Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Schwingen über sich. Wie eine schwarze Wolke sanken sie vom Himmel, der eben noch keine Spur von ihnen gezeigt hatte.
Er kam, um zu helfen.
In diesem Augenblick verlor der Wolf jegliche Kontrolle.
Kapitel 71
S ein Begriffsvermögen kam und ging . Richard von Rosberg wusste nicht mehr, wie viele Tage oder Stunden er durch die regennasse Novemberlandschaft gerannt war.
Es war ihm nicht gelungen, dem unheimlichen Magier und der blonden Frau aus dem Weg zu gehen. Er wusste sehr wohl, dass sein schwankendes Selbstverständnis seine Reisegefährten gefährdete. Er war ein Mörder, und es machte es nicht besser, dass er hinterher seine Taten bereuen, die Beerdigung bezahlen und Rosenkränze murmeln würde.
Manchmal verstand er, was sie sagten, wurde wütend oder war einfach nur entsetzt. Doch dann wieder bedeuteten ihre Stimmen nur, dass Beute in Reichweite war. Wenn er auch nur halbwegs vernünftig wäre, würde er sich von ihnen fernhalten. Doch Vernunft war ihm derzeit nicht gegeben.
Er brauchte den Magier, damit der ihn wieder in das zurückverwandelte, was er war. Niemand sonst würde das tun. Niemand sonst würde das können. Richard schaffte es nicht von allein. Und die Bruderschaft würde sicher nicht behilflich sein.
Bisweilen tat es ihm leid, dass er die Menschen ängstigte. Genauer gesagt tat es ihm leid, der Frau Furcht einzujagen . Ihr verzweifeltes Leiden umgab sie wie eine Wolke, und ihr eisernes Durchhalten war ebenso erstaunlich wie beeindruckend. Es berührte ihn tief.
Er versuchte, nicht an ihren Schmerz zu denken, denn der machte ihn rasend. Er verstand nur ungenau, was sie gequält hatte, begriff aber, dass sie mehr als einen gemeinsamen Feind hatten. Damit gehörte sie zu seinem Rudel.
Das hieß, er fühlte eine Verantwortung für sie. Sie war ihm unglaublich nah, war Teil seines Lebens geworden, bedeutete ihm irgendetwas, das er nicht fassen konnte. Viel. Sie bedeutete ihm viel.
Manchmal wünschte er sich Arme, in die er sie nehmen wollte, um sie zu beschützen. Doch sie war wie ein Igel, dem man einzeln die Stacheln brach, und er hatte nun mal keine Arme. Dann wieder meldete sich sein Wolfsmagen und interpretierte ihren Duft als immerhin essbar.
Sie vertraute ihm viel zu sehr. Sie täte besser daran, vor ihm wegzulaufen, als mit ihm zu reisen. Er war sich noch nicht einmal sicher, dass er stets wusste, wohin sie unterwegs waren.
Er wollte sie nach Hause mitnehmen. Dieses unerklärliche Gefühl wurde manchmal so intensiv, dass sein Bewusstsein in Dunkelheit umschlug, und schon war sie nichts weiter als Beute.
Doch irgendetwas zog ihn zu ihr. Er konnte es in seiner gegenwärtigen Situation nicht erklären. Es ergab keinen Sinn.
Nichts ergab Sinn.
Als der Schmerz ihm zusammen mit dem grausamen Knall der menschlichen Waffe den Kopf herumgerissen hatte, hatte er fast die Beherrschung verloren. Eine Zeit lang hatte er nichts gespürt als den Schmerz und den Wunsch, alle und jeden dafür zu bestrafen.
Die Frau nicht anzugreifen hatte ihn mehr Selbstkontrolle gekostet, als er zu besitzen geglaubt hatte. Sie sprach zu ihm, doch er begriff nur ihren Duft nach Blut.
Er spürte, wie sein Feind sich näherte, als senkte sich eine Nebelwolke auf ihn herab. Sein Haar stand ihm am ganzen Körper zu Berge. Er fühlte sich verraten. Hatte sie das gemacht? Warum? War sie nicht auf seiner Seite?
Töten. Das war das Einzige, was in seinem Geist noch erkennbar war, denn alle anderen Empfindungen waren durch die Ankunft seines Feindes ausgelöscht. Er erinnerte sich nicht daran, warum der Feind sein Feind war. Er war sich nicht einmal mehr sicher, dass er es je gewusst hatte.
Er sprang und hüpfte nach etwas, das sich vom Himmel herabsenkte. Irgendwas war im Weg, fiel mit einem Schrei. Er verschwendete keinen Blick daran. Damit würde er sich später beschäftigen.
Der Geruch des Blutes schien noch stärker geworden zu sein. Was hatte ihn nur zurückgehalten?
Seine Kiefer schnappten zu und erwischten nur Luft. Er machte erneut einen Satz und sprang wieder und wieder nach der sich nähernden Wolke, in der Hoffnung, seine Zähne würden irgendetwas davon erhaschen, das er zerreißen konnte.
Eine hohe, durchdringende Stimme schrie irgendetwas. Der Lärm machte ihn wütend.
Wieder sprang er, schnappte nach schwarzen Schatten. Federn fielen und verschwanden.
Doch der Feind war noch da. Richard konnte dessen fremden Vogelduft riechen, oben auf dem Baum, wo eine dünne Männergestalt auf einem Ast
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