Schwestern der Dunkelheit
bist verrückt!« Blaise wollte nach dem Amulett in Theas Händen greifen und dann, als Thea die Hände zurückriss, nach dem silbernen Kästchen.
»Lass es in Ruhe!« Thea packte das andere Ende des Kästchens. Sie rangen darum, und jede versuchte, es der anderen zu entreißen. Feuer versengte Theas Hände.
»Lass los!«, rief Blaise und wollte das Kästchen aus Theas Händen entwinden. »Ich warne dich ...«
Theas Finger waren feucht von Schweiß. Das Kästchen entglitt ihr.
Und in dem Moment geschah es.
Das Silberkästchen drehte sich in Blaises Händen, und ein Schwall von Amuletten ergoss sich über das Zimmer. Locken von grauem Haar, schwarzem Haar, rotem Haar flogen durch die Luft. Die meisten von ihnen fielen auf den Boden - aber eine landete direkt in dem Friedensfeuer.
Thea hörte ein Krachen, als das Siegel zerbrach.
Für eine Sekunde war sie erstarrt, dann stieß sie die Hand ins Feuer. Aber der Ton brannte bereits - nicht rot glühend, sondern weiß glühend. Sie konnte die Finger nicht darum schließen. Für eine Sekunde glaubte sie, in den blauen Flammen ein Symbol zu sehen, und dann explodierte das Feuer in einem Blitz. Er warf sie auf Blaises Bett und Blaise gegen die Wand.
Der Blitz bildete eine Säule, und etwas schoss heraus.
Thea spürte es mehr, als dass sie es sah. Eine geisterhafte Gestalt, die durch den Raum fegte wie ein arktischer Windstoß. Sie ließ Bücher und Kleidungsstücke durch die Luft fliegen. Als sie das Fenster erreichte, schien sie für einen Moment innezuhalten, als sammele sie sich, dann schoss sie hindurch, als wäre überhaupt keine Glasscheibe vorhanden.
Sie war fort.
»Große Mutter des Lebens«, wisperte Blaise von der Wand aus. Sie starrte mit riesigen, leuchtenden Augen zum Fenster - und sie hatte Angst. Blaise hatte Angst.
Das war der Moment, in dem Thea begriff, wie übel es stand.
»Was haben wir getan?«, flüsterte sie.
»Was haben wir getan? Was hast du getan, das ist hier die Frage«, blaffte Blaise, richtete sich auf und sah schon wieder mehr wie sie selbst aus. »Was war dieses Ding?«
Als wolle sie sich verteidigen, deutete Thea auf die am Boden verstreuten Amulette. »Was denkst du? Eine Hexe.«
»Aber wer?«
»Woher soll ich das wissen?« Thea brüllte beinahe, und ihre Furcht machte dem aufsteigenden Ärger Platz. »Dies ist diejenige, die ich zurückrufen wollte.« Sie hielt das kastanienbraune Haar und das zersprungene Amulett von Phoebe Garner in die Höhe. »Die andere da war einfach diejenige, die herausgefallen ist, als du das Kästchen gepackt hast.«
»Versuch nicht, es so hinzubiegen, als sei das meine Schuld. Du bist diejenige, die verbotene Zauber wirkt. Du bist diejenige, die Ahnen beschwört. Und was immer mit dieser da geschieht« - Blaise deutete aufs Fenster - »du bist diejenige, die dafür verantwortlich ist.«
Sie stand auf, schüttelte ihr Haar aus und richtete sich kerzengerade auf. »Und das hast du nun von dem Versuch, Geister auf mich loszulassen!« Sie drehte sich um und stolzierte zur Tür hinaus.
»Ich habe nicht versucht, Geister auf dich zu hetzen!«, rief Thea - aber die Tür war bereits zugeknallt.
Theas Ärger brach in sich zusammen. Benommen betrachtete sie das umgedreht daliegende silberne Kästchen, in dem sie vorübergehend das Papiertuch mit Eriks Blut aufbewahrt hatte.
Ich habe nur versucht, einen Beschützer für ihn zu finden. Jemanden, der ihm helfen würde, deine Zauber abzuwehren, der verstehen würde, dass er eine Person ist, obwohl er ein Mensch ist.
Sie schaute sich verloren im Raum um. Plötzlich fühlte sie sich noch viel älter als Gran, während sie sich aufrappelte und mechanisch begann, die Sauerei aufzuräumen.
Als sie die Asche aus der Schale kippte, stellte sie fest, dass einige Überreste auf dem Boden der Schale festklebten. Sie konnte sie nicht wegwaschen und sie konnte sie auch nicht mit einem Steakmesser lösen. Also verstaute sie die ganze Schale unter ihrem Bett.
Die ganze Zeit über während des Aufräumens überschlugen sich ihre Gedanken.
Wer ist entkommen? Es gab keine Möglichkeit, es herauszufinden. Ein Ausschlussverfahren würde nicht helfen, nicht bei all diesen unmarkierten Amuletten.
Was soll ich jetzt tun? Auch das wusste sie nicht.
Wenn ich es irgendjemandem erzähle - selbst Gran -, wird er wissen wollen, warum ich versucht habe, die Toten zu beschwören. Aber wenn der Betreffende die Wahrheit
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