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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Asphalt. Sofort versuchte sie sich
aufzurappeln, doch ihr linker Arm knickte unter ihr weg. Was ist denn mit meinem Arm los, dachte sie, wieso kann ich meinen Arm nicht bewegen? Stöhnend drehte sie sich auf den Rücken und blickte in das grelle Licht der Straßenlampe direkt über ihr.
    Ein Gesicht schob sich zwischen sie und die Lampe – das Gesicht von Carmen Ballard.
    »Ich habe dich schon mal getötet«, sagte Carmen. »Und jetzt muss ich es noch einmal tun.«
    »Bitte. Rick und ich – wir waren nie …«
    »Du hattest kein Recht, ihn mir wegzunehmen.« Carmen hob ihre Waffe. Der Lauf war ein schwarzes Auge, das Maura anstarrte. »Du dreckige Hure.« Ihre Hand spannte sich an, bereit, den tödlichen Schuss abzufeuern.
    Plötzlich eine andere Stimme – die Stimme eines Mannes: »Waffe fallen lassen!«
    Carmen blinzelte verdutzt. Blickte zur Seite.
    Ein paar Meter von ihnen entfernt stand ein Wachmann des Krankenhauses, die Waffe auf Carmen gerichtet. »Haben Sie nicht gehört, Lady?«, blaffte er. »Lassen Sie sie fallen!«
    Carmens Hand schwankte. Sie sah Maura an, dann den Wachmann; ihre Wut, ihre Gier nach Rache lagen im Widerstreit mit dem Wissen um die Folgen.
    »Wir hatten nie etwas miteinander«, sagte Maura. Ihre Stimme war so schwach, dass sie sich fragte, ob Carmen sie bei dem fortgesetzten Getöse der Hupe überhaupt hören konnte. »Und er und Anna auch nicht.«
    »Lügnerin!« Carmens Kopf schnellte wieder zu Maura herum. »Du bist genau wie sie. Er hat mich wegen ihr verlassen. Er hat mich sitzen lassen.«
    »Das war nicht Annas Schuld …«
    »O doch! Und diesmal ist es deine.«
    Sie nahm den Blick nicht von Maura, auch nicht, als im Hintergrund Reifen quietschten. Und eine andere Stimme schrie: »Officer Ballard! Lassen Sie die Waffe fallen.«
    Rizzoli.

    Carmens Augen zuckten zur Seite, ein letzter berechnender Blick, ein Abwägen ihrer Möglichkeiten. Zwei Waffen waren jetzt auf sie gerichtet. Sie hatte verloren; ganz gleich, wie sie sich entschied, ihr Leben war verwirkt. Als Carmen auf sie herabstarrte, konnte Maura die Entscheidung, die sie getroffen hatte, an ihren Augen ablesen. Maura sah ohnmächtig zu, wie Carmen die Arme durchdrückte, um besser zielen zu können. Sie sah, wie Carmens Hände den Griff fester packten, wie ihr Finger sich um den Abzug krümmte, bereit zum entscheidenden, zum tödlichen Schuss.
    Der Schuss krachte. Er erschütterte Maura; Carmen warf er zur Seite. Sie taumelte, fiel.
    Maura hörte hektisches Getrappel, ein Crescendo von Sirenen. Und eine vertraute Stimme, die murmelte: »O mein Gott, Doc!«
    Sie sah Rizzolis Gesicht über sich. Auf der Straße flackerten grelle Lichter. Schemenhafte Gestalten kamen von allen Seiten auf sie zu. Geister, die sie in ihrer Welt willkommen hießen.

32
    Jetzt erlebte sie es einmal von der anderen Seite. Als Patientin, nicht als Ärztin. Sie sah die Deckenlampen über sich vorüberhuschen, als die Schwester sie den Flur entlangschob und sich mit bauschiger Haube und besorgter Miene über sie beugte. Die Räder quietschten, und die Schwester keuchte ein wenig, als sie das Bett durch die Doppeltür in den OP schob. Andere Lampen strahlten hier auf sie herab, greller, blendend. Wie die Lampen im Autopsiesaal.
    Maura schloss die Augen, um sich vor der schmerzenden Helligkeit zu schützen. Während die OP-Schwestern sie auf den Tisch hoben, musste sie an Anna denken, wie sie nackt unter ebensolchen Lampen gelegen hatte, ihr Leib aufgeschlitzt, den Blicken von Fremden ausgesetzt. Sie hatte das Gefühl, dass Annas Geist über ihr schwebte und auf sie herabschaute, so wie Maura zuvor auf sie. Meine Schwester , dachte sie, während das Pentobarbital in ihre Venen floss, während es um sie herum langsam dunkel wurde. Wartest du schon auf mich?
     
    Als sie aufwachte, war es jedoch nicht Anna, die sie erblickte, sondern Jane Rizzoli. Das Tageslicht fiel durch die Schlitze der halb geschlossenen Jalousie und malte helle horizontale Streifen auf Rizzolis Gesicht, als sie sich über Maura beugte.
    »Hallo, Doc.«
    »Hallo«, flüsterte Maura schwach.
    »Wie geht’s denn so?«
    »Nicht so toll. Mein Arm …« Maura verzog das Gesicht.
    »Dann wird’s höchste Zeit, dass Sie noch mal was gegen die Schmerzen kriegen.« Rizzoli griff über das Bett und drückte auf den Klingelknopf.

    »Danke. Danke für alles.«
    Sie brachen ab, als die Schwester hereinkam, um eine Dosis Morphium in den Tropf zu injizieren. Das Schweigen hielt an, nachdem

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