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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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wirklich liebt. So wie ich ihn liebe.
    Schon beim ersten Läuten meldete er sich. »Agent Dean.«
    »Hallo«, sagte sie.
    Gabriel lachte verblüfft auf. »Ich wollte dich gerade anrufen.«
    »Du fehlst mir.«
    »Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest. Ich bin gerade auf dem Weg zum Flughafen.«
    »Zum Flughafen? Heißt das …«
    »Ich nehme die nächste Maschine nach Boston. Also, wie wär’s – Lust auf ein Date mit deinem Ehemann heute Abend? Kannst du dir den Termin vormerken?«
    »In roter Tinte und doppelt unterstrichen. Hauptsache, du kommst nach Hause. Bitte, komm nach Hause.«

    Eine Pause. Dann fragte er leise: »Ist alles in Ordnung, Jane?«
    Unerwartete Tränen brannten in ihren Augen. »Ach, das sind bloß die verflixten Hormone.« Sie fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und lachte. »Ich glaube, ich brauche dich ganz dringend.«
    »Lauf nicht weg. Ich bin schon auf dem Weg.«
     
    Ein Lächeln lag auf Rizzolis Lippen, als sie nach Natick fuhr, zu einem anderen Krankenhaus, einer anderen Patientin. Der anderen Überlebenden in diesem blutigen Drama. Das sind zwei ganz außergewöhnliche Frauen, dachte sie, und ich habe das Glück, sie beide zu kennen.
    Nach den Übertragungswagen des Fernsehens auf dem Krankenhausparkplatz und den Scharen von Reportern zu urteilen, die sich um den Eingang herumdrängten, waren auch die Medien schon zu dem Schluss gekommen, dass Mattie Purvis eine Frau war, die man unbedingt kennen lernen sollte. Rizzoli musste einen wahren Spießrutenlauf hinlegen, ehe sie sich in die Eingangshalle durchgekämpft hatte. Die Story von der Frau in der Kiste hatte landesweit für Furore gesorgt. Rizzoli musste nacheinander zwei verschiedenen Sicherheitsbeamten ihre Marke vorzeigen, ehe sie an Matties Zimmertür klopfen durfte. Als sie keine Antwort hörte, ging sie einfach hinein.
    Der Fernseher lief, jedoch ohne Ton. Die Bilder flackerten unbeachtet über die Mattscheibe. Mattie lag mit geschlossenen Augen im Bett; nichts an ihr erinnerte an die frisch gestylte und herausgeputzte junge Braut auf dem Hochzeitsfoto. Ihre Lippen waren blau angelaufen und geschwollen, ihr Gesicht war mit Kratzern und Schnittwunden übersät. Die Hand, an der mit Klebeband ein Infusionsschlauch befestigt war, war mit Schorf überzogen, die Nägel eingerissen. Sie sah aus wie die Klaue eines wilden Tiers. Aber Matties Gesichtsausdruck war ruhig und heiter; keine Albträume störten ihren Schlaf.

    »Mrs. Purvis?«, sagte Rizzoli leise.
    Mattie schlug die Augen auf und blinzelte ein paarmal, bevor sie ihre Besucherin richtig ins Auge fasste. »Oh, Detective Rizzoli, Sie sind wieder da.«
    »Ich dachte, ich schaue mal vorbei. Wie geht’s Ihnen denn heute?«
    Mattie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Schon viel besser. Wie viel Uhr ist es?«
    »Kurz vor zwölf.«
    »Ich habe den ganzen Vormittag durchgeschlafen?«
    »Das haben Sie aber auch verdient. Nein, bleiben Sie doch liegen, nur kein Stress.«
    »Aber ich habe es satt, immer nur flach auf dem Rücken zu liegen.« Mattie schlug die Decke zurück und setzte sich auf. Das ungekämmte Haar fiel ihr in matten Strähnen in die Stirn.
    »Ich habe Ihr Baby gesehen, durch das Fenster in der Säuglingsstation. Sie ist wunderschön.«
    »Nicht wahr?« Mattie lächelte. »Ich werde sie Rose nennen. Den Namen habe ich immer schon gemocht.«
    Rose. Ein Schauder durchfuhr Rizzoli. Es war doch nur ein Zufall, ein unerklärliches Zusammentreffen, wie es in dieser Welt immer wieder vorkam. Alice Rose. Rose Purvis . Ein Mädchen, das längst tot und begraben war; ein anderes, dessen Leben gerade erst anfing. Noch etwas, was diese beiden Mädchen über die Jahrzehnte hinweg verband, so oberflächlich die Gemeinsamkeit auch sein mochte.
    »Haben Sie noch mehr Fragen an mich?«, fragte Mattie.
    »Nun ja, wissen Sie …« Rizzoli rückte einen Stuhl ans Bett und setzte sich. »Ich habe Sie gestern so viele Sachen gefragt, Mattie. Aber ich habe Sie nicht gefragt, wie Sie es gemacht haben. Wie Sie das geschafft haben.«
    »Was geschafft?«
    »Nicht den Verstand zu verlieren. Nicht aufzugeben.«
    Das Lächeln auf Matties Lippen verflog. Der Ausdruck ihrer weit aufgerissenen Augen war gehetzt, als sie Rizzoli
anblickte und murmelte: »Ich weiß nicht, wie ich es gemacht habe. Ich hätte nie geglaubt, dass ich in der Lage wäre …« Sie brach ab. »Ich wollte leben, das ist alles. Ich wollte, dass mein Baby lebt.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    Dann sagte Rizzoli: »Ich

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