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Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13

Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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erschütterte. Ich blickte mich um und fragte: »Fühlt das noch jemand außer mir?«
    »Was denn?«, fragte Iris.
    »Der Boden. Er bewegt sich. Alles wirbelt hoch, wenn ich einen Fuß aufsetze.«
    Ich betrachtete die Bäume. Die Rinde an ihren Stämmen wand sich, veränderte beständig ihr Muster. Die Büsche und Farne an ihren Wurzeln schüttelten sich wie von einer kräftigen Brise gebeutelt, aber ich spürte keinen Lufthauch an meiner Haut, der stark genug gewesen wäre, um die Blätter und Wedel zu bewegen.
    »Camille, geht es dir nicht gut?« Iris musterte mich besorgt. Sie winkte Morio herbei. »Fühl mal ihre Stirn.«
    Als er die Hand hob, schob ich sie beiseite. »Ich bin nicht krank, und ich bin auch nicht verrückt geworden. Zumindest glaube ich das nicht. Aber du, siehst du das nicht? Alle Pflanzen schwanken in dem Rhythmus, der unter meinen Füßen pulsiert. Wie heftiger Paukenschlag. Verdammt, ich komme mir vor wie bei einem Open Air Rave.«
    Die anderen sahen sich verwirrt um, dann schloss Morio die Augen und wurde still. Iris machte es genauso. Feddrah-Dahns wieherte nervös. Gleich darauf nickten sowohl der Hausgeist als auch der Yokai.
    »Allmählich spüre ich, wovon du sprichst«, sagte Iris. »Für mich ist es nicht so stark - das hier ist nicht das Land hoch im Norden, das in meinem Blut singt. Aber ich kann die Vibration des Waldes spüren.«
    Morio stieß langsam den Atem aus. »Ich habe deinen Puls gefunden und mich kurz mittragen lassen. Die Seele dieses Waldes fließt in jedem Busch und Baum, in jedem Fingerbreit Erde und jedem Windhauch, der durch die Blätter streicht. Du wirst nicht verrückt, Camille. Du spürst den Herzschlag des Tiefen Tanns. Du hast auf einer seelischen Ebene eine Verbindung zu ihm hergestellt.«
    Na hurra. Warum ich? Oder lautete die bessere Frage: Wie konnte ich das zu meinem Vorteil nutzen? Ich betrachtete die bunten Wirbel, die wie Farbkleckse um mich verteilt waren. Das Gefühl erinnerte mich an einen heftigen Rum-Rausch.
    »Ich kann in diesem Leuchten kaum richtig sehen - die Farben verlaufen alle miteinander wie bei einer waschechten Orgie. Ihr müsst mir helfen, den Weg ... na ja, unser Ziel zu finden.«
    Feddrah-Dahns trat vor. Sein Horn schimmerte golden, und er sah aus wie ein Airbrush-Gemälde auf einem Hochglanz-Fantasyposter. »Hebt sie hoch, sie kann den Rest des Weges auf mir reiten.«
    Ich starrte das Einhorn an. Auf seinem Rücken reiten?
    »Habt Ihr denn vergessen, wer Ihr seid?«, fragte ich. Die Vorstellung, mich auf den Rücken eines Kronprinzen zu setzen, erschien mir zu lächerlich, um auch nur darüber nachzudenken. Auch wenn er die Gestalt eines Pferdes hatte.
    »Aber gewiss. Ich weiß auch, wer Ihr seid und wohin wir wollen. Bitte verzeiht meine Direktheit, Lady Camille, aber hört auf, mich so anzustarren, und schwingt Euer wertes Gesäß auf meinen Rücken.« Er blinzelte vornehm, und ich brach in Lachen aus.
    »Selbst, wenn Ihr direkt seid, wahrt Ihr den Anstand. Na schön, wenn es Euch wirklich nichts ausmacht, dass jemand auf Euch reitet, nehme ich Euer Angebot dankbar an, aber ich brauche Hilfe beim Aufsteigen. Ich bin nicht so sportlich wie Delilah.«
    Trillian und Morio halfen mir, mich auf den Rücken des Einhorns zu schwingen. Er schauderte, als der Saum meines Umhangs über seine Kruppe glitt, und ich erkannte, dass es in ihm irgendeine Resonanz erzeugen musste. Der Umhang bestand aus Einhornfell, aus der Haut des Schwarzen Tiers obendrein. Ich packte mit den Händen seine Mähne und hoffte, dass ich mich nicht zu fest daran klammerte.
    Während wir weitergingen, lullte mich sein gleichmäßig wiegender Schritt ein, und ich befand mich in einem Technicolor-Wunderland. Alles war so lebendig, und das Gefühl seines seidigen Fells an meinen nackten Beinen wärmte mich durch und durch. Ich döste vor mich hin, bekam vom Ansturm der visuellen Eindrücke allmählich Kopfschmerzen und fragte mich hin und wieder, wie es sein würde, dem Schwarzen Einhorn gegenüberzutreten. Zumindest hatte Morio die Energie auch spüren können und wusste, dass der Grund für meinen seltsamen Zustand kein verdorbenes Stück Fleisch war oder etwas, das mir jemand in den Wein gekippt hatte. Ich hoffte inständig, dass diese absurde Karussellfahrt aufhören würde, ehe wir ankamen, denn sonst würde ich mit der Wilden Jagd schnurstracks ins Kaninchenloch fahren.
     
    Die Sonne war untergegangen, und wir hatten den Waldrand schon weit hinter uns gelassen,

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