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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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und gehen, dachte sie. Und diese geplagten Eltern ihrem Schicksal überlassen.
    Sie trat auf den Flur hinaus und blieb stehen, als sie sich der offenen Wohnzimmertür näherte. Katies Mutter blickte erschrocken auf, als sie die unerwartete Besucherin erblickte. Wenn die Mutter einen Schluss darauf zuließ, wie Katie eines Tages aussehen würde, dann würde aus diesem mürrischen Teenager einmal eine stattliche Blondine werden. Die Frau war fast so groß wie Ballard und hatte den schlanken, feingliedrigen Körperbau einer Athletin. Die Haare hatte sie locker zu einem Pferdeschwanz gebunden, und sie trug kein
bisschen Make-up; allerdings hatte eine Frau mit so umwerfenden Wangenknochen auch keine künstliche Verschönerung nötig.
    »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte Maura.
    Ballard drehte sich zu ihr um und lachte müde auf. »Ich fürchte, Sie bekommen nicht gerade den besten Eindruck von uns. Das ist Katies Mutter, Carmen. Carmen, das ist Dr. Maura Isles.«
    »Ich werde jetzt gehen«, sagte Maura.
    »Aber wir haben doch noch kaum reden können.«
    »Ich rufe Sie irgendwann später an. Mir ist klar, dass Sie jetzt andere Probleme haben.«
    »Ich begleite Sie noch zur Tür«, sagte Ballard.
    Sie gingen zusammen hinaus, und er seufzte auf, anscheinend erleichtert, seiner anstrengenden Familie für einen Moment entkommen zu sein.
    »Tut mir Leid, dass ich in diese Situation hineingeplatzt bin«, sagte sie.
    »Mir tut’s Leid, dass Sie sich das anhören mussten.«
    »Ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir uns ständig beieinander entschuldigen?«
    »Sie müssen sich für gar nichts entschuldigen, Maura.«
    Sie waren an ihrem Wagen angelangt und blieben eine Weile schweigend stehen.
    »Ich bin nicht dazu gekommen, Ihnen allzu viel über Ihre Schwester zu erzählen«, sagte er.
    »Vielleicht bei unserem nächsten Treffen?«
    Er nickte. »Das nächste Mal.«
    Sie stieg ein und schlug die Tür zu. Dann drehte sie die Scheibe herunter, als sie sah, dass er sich zu ihr herabbeugte, um ihr etwas zu sagen.
    »Eines sollen Sie aber noch über sie wissen«, sagte er.
    »Ja?«
    »Sie gleichen Anna so sehr, dass mir schier die Luft wegbleibt.«

    Sie musste immerzu an diese Worte denken, als sie wieder in ihrem Wohnzimmer saß und das Foto der jungen Anna Leoni und ihrer Eltern betrachtete. All die Jahre, dachte sie, hast du in meinem Leben gefehlt, und ich hab nie etwas davon gewusst. Und doch muss ich etwas geahnt haben; irgendwie muss ich die Abwesenheit meiner Schwester gefühlt haben.
    Sie gleichen Anna so sehr, dass mir schier die Luft wegbleibt.
    Ja, dachte sie und berührte Annas Gesicht auf dem Foto. Sie und Anna hatten die gleiche DNA gehabt; was hatte sie sonst noch verbunden? Anna hatte eine wissenschaftliche Laufbahn eingeschlagen, hatte einen Beruf gewählt, in dem Vernunft und Logik den Ton angaben. Auch sie musste in Mathematik sehr gut gewesen sein. Hatte sie auch wie Maura Klavier gespielt? Hatte sie Bücher geliebt, australische Weine und Geschichtssendungen im Fernsehen?
    Ich will noch so viel mehr über dich wissen.
    Es war schon spät; sie schaltete das Licht aus und ging in ihr Schlafzimmer, um zu packen.

8
    Stockfinstere Nacht. Dröhnende Kopfschmerzen. Der Geruch von Holz und feuchter Erde und … von etwas anderem, das keinen Sinn ergab. Schokolade. Sie roch Schokolade.
    Mattie Purvis riss die Augen weit auf, doch sie hätte sie ebenso gut geschlossen lassen können, denn sie konnte nichts sehen. Nicht den kleinsten Lichtschimmer, nicht die leiseste Andeutung von Konturen in der Dunkelheit. O Gott, bin ich etwa blind?
    Wo bin ich?
    Sie war nicht in ihrem Bett. Sie lag auf etwas Hartem, das ihr im Rücken wehtat. Der Boden? Nein, das war kein glattes Parkett unter ihr, es waren ungehobelte Bretter, bedeckt mit grobkörnigem Sand.
    Wenn doch bloß das Hämmern in ihrem Kopf aufhören würde!
    Sie schloss die Augen und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an. Versuchte, die Schmerzen zu ignorieren und sich zu erinnern, wie sie an diesen fremden, dunklen Ort gelangt sein konnte, wo ihr nichts vertraut vorkam. Dwayne, dachte sie. Wir haben gestritten, und dann bin ich nach Hause gefahren. Angestrengt versuchte sie, die verlorenen Minuten zu rekonstruieren. Sie erinnerte sich an den Stapel Post auf dem Küchentisch. Sie erinnerte sich, wie sie geweint hatte, wie ihre Tränen auf die Kuverts getropft waren. Sie erinnerte sich, wie sie aufgesprungen war und wie der Stuhl umgekippt war.
    Ich habe ein

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