Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
den Himmel schössen oder eine Hexe vor einer schicksalhaften Wegkreuzung stand, löste der Ruck in der Realität eine spürbare Druckwelle aus. Von diesen Verschiebungen wurde mir immer entsetzlich schwindelig. Zu Hause in der Anderwelt hatte ich sie kaum bemerkt, weil die Magie so tief in das Land selbst eingebettet war, aber in der Erdwelt trafen sie mich mit voller Wucht.
Feddrah-Dahns blähte die Nüstern, und eine kleine Dampfwolke schoss hervor.
»Möchtet Ihr warten, bis Eure Schwestern sich uns angeschlossen haben? Die Angelegenheit betrifft Schattenschwinge.«
Ich rieb mir die Schläfen. Das Zwicken hinter meinen Augen drohte sich zu heftigen Kopfschmerzen auszuwachsen. »Ich glaube, ich brauche eine Tasse Tee.«
Er schüttelte seine Mähne. »Wie Ihr wünscht, Mylady.«
»Delilah und Chase kommen gleich. Sie sind an irgendetwas im Computer hängengeblieben«, erklärte Iris, die gerade hereinkam. Sie warf mir einen wissenden Blick zu und sagte: »Ich habe schon das Wasser für eine Kanne Richya-Tee aufgesetzt. Ich dachte mir, dass du eine Tasse vertragen könntest.«
»Da hattest du recht.« Ich warf einen Blick auf die Uhr. Viertel nach sechs. Im offenen Durchgang in Richtung Küche erschien Menolly in ihrer wachsbleichen Schönheit. Sie war zierlich und bleich, kupferfarbene, dünne Zöpfchen fielen ihr über die Schultern, und ihre Haut war weißer, als die Haut einer Frau je sein sollte. Doch abgesehen davon sah man ihr kaum an, dass sie tot war - bis man ihr ins Gesicht schaute. Ihre Geschichte schimmerte aus dem leicht gequälten Blick, mit dem sie die Welt betrachtete. Menolly hatte viel zu viel Schmerz erlitten, um je wieder unschuldig zu wirken.
»Guten Abend«, sagte sie leise und betrachtete Feddrah-Dahns. »Wie ich sehe, haben wir Besuch.«
Delilah und Chase polterten die Treppe herunter. Verglichen mit Menolly war Delilah beinahe eine Riesin. Mit einem Meter zweiundachtzig überragte sie sowohl mich als auch unsere jüngste Schwester.
»Chase behauptet - du meine Güte, er hat recht.« Delilah blieb abrupt vor dem Einhorn stehen und sank auf die Fußbank hinab. »Du bist wunderschön.«
Feddrah-Dahns ließ den Schweif durch die Luft sausen. »Ich danke Euch, feline Dame. Nun, da ihr alle hier seid, könnten wir zur Sache kommen?« Der Hauch von Ungeduld in seiner Stimme deutete bei einem Einhorn so etwas wie einen Wutanfall an.
»Selbstverständlich.« Ich bedeutete Menolly, sich zu mir aufs Sofa zu setzen.
»Feddrah-Dahns ist der Kronprinz der Dahns-Einhörner. Ich bin ihm heute vor der Buchhandlung begegnet, als drei Schläger aus der Unterwelt versucht haben, ihn zu töten. Es hatte irgendetwas mit einem Pixie-Diebstahl zu tun.«
»Ah«, sagte Menolly nickend. »Pixies sind berüchtigte Diebe. Fast so schlimm wie Goblins.«
Feddrah-Dahns stieß einen Laut aus, der sich verdächtig nach einem herablassenden Schnauben anhörte. »Pixies sind mit Goblins in nichts zu vergleichen. Und nicht alle Pixies sind Schurken. Derjenige, um den es hier geht, arbeitet zufällig für mich - er ist mein Gehilfe. Er trug etwas von ungeheurem Wert bei sich, das ich ihm anvertraut hatte. Er kam durch eines der neu entdeckten Portale hierher, doch wir merkten zu spät, dass er verfolgt wurde.«
»Der Goblin und seine Kumpels?«, fragte ich. Dass die drei auf der Spur des Pixies hierhergekommen waren, erschien mir viel wahrscheinlicher als eine zufällige Begegnung.
Das Einhorn wieherte. »Ja. Sie haben gewartet, bis er hier drüben war, und es dann gestohlen. Sie haben versucht, Mistelzweig zu töten, doch er konnte entkommen. Über einen Flüsterzauber nahm er Verbindung zu mir auf, und ich kam sofort erdseits, um ihm zu helfen. Ich hätte ihm diese Aufgabe gar nicht erst übertragen sollen, aber wenn ich in die Zukunft schauen könnte, würden wir diese Unterhaltung jetzt nicht führen.«
»Mistelzweig? Ich nehme an, das ist der Pixie?«, fragte De-lilah und lehnte sich an Chases Schulter. Sie himmelte das Einhorn an und sah aus, als wäre sie ihm am liebsten um den Hals gefallen, um ihm einen dicken Schmatz auf die Nase zu geben. Delilah liebte alles, was auf vier Füßen lief. Na ja, fast alles.
»Ja. Er ist jetzt schon seit zweihundert Jahren bei mir und wirklich ein vorzüglicher Gehilfe. Mistelzweig konnte sich das Objekt zurückholen, kurz bevor ich durch das Portal kam. Ich war auf dem Weg zu unserem Treffpunkt in der Nähe Eures Geschäfts, als der Goblin und seine Begleiter wieder
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