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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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näher bei ihm lag, nämlich genau in der Mitte zwischen ihm und Sutton.
    Eine Frau. Ihre Kleidung und ihr Haar waren wild und durcheinander. Sutton war sich recht sicher, wen er da vor sich hatte.
    Sie lag vor dem Wolf, als hätte sie jemand auf einem Teller angerichtet. Ihre Reise musste voller Widrigkeiten gewesen sein, und jetzt war sie nur noch ein Abendessen.
    Sutton freilich mochte gut und gern zum Nachtisch werden.
    Ohne seine Augen vom Wolf zu nehmen versuchte Sutton, die Pferde an einen Busch zu binden, auch wenn er keine großen Hoffnungen hegte, dass sie das lange aufhalten würde, wenn sie denn wirklich durchgehen wollten. Doch er brauchte seine Hände frei.
    Für einige sehr lange Augenblicke rührte sich niemand. Sie standen – oder im Falle der Dame lagen – wie versteinert. Bei dem letzten Wort kam Sutton aus keinem erklärbaren Grund ausgerechnet Ian in den Sinn. Stein. Irgendwas war damit.
    Er ignorierte den Eindruck. Das war gerade nicht von Bedeutung. Er hob seine Hände und konzentrierte sich. Die Kraftlinien um ihn herum glühten, doch er wusste, dass die Frau vor ihm sie nicht würde sehen können.
    Wölfe. Mit Wölfen wurde er fertig.
    Das Knurren der Bestie klang ausgesprochen hungrig.
    Wölfe. Dieser hier würde vielleicht mit ihm fertigwerden.
    Er schob den Gedanken beiseite. Zweifel war kontraproduktiv. Überzeugung war eine Naturgewalt. Und er war ein Meister. Er formte Ereignisse.
    Der Wolf duckte sich zum Sprung. Wen würde er anspringen, ihn oder die Frau?
    Als Mensch, der er war, musste sich Sutton eingestehen, dass er dankbar wäre, nicht das Ziel zu sein. Als Gentleman wusste er, wo seine Pflicht lag.
    Er trat auf die Frau zu. Seine H ä nde hielt er vor sich ausgestreckt, während er Kraft aus allem, was ihn umgab, zog.
    Die Frau blickte ihn voller Angst an, dann lenkte sie ihren Blick wieder auf den Wolf. Offenbar fand sie Sutton so wenig beruhigend wie das Tier. Das war schon fast eine Beleidigung.
    Ein wütendes Heulen schnitt durch den dunkler werdenden Spätnachmittag.
    Die Frau wimmerte und presste sich tiefer gegen den Boden. Das würde sie nicht retten.
    Das Vieh sprang, die Zähne blitzten in seiner weit geöffneten Schnauze.
    „Wand“, dachte Sutton, und das Tier krachte direkt vor ihm in eine Barriere. Es schrie fast vor Wut und Frustration.
    Sutton war drauf und dran mitzuschreien, als er merkte, dass er die Barriere nicht allzu lang würde aufrechterhalten können. Das Biest war kein Spukschemen. Mentale Bilder vermochten es nicht zu stoppen. Und physische Materie aus dem Nichts zu formen war schwierig. Niemand konnte das besonders lange durchhalten.
    So standen sie voreinander, das Monster und der Mann. Das Tier war direkt über die Frau hinweggesprungen und hatte sie nicht angegriffen. Jetzt stand es Zähne bleckend zwischen ihnen. Tatsächlich hatte Sutton das so nicht erwartet. Er hätte darauf gewettet, dass es sich das näher liegende – und offensichtlich hilflose – Ziel zuerst greifen würde.
    Der Meister konzentrierte sich und hob erneut die Hände. Schutz würde nicht ausreichen. Er musste selbst angreifen und das hier beenden.
    Er hielt seine Finger wie Krallen neben dem Kopf erhoben. Einer lebenden Kreatur rohe Kraft entgegenzuwerfen – so, wie er das bei dem Duell getan hatte – kostete unendlich viel Energie und erschöpfte einen schnell. Er musste es richtig machen, gleich beim ersten Mal. Und er hoffte, er würde dabei nicht auch die Frau treffen, die in gerader Linie hinter dem Wolf lag.
    Als ob das Tier seine Gedanken hatte spüren können, wandte es sich jetzt der am Boden liegenden Gestalt zu. Und sprang.
    Das schwere Vieh landete direkt auf der Frau, die entsetzt aufschrie. Nun hatte Sutton keine Möglichkeit mehr, das Tier zu treffen, ohne die Frau mit zu treffen.
    Er zögerte einen Augenblick lang.
    Das Wesen knurrte bedrohlich. Es hatte sich auf der Frau ausgestreckt, bedeckte sie fast ganz mit seinem Körper und starrte immer noch Sutton an. Doch es senkte nicht seine Zähne in den Leib unter ihm. Kannten Wölfe so etwas wie wohlige Vorfreude?
    Sutton begriff, dass das Tier von der Dame Besitz ergriffen hatte. Er zwang sich dazu, ein wenig zu entspannen. Er zwinkerte nicht einmal, aus Angst, dieser Bruchteil einer Sekunde würde ihn kostbare Zeit kosten, die er bräuchte, um eine weitere wüste Attacke abzuwehren.
    Doch die Attacke erfolgte nicht. Stattdessen wurde der Frauenkörper schlaff. Die Lehrerin war ohnmächtig geworden.

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