch auf seine
besondere
Anzeige geantwortet.
Unter allen Antworten, die er bekommen hatte, waren
ihre
Briefe und Bilder Charley sofort ins Auge gesprungen. Die Briefe waren amüsant, sie klangen anziehend, fast, als höre er Nans Stimme mit ihrem selbstironischen Witz, ihrem trockenen, intelligenten Humor. Und dann waren da noch die Bilder. Beide waren einladend, auf verschiedene Weise …
Erin Kelley hatte einen Schnappschuß geschickt, auf dem sie auf der Kante eines Schreibtischs hockte. Sie saß ein bißchen vorgebeugt, als rede sie gerade; ihre Augen leuchteten, und der lange, schlanke Körper war sprungbereit, als warte sie auf eine Aufforderung zum Tanz.
Das Foto von Darcy Scott zeigte sie vor einer gepolsterten Fensterbank, die Hand auf dem Vorhang. Sie war halb der Kamera zugewandt. Eindeutig hatte man sie überrascht, als das Foto aufgenommen wurde. Sie trug Stoffmuster über dem Arm und einen konzentrierten, aber amüsierten Ausdruck im Gesicht. Sie hatte hohe Wangenknochen, war zierlich gebaut, und ihre langen Beine hatten schmale Fußgelenke; die schlanken Füße steckten in Gucci-Slippern.
Wieviel attraktiver würden sie in Tanzschuhen aussehen, dachte er sich.
Er stand auf und reckte sich. Die dunklen Schatten im Raum störten ihn nicht mehr. Charley war jetzt ganz da, und er war ihm willkommen. Keine nagende Stimme bat ihn mehr, sich zu wehren.
Als Charley bereitwillig wieder in der dunklen Höhle verschwand, aus der er aufgetaucht war, las er Erins Brief noch einmal und fuhr mit den Fingerspitzen über ihr Bild.
Er lachte laut auf, als er an die verlockende Anzeige dachte, die Erin zu ihm geführt hatte.
Sie begann so:
«Suche junge Frau, die gerne tanzt.»
2
DIENSTAG, 19. FEBRUAR
K älte. Schneematsch. Schmutz. Schrecklicher Verkehr.
Es spielte keine Rolle. Es war gut, wieder in New York zu sein.
Fröhlich warf Darcy ihren Mantel ab, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und betrachtete die säuberlich sortierte Post auf ihrem Schreibtisch. Bev Rothhouse, mager, voller Arbeitseifer, intelligent, Abendschülerin in Parsons Design-schule und ihre unentbehrliche Sekretärin, wies in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit auf die verschiedenen Stapel.
«Rechnungen», sagte sie und zeigte ganz nach rechts.
«Dann Bankauszüge mit Zahlungseingängen. Etliche.»
«Hoffentlich beträchtliche», meinte Darcy.
«Ganz ordentlich», bestätigte Bev. «Dort sind Nachrichten. Sie haben Angebote, zwei weitere Mietwohnungen auszustatten. Also wirklich, Sie wußten schon, was Sie taten, als Sie ein Secondhand-Geschäft aufmachten.»
Darcy’s Corner, Preiswerte Innenausstattung
stand auf dem Schild an der Bürotür. Das Büro befand sich im Flatiron Building in der 23. Straße.
«Wie war’s in Kalifornien?» fragte Bev.
Amüsiert nahm Darcy den ehrfürchtigen Unterton in der Stimme der anderen jungen Frau wahr. In Wirklichkeit meinte Bev: «Wie geht’s Ihrer Mutter und Ihrem Vater? Wie ist es, mit ihnen zusammen zu sein? Sind sie wirklich so großartig, wie sie in Filmen aussehen?»
Die Antwort, dachte Darcy, lautet: «Ja, sie sind großartig. Ja, sie sind wunderbar. Ja, ich liebe sie und bin stolz auf sie. Ich habe mich bloß in ihrer Welt nie zu Hause gefühlt.»
«Wann brechen sie nach Australien auf?» Bev versuchte, das beiläufig zu fragen.
«Sie sind schon unterwegs. Ich habe die Maschine nach New York noch erwischt, nachdem ich sie verabschiedet hatte.»
Darcy hatte einen Besuch zu Hause mit einer Geschäftsreise nach Lake Tahoe verbunden, wo man sie engagiert hatte, um im Skigebiet ein Musterhaus für preisbewußte Käufer einzurichten. Ihre Mutter und ihr Vater gingen mit ihrem Theaterstück auf eine internationale Tournee. Sie würde sie wenigstens sechs Monate lang nicht sehen.
Jetzt öffnete sie den Kaffeebecher, den sie an einem nahegelegenen Imbißstand gekauft hatte, und setzte sich an ihren Schreibtisch.
«Sie sehen fabelhaft aus», bemerkte Bev. «Das Ensemble ist toll.»
Das rote Wollkleid mit dem eckigen Ausschnitt und der passende Mantel
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