Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
konnte.
Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Du hast eine flinke Zunge, totes Mädchen.« Ihre Oberlippe bebte, und ich konnte das Begehren in ihren Augen sehen, die lüsterne Neugier darauf, was sie mir vielleicht würde abschwatzen können. Doch dann huschte ihr Blick hinab zu der Tüte voll Rindfleisch, die sie jetzt trug. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich bin nicht beleidigt. Diesmal. Zweite Aufgabe: Bring mich hin.«
Ich verzog das Gesicht beim Gedanken an das Chaos, das sie in den Tunneln anrichten konnte, in denen sich unser Serienmörder-Vampir möglicherweise versteckte. Aber mir blieb nichts anderes übrig. Ich musste die Abmachung erfüllen, wenn ich mich nicht noch tiefer hineinreiten wollte.
»Wir treffen uns ein paar Querstraßen weiter.« Ich nannte ihr die nächste Adresse und ging zu meinem Jaguar. Unter gar keinen Umständen würde ich die Alte Fee in meinem Wagen mitnehmen.
Ivana warf nur einen kurzen Blick auf die zweite Tüte voll Rindfleisch und stieg dann in den Tunnel hinab, während ich oben wartete. Ich hatte ihr den Weg genau beschrieben, aber ich wollte verdammt sein, wenn ich ihr da hinunter folgte. Ich hatte gewiss nicht vor, mit einer der Alten Feen in eine unterirdische Falle zu laufen. Also verschwanden sie, ihr silberner Stab und ihr Gespenster-Gefolge im Kaninchenloch, während ich in meinem Wagen wartete, heilfroh, dass sie mir nicht befohlen hatte, sie zu begleiten.
Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Vorteile fand ich daran, eine Alte Fee in meinem Adressbuch zu haben. Sicherheit gehörte allerdings nicht dazu.
Ich rutschte auf meinem Sitz herum und wünschte, ich hätte ein Buch mitgebracht, als ich eine Bewegung auf der anderen Straßenseite wahrnahm. Sie war schnell, so schnell, dass das kein Mensch sein konnte. Mein Serienmörder? Ich sprang aus dem Jaguar und warf einen Blick zu dem offenen Kanalschacht hinüber. Ivana würde eine Weile brauchen, sich durch die Tunnel zu arbeiten. Ich hatte sicher noch genug Zeit.
Ohne weiter darüber nachzudenken, rannte ich über die Straße und nahm die Verfolgung auf, hinein in den Park.
Kapitel 16
Meine Füße flogen nur so über den verschneiten Fußweg, und tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Normalerweise waren meine Schwestern bei mir, wenn ich gegen einen gefährlichen Gegner in den Kampf zog. Normalerweise packten wir so etwas gemeinsam an. Aber im Moment konnte ich nur hoffen, dass Ivana in den unterirdischen Gängen sehr viel länger brauchen würde als in dem Imbisslokal. Wenn sie allerdings auch hier alles über sich zum Einsturz brachte, würde sie das wohl nicht überleben, und ich brauchte mir nie wieder Gedanken um sie zu machen.
Meine Beute schlug sich vom Gehweg seitlich ins Gebüsch. Ich konnte ihn nicht hören, aber der flüchtende Schemen mit seinen übermenschlich flinken Bewegungen sah für mich sehr nach Vampir aus. Ich pflügte mich durch eine Hecke und bremste mich. Ein unglücklich hervorstehender kahler Ast konnte wie ein Pflock wirken. Meinem Fortbestehen nicht zuträglich. Ich kämpfte mich aus dem Gebüsch heraus und stolperte auf eine kreisrunde Lichtung. Runde Bänke umschlossen den Springbrunnen in der Mitte, der über den Winter abgestellt war. Dahinter stand eine weitere Gestalt, aber nicht die, der ich hierher gefolgt war. Nein, ich starrte in Wades Gesicht.
»Wade? Was zum Teufel machst du hier?«
»Ich halte Ausschau nach deinem Perversen«, erklärte er, als wir uns an dem Brunnen trafen. »Ich habe jemanden aus der Hecke kommen sehen, aber dann … Ich weiß nicht, was passiert ist, er ist einfach verschwunden. Manche Vampire können sich unsichtbar machen, aber die Gabe ist sehr selten.«
»Allerdings, und normalerweise dauert es sehr lange, diese Fähigkeit zu beherrschen. Wenn das unser Verdächtiger war, müsste er wesentlich älter sein, als wir angenommen haben.« Ich ließ mich auf den verschneiten Rand des Brunnens sinken. Wade setzte sich zu mir.
»Ich war gestern Nacht in der Bar und habe mit Erin gesprochen«, bemerkte er.
Ich warf ihm einen Blick und ein müdes Lächeln zu. Ich war nicht körperlich erschöpft, aber der Stress der letzten Nächte holte mich allmählich ein. »Und?«
»Sie wird in Sassys Villa einziehen, sobald wir sie umgebaut haben. Bis dahin habe ich sie gebeten, uns zu helfen, das Anwesen zu dem geschützten Raum zu machen, den wir brauchen. Mit ihrer Erfahrung als Geschäftsfrau in ihrem
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