Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
sie in meiner Heimat, und Menschen wie Feen machen einen großen Bogen um sie.« Iris erhob sich und lief auf und ab. »Jetzt kennt sie dich. Sie wird versuchen, alles über dich herauszufinden. Wenn du erst einen Handel mit den Alten Feen geschlossen hast, vergessen sie dich nie. Ständig schnüffeln sie dir hinterher, um vielleicht noch mehr von dir zu bekommen. Du hast dich so unentrinnbar an sie gebunden, wie du an den Lauf der Sonne gebunden bist. Ist dir klar, was das bedeutet?«
Ich starrte sie an. »Aber der Handel ist abgeschlossen, erfüllt und bezahlt …«
»Der Handel! Der Handel ist die Verbindung. Du hast nur die erste Rate bezahlt. Jetzt hat sie das Recht, wieder Kontakt zu dir aufzunehmen. Sie hat das Recht, dich um mehr Fleisch anzugehen – die Sorte, nach der sie giert, nicht das Fleisch, mit dem zu zahlen du bereit bist. Sie hat jetzt das Recht, dir einen Handel anzutragen. Verstehst du denn nicht? Es gibt kein einfaches Tauschgeschäft, wenn die Alten Feen im Spiel sind. Nur eine Art stillschweigende Versklavung.« Sie war wirklich außer sich, und allmählich wurde mir klar, dass ich womöglich bis über beide Ohren drinsteckte. »Um aller Götter willen … du hast hoffentlich nicht ein einziges Mal ›Danke‹ oder ›Entschuldigung‹ zu ihr gesagt?«
»Nein, darauf habe ich geachtet.«
»Dem Himmel sei Dank. Immerhin etwas. Aber, Mädchen, da hast du dich in etwas hineingeritten … Wir können nur hoffen, dass sie dich vergisst. Dass du ihr keiner weiteren Aufmerksamkeit wert warst.« Iris’ Morgenrock wirbelte um ihre Füße, als sie sich umdrehte, um sich wieder im Schaukelstuhl niederzulassen.
Ich wollte es ihr nicht sagen, aber da sie offenbar fand, dass ich einen schwerwiegenden Fehler gemacht hatte, war es wohl klüger. »Ehe sie gegangen ist, hat sie gesagt, ich könnte sie wieder anrufen.«
Iris seufzte tief. »Dann ist es schon zu spät. Sie wird dich nicht vergessen, und du wirst auch in Zukunft mit ihr zu tun haben. Bete darum, dass sie erst einmal für eine Weile abgelenkt ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Bringen sie euch denn da drüben in der Anderwelt gar nichts bei? Einige der Alten müssen doch bei der Spaltung hinübergewandert sein.«
Shamas räusperte sich. »Sei nicht zu streng mit Menolly, Iris. Wir haben Alte Feen drüben in der Anderwelt, aber für gewöhnlich lässt man sie dort völlig in Ruhe. Aus Stadtstaaten wie Y’Elestrial sind sie verbannt, und die meisten Stadtbewohner haben nichts mit ihnen zu schaffen.«
»Ich wollte heute Nacht noch runter in den Tunnel, solange die Geister weg sind.« Ich erzählte ihnen, was Ivana getan hatte. Iris starrte mich nur stumm und mit ernster Miene an. Ich wich ihrem Blick aus und sah stattdessen auf die Uhr. »Es ist fast fünf. Mir bleiben noch zweieinhalb Stunden, die ich sinnvoll nutzen könnte.«
»Nein.« Shamas verschränkte die Arme. »Es sei denn, du nimmst mich mit.«
»Ich kann dich auch begleiten«, sagte Vanzir.
In diesem Moment erregten Schritte meine Aufmerksamkeit, und als ich aufschaute, sah ich Nerissa hereinkommen. Sie trug einen langen hellrosa Morgenmantel, das goldene Haar hing ihr offen über die Schultern, und sie rieb sich verschlafen die Augen. Ungeschminkt und ohne strenges Kostüm sah sie verletzlich aus, weich und zart. Ihre Schönheit verschlug mir den Atem. Ich ging zu ihr, schlang die Arme um sie, presste die Lippen auf ihre und genoss den Duft nach Schlaf und Parfüm und den Geruch ihres Körpers. Nach einem langen Kuss trat ich einen Schritt zurück.
»Ich liebe dich. So einfach ist das. Ich liebe dich. «
Nerissa starrte mich an, und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Ihre Augen glitzerten. »Ich liebe dich auch. Also, was ist passiert? Ich habe von draußen nur ein paar Sätze aufgeschnappt.«
»Wie du einen romantischen Augenblick verdirbst, einfach wunderbar.« Ich seufzte. »Ich wollte helfen, und dabei habe ich anscheinend ziemlichen Mist gebaut.« Ich erklärte ihr, was ich getan hatte. »Hast du schon mal von den Alten Feen gehört?« Ich war nicht sicher, ob Erdwelt-Werwesen sich mit den verschiedenen Feenarten auskannten.
Nerissa runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht – nach so etwas hätte ich Venus Mondkind gefragt, aber er hat nur selten von solchen Sachen gesprochen. Nicht, ehe ihr von drüben die Portale geöffnet habt und herübergekommen seid. Wir wussten, dass es Feen gibt, aber die haben sich ebenso bedeckt gehalten wie wir. Es war schwierig,
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