Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Krummsäbel lag noch auf dem Boden, und Ian griff danach, bevor der Soldat ihn wiederfinden konnte.
Er schrie auf, als eisiger Schmerz ihm in dem Moment, als er ihn aufhob, durch die Finger schoss. Was zum Teufel hatte er getan? Die Waffe war nichts als weißer Stein. Und schon war auch seine Hand nichts anderes, wurde weißer und weißer.
Er und das Schwert waren eins. Er war am Boden festgewachsen über die Verbindung dessen, was eben noch eine Waffe gewesen und jetzt nur noch reiner Quarz war. Ians Gedanken wirbelten wild. Wurde er gerade komplett zu Stein? Fühlte sich Petrifikation so an? Es war die pure Agonie. Er stand halb niedergebeugt, während sein Arm nun schon bis zum Ellenbogen Teil des Bodens war und sich die steinerne Kälte durch seine brüchigen Adern schob.
Wo war sein Feind?
Auch der stand versteinert da. Wie eine ziemlich hässliche griechische Statue, die ihren Kopf in den Wirrnissen der Jahrtausende verloren hatte, die Arme noch ausgestreckt und auf der Suche nach Ian. Ganz ungeheuer nah.
Ian biss auf die Panik herunter, kaute auf ihr wie auf einer Trense. Mit seiner Linken versuchte er, an sein Pendel zu kommen. Doch er hatte es in die rechte Tasche geschoben, und so gebeugt wie er dastand, war es recht schwierig dranzukommen. Groß bewegen konnte er sich auch nicht, denn immer weitere Teile von ihm verwandelten sich in Quarz, Stück für Stück.
„Oh du lieber Gott!“, rief Ian. Wo war das verflixte Pendel? Und wo war nur seine besondere Geisteskraft, die seine Meister immer so besorgt machte? Offenbar waren Berichte darüber stark übertrieben.
Er fummelte panisch in seiner Tasche herum. Da war es. Er zog an der Silberkette. Es schien sich mit irgendetwas in der Tasche verheddert zu haben. Und er wusste noch nicht einmal genau, was er jetzt damit tun sollte.
„Ich bin Stein gewesen. Ich bin Salz gewesen, doch jetzt bin ich frei“, erklärte er ohne größeres Nachdenken.
„Ich habe die Berge hinter mir gelassen“, fuhr er fort. „Ich habe das von mir abgegeben, was ich nicht war. Und deshalb bin ich – nicht – mehr – Stein!“ Er schrie den letzten Satz heraus, zog dabei das Pendel hervor und schwang es gegen seine weiß glitzernde Hand.
Der Anhänger zerbrach. Verdammt. Nur ein kleiner Teil blieb in der Kettenhalterung stecken, während der untere Teil in winzige Kristalle und Salzstaub explodierte, die wie Würze über Hand und Arm gestreut wurden.
Einen Augenblick später war er frei. Neuer Schmerz schoss ihm von der Hand in den Arm, doch es war guter Schmerz, der die Rückkehr von Blut und Leben ankündigte. Das weiße Steinschwert versank im Grund und verschwand. Ebenso die kopflose Soldatenstatue. Sie verschmolz mit dem weißen Quarz, als sei sie immer Teil davon gewesen.
Vielleicht war sie das ja?
Ians Knie schlugen fast aneinander vor Angst. So. Dieser Gegner war fort. Würde er wiederkommen? Und als was? Und wann? Gleich jetzt? In einer Minute? In einer Stunde? Oder sobald Ian glaubte, sicher zu sein?
Er blickte zu dem Ort, an den er den Kopf hingekickt hatte. Auch der war verschwunden.
Nur die Hütte stand nach wie vor am Fuße des Hügels. Und schon in der nächsten Minute mochte der Wolf wieder daraus hervorspringen.
Ians Gedanken liefen panisch und förderten wenig an Ergebnis zutage. Er wickelte die Kette seines Pendels um die Hand und hielt den restlichen Salzkristall in der Faust fest. Es hatte funktioniert. Warum, wusste er nicht.
Ohne noch weiter nachzugrübeln rannte Ian auf die Tür der Hütte zu. Halb fürchtete er, dass sie gleich eine neue tödliche Gefahr ausspucken würde, doch als er dort ankam, musste er sie selbst öffnen.
Er erwartete, dass die rostigen Scharniere quietschen würden, doch es blieb alles ganz still. Er betrat die Hütte und schloss die Tür hinter sich.
Das hier war der ausgesprochen ärmliche Lebensbereich eines mittellosen Menschen. Die Hütte war innen zweigeteilt, eine Hälfte sah aus wie ein Ziegenstall, die andere wie ein einfaches Zimmer mit einer kleinen Feuerstelle. Kräuter waren an der niedrigen Decke zum Trocknen aufgehängt. Ruß hatte die Wände dunkel gefärbt. Ein notdürftiges Bett befand sich in etwas, das fast wie ein verschließbarer Schrank aussah.
Kein Wolf. Auch kein Fels. Er stand auf einem festgetretenen Lehmboden. Ein winziges Fensterchen ließ nur wenig Licht ein. In einer Ecke hing ein großer Strauch Weidenkätzchen und verbarg fast das Kruzifix dahinter. Er versuchte, sich daran zu
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