Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Jäger.“
Kapitel 65
A us dem Baum zu kommen war eine recht plötzliche Erfahrung gewesen. Eben noch verharrte Gütze zusammengekrümmt in einem Albtraum, und schon im nächsten Augenblick hatte der Baum ihn ausgespien, als wollte er ihn einfach nicht mehr dulden, und er landete auf dem feuchten Boden. Bis dahin waren alle Versuche freizukommen nutzlos gewesen.
Gützes Schachtel mit Patentzündhölzern war feucht geworden, sonst hätte er den verdammten Baum ohne Zögern abgefackelt. Es wäre ihm gänzlich einerlei gewesen, ob die Mädchen da noch drin waren oder nicht.
Er hatte dem Baum den Rücken gekehrt und war losmarschiert. Der Baum stand gerade mal ein paar Schritte vom Gipfel eines Hügels entfernt. Gütze hatte keine Ahnung, wo dieser Hügel lag. Er war schließlich nicht auf normalem Weg hierhergereist.
Er sollte also nicht einmal wissen, in welche Richtung er zu gehen hatte, doch tatsächlich kam ihn kein Zweifel an. Das Ziehen in seinen Gedanken war stärker geworden und gab ihm die Navigation vor, wie ein Kompass. Er wusste, wo das Mädchen war, und da gab es diesen Mönch, dem er berichten musste.
Dann würde er frei sein.
Er verfluchte den Fakt, sein Pferd verloren zu haben, und zweifelte nicht daran, dass der Vater der kleinen Göre damit seine Reisekasse für die Auswanderungspläne füllen würde . Niemand ließ ein Pferd einfach so im Wald herumstehen. Er würde den Gaul zurückbekommen, so oder so.
Doch inzwischen war er auf Schusters Rappen unterwegs, ohne ein logisch fassbares Ziel, nur mit einem starken Gefühl, dass er dies so zu tun hatte.
Das machte ihn wütend.
Er war nun schon eine ganze Weile wütend. Die Wut trug ihn in langen Schritten hügelabwärts und würde ihn bis zu dem verfluchten Pfaffen bringen.
Er vernahm die Stimmen, bevor er noch die Menschen sehen konnte. Er hielt es für angebracht, sich erst einmal im Gebüsch zu verstecken und sich von dort her zu nähern. Man wusste ja nie.
Er sollte recht behalten. Doch das war meistens so. Er hatte immer recht.
Den Wolf sah er zuerst nicht. Als er ihn erblickte, war er froh, dass die Frau und der Mann zwischen ihm und der Bestie waren. Sie würden gewiss zuerst gefressen. Er nahm seine Pistole heraus, überprüfte sie und hoffte, dass sie nicht zu nass geworden war. Es war ein kleines Dingelchen und ziemlich teuer, eine Philadelphia Deringer. Leider konnte er damit nur einen Schuss abgeben, dabei hätte er drei gebraucht. Er sollte sich unbedingt eine Pepperbox kaufen. Er hatte gehört, dass man mit so einem Gerät mehrmals schießen konnte.
Er brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass die beiden Menschen dem Wolf folgten, statt vor ihm zu flüchten. Das war eigentümlich. Doch was war an dieser ganzen Geschichte schon normal? Pfaffen, die einen überzeugten, etwas zu tun, was einen überhaupt nichts anging, Lehrerinnen, die es überlebten, wenn man sie in der Donau ertränkte, Mädchen, die von Vögeln geraubt wurden anstatt umgekehrt. Riesenwölfe waren nur eine weitere Unsäglichkeit, die seinen Sinn erschütterte.
Zwei Schüsse würden vielleicht auch reichen. Die Frau wirkte völlig erschöpft. Sie würde er auch so erledigen können. Für eine Lehrerin war sie ziemlich hübsch. Natürlich hatte sie auf dem Schiff noch besser ausgesehen.
Er sah sich um. Auf diesem Weg war sonst niemand unterwegs.
Als der Wolf fiel, hätte er am liebsten vor Freude losgebrüllt. Einer aus dem Rennen, zwei noch zu bedienen. Und der Mann war verletzt. Das traf sich doch ausnehmend gut. Das Leben war erfreulich behilflich beim Lösen dummer Probleme. Wenn er schon das Mädchen nicht kriegen konnte, würde er wenigstens die Lehrerschlampe bekommen. Und er würde sie Dinge lehren, die sie so schnell nicht vergessen würde.
Sie in sein Bordell zu schleppen wäre vermutlich zu umständlich. Wenn er eine sich sträubende Frau im Schlepptau durch die Gegend zog, würde das doch etwas Aufsehen erregen. Er bräuchte dazu eine geschlossene Kutsche und einen kräftigen Schuss Laudanum. Oder wenigstens eine geschlossene Kutsche und einen kräftigen Strick. Da er aber weder das eine noch das andere hatte, würde er sie wohl hierlassen müssen. Für immer. Natürlich erst, nachdem sie ihm seine Mühen und Unbill entgolten hatte.
Auch zu Fuß gehen würde er nicht mehr müssen. Zwei gesattelte Pferde warteten schon auf ihn. Er hoffte, sie würden nicht durchgehen, wenn er den Mann erschoss. Denn genau das würde er jetzt tun.
Er zielte
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