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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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die Schwester wieder gegangen war und die Droge ihre magische Wirkung zu entfalten begann.
    Dann sagte Maura leise: »Rick …«
    »Es tut mir Leid. Sie wissen doch, dass er …«
    Ich weiß. Sie kämpfte gegen die Tränen an. »Wir hatten nie eine Chance.«
    »Sie wollte mit allen Mitteln verhindern, dass Sie beide eine Chance bekamen. Diese Schrammen an Ihrer Autotür – dabei ging es ihr nur um ihn. Sie sollten die Finger von ihrem Mann lassen. Die zerschnittenen Fliegengitter, der tote Vogel im Briefkasten – all die Drohungen, die Anna Cassell angelastet hat. Ich glaube, dass Carmen dahinter steckte. Sie hat versucht, Anna mit dieser Terrorkampagne aus der Stadt zu jagen. Um sie dazu zu bringen, ihren Mann in Ruhe zu lassen.«
    »Aber dann ist Anna nach Boston zurückgekommen.« Rizzoli nickte. »Sie kehrte zurück, weil sie erfahren hatte, dass sie eine Schwester hatte.«
    Mich.
    »Carmen kommt also dahinter, dass die Geliebte ihres Mannes wieder in der Stadt ist«, sagte Rizzoli. »Anna hatte eine Nachricht auf Ricks Anrufbeantworter hinterlassen, erinnern Sie sich? Die Tochter hörte die Nachricht und erzählte ihrer Mutter davon. Damit hatten sich Carmens Hoffnungen auf eine Versöhnung endgültig zerschlagen. Die andere Frau machte sich wieder in ihrem Revier breit. Drang in ihre Familie ein.«
    Maura erinnerte sich an Carmens Worte: Du hattest kein Recht, ihn mir wegzunehmen.
    »Charles Cassell hat etwas zu mir gesagt, über die Liebe«, fuhr Rizzoli fort. »Er sagte, es gibt eine Art von Liebe, die niemals loslässt, ganz gleich, was passiert. Klingt beinahe romantisch, nicht wahr? Bis dass der Tod uns scheidet. Und
dann erinnert man sich daran, wie viele Menschen sterben müssen, weil ein Partner sich weigert loszulassen und einfach nicht aufgeben will.«
    Inzwischen hatte sich das Morphium durch ihren Blutkreislauf ausgebreitet. Maura schloss die Augen, ließ sich in die sanfte Umarmung der Droge sinken. »Woher wussten Sie es?«, murmelte sie. »Wie sind Sie auf Carmen gekommen?«
    »Das Black-Talon-Geschoss. Das war die Spur, der ich von Anfang an hätte nachgehen müssen – die Munition. Aber die Lanks haben mich auf eine falsche Fährte gebracht. Die Bestie.«
    »Mich auch«, flüsterte Maura. Sie spürte, wie das Morphium sie in die Tiefen des Schlafs hinabzog. »Ich glaube, ich bin jetzt bereit, Jane. Für die Antwort.«
    »Die Antwort worauf?«
    »Amalthea. Ich muss es wissen.«
    »Ob sie Ihre Mutter ist?«
    »Ja.«
    »Selbst wenn sie es ist – das hat nichts zu bedeuten. Es ist reine Biologie. Was hätten Sie denn davon, wenn Sie es wüssten?«
    »Die Wahrheit.« Maura seufzte. »Wenigstens wüsste ich dann die Wahrheit.«
     
    Die Wahrheit, dachte Rizzoli, als sie zu ihrem Wagen ging, ist selten das, was die Leute hören wollen. Wäre es nicht besser, an dem vagen Hoffnungsschimmer festzuhalten, dass man doch nicht die Brut von Monstern ist? Aber Maura hatte nach Fakten verlangt, und Rizzoli wusste, dass sie brutal sein würden. Die Suchtrupps hatten in dem Waldstück bereits zwei weibliche Skelette gefunden, nicht weit von der Grube, in der Mattie Purvis gefangen gehalten worden war. Wie viele schwangere Frauen hatten noch in dieser Kiste Todesängste ausgestanden? Wie viele waren in der Dunkelheit erwacht und hatten schreiend an diesen undurchdringlichen
Wänden gekratzt? Wie viele hatten schließlich, genau wie Mattie, begriffen, dass ihnen ein schreckliches Ende bevorstand, sobald sie ihre Schuldigkeit getan hatten, sobald sie ihre Funktion als lebende Brutkästen erfüllt hatten?
    Hätte ich diesen Horror überleben können? Die Antwort werde ich nie erfahren. Nicht, solange ich es nicht selbst bin, die in dieser Kiste liegt.
    Als sie in der Tiefgarage zu ihrem Auto kam, ertappte sie sich dabei, wie sie alle vier Reifen inspizierte und sich vergewisserte, dass sie intakt waren, wie sie sich die in der Nähe geparkten Autos ganz genau ansah, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtete. Das ist unsere Berufskrankheit, dachte sie; irgendwann fühlt man sich schon von Bösewichtern umzingelt, selbst wenn gar keine da sind.
    Sie stieg in ihren Subaru und drehte den Zündschlüssel um. Dann saß sie eine Weile nur da, während der Motor im Leerlauf tuckerte und die Luft aus dem Gebläse allmählich kühler wurde. Sie griff in ihre Handtasche und nahm das Handy heraus. Ich muss jetzt Gabriels Stimme hören, dachte sie. Ich muss wissen, dass ich nicht Mattie Purvis bin; dass mein Mann mich

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