Schwesterlein, komm tanz mit mir
den Händen. Als sie ankamen, führte man sie in einen Raum neben der Eingangshalle. «Sie werden Sie abholen, wenn sie so weit sind», erklärte der Beamte, der sie gefahren hatte. «Wahrscheinlich machen sie Fotos.»
Fotos.
Mach dir keine Sorgen, Erin. Schick ein Bild von dir, wenn sie es verlangen. Wenn schon, denn schon.
Darcy sah starr vor sich hin, war sich des Zimmers und Nonas Arms um ihre Schulter kaum bewußt. Charles North. Erin hatte ihn Dienstag abend um sieben Uhr getroffen. Erst vor ein paar kurzen Tagen. Dienstag morgen hatten sie und Erin noch über diese Verabredung gescherzt.
Laut sagte Darcy: «Und ich sitze im Leichenschauhaus von New York City und warte darauf, eine tote Frau zu sehen, von der ich sicher bin, daß sie Erin ist.» Vage fühlte sie, wie Nonas Arm sich fester um sie legte.
Der Polizist kam zurück. «Ein FBI-Agent ist unterwegs.
Er möchte, daß Sie warten, bis er kommt, ehe Sie nach unten gehen.»
Vince ging zwischen Darcy und Nona. Seine Hände stützten energisch ihre Ellbogen. Vor dem Glasfenster, das sie von der reglosen Gestalt auf der Bahre trennte, blieben sie stehen. Auf Vinces Nicken hin zog der Beamte das Laken vom Gesicht des Opfers.
Aber Darcy wußte es schon. Eine Strähne des kastanienbraunen Haars hatte unter dem Laken hervorgeschaut.
Dann sah sie das vertraute Profil, die jetzt geschlossenen Augen, die Wimpern, die dunkle Schatten waren, und die immer lächelnden Lippen, jetzt still und unbewegt.
Erin. Ach, Erin. Liebe Erin, dachte sie und merkte, wie sie in gnädige Dunkelheit versank.
Vince und Nona fingen sie auf. «Nein. Nein. Schon gut.»
Sie kämpfte die Wellen der Benommenheit nieder und richtete sich auf. Sie stieß die stützenden Arme weg und starrte auf Erin, studierte entschlossen das kalkige Weiß ihrer Haut, die blauen Flecken an ihrem Hals. «Erin», sagte sie wild, «ich schwöre dir, ich werde Charles North finden. Ich gebe dir mein Wort, er wird für das bezahlen, was er dir angetan hat.»
Gequältes Schluchzen hallte in dem nüchternen Gang wider. Darcy merkte, daß es von ihr kam.
Der Freitag war für Jay Stratton ein überaus erfolgreicher Tag gewesen. Morgens war er im Büro von Bertolini vorbeigegangen. Gestern, als er das Collier gebracht hatte, war Aldo Marco, der Manager, noch immer wütend über die Verzögerung gewesen. Heute schlug Marco einen anderen Ton an. Sein Kunde war begeistert. Miss Kelley hatte genau das verwirklicht, was sie sich vorgestellt hatten, als sie sich entschlossen hatten, die Steine neu fassen zu lassen. Sie freuten sich darauf, weiter mit ihr zusammenzuarbeiten. Auf Jays Bitte hin wurde für ihn als Erin Kelleys Manager ein Scheck über zwanzigtausend Dollar ausgestellt.
Von dort war Stratton zum Polizeirevier gegangen, um Anzeige wegen der fehlenden Brillanten zu erstatten. Mit der Kopie der Anzeige in der Hand hatte er das Stadtbüro seiner Versicherung aufgesucht. Die betrübte Versicherungsangestellte sagte ihm, Lloyd’s in London habe diese Steine rückversichert. «Sie werden zweifellos eine Belohnung aussetzen», sagte sie nervös. «Lloyd’s regt sich schrecklich über die Juwelendiebstähle in New York auf.»
Um vier Uhr war Jay im «Stanhope» gewesen und hatte mit Enid Armstrong, einer Witwe, die eine seiner Bekanntschaftsanzeigen beantwortet hatte, einen Drink genommen. Aufmerksam hatte er zugehört, wie sie von ihrer überwältigenden Einsamkeit erzählte. «Es ist jetzt ein Jahr her», hatte sie mit feuchten Augen gesagt. «Wissen Sie, die Leute sind mitfühlend und führen einen gelegentlich aus, aber es ist eine Tatsache, daß das Leben sich paarweise abspielt, und eine überzählige Frau ist einfach lästig.
Letzten Monat habe ich allein eine Kreuzfahrt durch die Karibik gemacht. Es war absolut grauenhaft.»
Jay gab die passenden verständnisvollen Zischlaute von sich und griff nach ihrer Hand. Enid Armstrong war einigermaßen hübsch, Ende Fünfzig, gut gekleidet, aber ohne Stil. Er hatte den Typ oft genug getroffen. Jung geheiratet.
Hausfrau geblieben. Kinder großgezogen und dem Country Club beigetreten. Ein Ehemann, der erfolgreich wurde, aber selbst den Rasen mähte. Die Art, die dafür sorgt, daß seine Frau gut versorgt ist, wenn er den Löffel abgibt.
Jay betrachtete Enid Armstrongs Verlobungs- und Ehering. Alle Brillanten waren von erster Qualität. Der Solitär war ein Prachtexemplar. «Ihr Mann war sehr großzügig», bemerkte er.
«Den habe ich zum silbernen
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