Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
Vom Netzwerk:
verantwortungsvolle Miene, die er immer aufsetzte, wenn Granny mit einem Problem anrief und er sich alles anhören musste. Und wenn ihr Vater nervös wurde, dann wurde ihre Mutter gewöhnlich auch nervös, und Mariella wollte auf gar keinen Fall, dass jetzt irgendjemand nervös wurde, wo gerade alles so lustig war, und vor allem hier in dieser Küche, wo es normalerweise eher eintönig zuging. Luke hob den Blick von den Kastanien, die er gerade aus einer Schale in die Schaufel von Kits Bagger lud, und sagte: »Ich geh und hole ihn.«
    »Aber …«, begann Edward.
    Luke stand auf.
    »Ist das Einfachste. Ich rufe ihn an und sage, dass ich ihn auf ein Bier von der Arbeit abhole. Wenn er schon irgendwo eins trinkt, gehe ich hin und lese ihn dort auf.«
    »Sag ihm nicht, warum«, meinte Charlotte vom Fußboden. Sie hatte Barney auf den Knien. Er aß Fruchtgummis aus ihrer Hand.
    »Würde mir nicht im Traum einfallen.«
    Edward fragte: »Bist du sicher?«
    »Absolut sicher.«
    »Aber …«
    »Ich bin sicher«, wiederholte Luke. »Ich mach das schon.« Er bückte sich und drückte einen Kuss auf Charlottes Kopf. »Bin weg.«
    Mariella beobachtete ihren Vater. Er sah verwirrt aus, schüttelte den Kopf und warf Sigrid einen Blick zu. Sie lächelte und hielt ihm ihr Glas hin.
    »Noch etwas Wein, bitte«, verlangte sie.
    »Ich bin fix und alle«, sagte Ralph zu Luke.
    Er war hinunter in den verlassenen Empfangsbereich gegangen, um Luke ins Gebäude zu lassen, durch alle Sicherheitssysteme und an allen leeren Schreibtischen vorbei, deren Benutzer schon hatten gehen können, weil ihre Arbeit nicht vom amerikanischen Börsenmarkt abhing, der noch vier oder fünf Stunden offen sein würde.
    Ralph hatte geplant, gegen neun Schluss zu machen und dann mit Kollegen bei ein paar Drinks abzuhängen, vielleicht zum Chinesen zu gehen und dann zurück in sein Zimmer – sein Vermieter und dessen Freundin machten einen Kurzurlaub in Barcelona –, weil er so hinüber war, dass er sich nur noch hinhauen und sofort einschlafen könnte. Und nun kam Luke und meinte, er solle mit zu Ed kommen – na los, komm schon, mach das Ding aus und komm mit zu Ed.
    »Aber ich bin total erledigt«, sagte Ralph.
    »Es ist Freitag, Mann. Freitag ist Ausgehabend. Sigrid kocht Pasta.«
    Ralph machte sich sehr langsam daran, die Programme auf seinem Computer zu schließen.
    »Ich will keine Vorträge hören …«
    »Niemand wird dir Vorträge halten.«
    »Ich will nicht …«
    »Ralph«, sagte Luke. »Hör auf, rumzumosern, und komm endlich. Du musst auch mal Feierabend machen und was essen. Wir haben uns spontan bei Ed zum Essen getroffen, und wir möchten dich dabeihaben.«
    »Wir?«, fragte Ralph argwöhnisch.
    »Wir. Charlotte und ich. Ed und Sigi. Zieh dein Jackett an.«
    In Lukes Wagen auf der Fahrt nach Islington erzählte Ralph von seiner Woche. Er sagte, einer seiner Kunden sei ein komplizierter Fall, ein echter Armleuchter, mit dem niemand was zu tun haben wolle, aber mit einem Kapital von fünfhundert Millionen Dollar, also wert, sich seiner anzunehmen, und alle im Team meinten, Ralph sei genau der Richtige für einen komplizierten Kunden, weil er selber so kompliziert sei. Luke ließ ihn reden. Es war eine langweilige Geschichte, aber so war Ralph beschäftigt, und wenn Luke nur gelegentlich zustimmend murmelte, lief er nicht Gefahr, etwas auszuplaudern. Denn falls er sich verplapperte, falls Ralph nur den leisesten Hinweis bekam, dass er in eine Situation gelockt und zu einer Konfrontation gezwungen wurde, der er sich nicht entziehen konnte, würde er womöglich flüchten. Luke hatte das Gefühl, sich erst wieder entspannen zu können, wenn Ralph sicher in Eds Wohnung war und er die Tür hinter sich zugemacht hatte.
    Edward hatte offensichtlich denselben Gedanken. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, nahmen er und Luke Ralph sofort zwischen sich, als wären sie eine persönliche Leibwache, und in dieser Formation gingen sie die Treppe hinunter, Edward vorneweg, Ralph in der Mitte, Luke als Nachhut. Als sie fast unten waren, hörte man plötzlich die Stimmen der kleinen Jungs, und Ralph blieb stehen und sagte laut: »Was ist hier los, was soll …«, und Edward drehte sich um und nahm seinen Arm und zog ihn bis in die Küche, wo nur Sigrid ihnen entgegensah. Alle anderen, aufgekratzt durch Zucker und Wein, waren gerade dabei, Charlotte kreischend unter Kissen vom Fernsehsofa zu begraben.
    Ralph war wie erstarrt. Luke wartete darauf, dass er sich zu

Weitere Kostenlose Bücher