Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Sorgen gemacht, Bruder Anselm würde sich den Wünschen seines Vorgesetzten widersetzen. Denn warum sollte er sich ihnen beugen? Bei seiner Macht konnte er tun und lassen, was er wollte.
Doch Disziplin und Glaube hatten gehalten – so, wie sie immer alles halten mussten. Marcus war nicht einmal auf der Schuld an allem sitzengeblieben. Er fühlte eine seltsame Freiheit. Die Rollen in diesem kleinen Rudel waren umdefiniert. Marcus war zwar im Ansehen von Pater Bonifatius nicht gestiegen, doch sein Bruder schien dafür gesunken zu sein.
Das setzte sie immer noch nicht gleich und würde es auch nie. Es erklärte auch nicht, was geschehen war. Es veranschaulichte allerdings, dass die Kräfte, die hier am Werk waren, noch um einiges übler waren als angenommen. Natürlich mussten auch die christlichen Streiter mitunter Niederlagen einstecken, doch sie akzeptierten sie niemals brav. Wenn Erfolg etwas war, das Gott gewährte, so waren die Implikationen, keinen Erfolg zu haben, immerhin besorgniserregend.
Pater Bonifatius hatte dennoch keine Zweifel.
„Das ist tatsächlich Blut. Allerdings spüre ich keinen Tod“, sagte Anselm, während er den Boden untersuchte. Seine Miene war verkrampft.
„Könnten Sie das denn spüren?“, fragte Pater Bonifatius.
„Wahrscheinlich.“ Der Magier klang ein wenig gekränkt.
„Und wo ist das Opfer?“
„Vielleicht hat ihn jemand abtransportiert“, schlug Gütze vor. „Niemand, der auch nur einen Karren dabeihat, würde einen Verwundeten und eine Frau einfach auf der Straße liegen lassen.“
„Nein“, widersprach Anselm nun sicherer. „Es war nicht ein zufälliger guter Samariter mit Karren. Die Kraftlinien zeigen an, dass es hier zu einer Machtanwendung kam. Die Hilfe, die ihnen zuteilwurde, war nicht natürlichen Ursprungs.“
Pater Bonifatius nickte.
„Natürlich nicht. Wo sind sie jetzt hin?“
Gütze und Bruder Anselm blickten in die gleiche Richtung ins Unterholz.
„Sie sind losgezogen, um das Mädchen zu holen!“, sagte Anselm.
„Gott verdamm mich!“, fluchte Gütze. „Ich hätte sie alle gleich umbringen sollen.“
„Vielleicht“, meinte Pater Bonifatius. „Doch das Schwert des Allmächtigen zu führen kommt Ihnen nicht zu. Es ist unsere Aufgabe. Wir müssen ihnen folgen. Und zwar schnell.“
Schweigen war die einzige Antwort auf diese Aufforderung, und Marcus wusste, dass keiner dem Priester nahebringen wollte, dass sie mit der Kutsche nicht durchs Gebüsch fahren konnten.
„Ich reite denen nicht alleine hinterher!“, verkündete Gütze.
„Wir müssen sehen, wo wir uns Reitpferde leihen können“, schlug Anselm vor.
„Zurück zum Rosberg-Anwesen?“, murmelte Marcus, der so gar nicht derjenige sein wollte, der etwas Ähnliches wie einen Rückzug vorschlug.
„So viel Zeit haben wir nicht.“ Pater Bonifatius war ernsthaft verstimmt. „Können wir die Kutschpferde reiten?“
Das war keine gute Idee. Die allzu rundlichen Ausmaße des Priesters machten diesen zu einem schlechten Reiter. Und die Tiere selbst sahen nicht aus, als ob sie es gewohnt waren, mit Reitern und ohne Sattel oder Zaumzeug querfeldein zu galoppieren.
„Tun Sie etwas, Bruder Anselm!“, lautete der nächste Befehl. „Wir anderen beten so lange.“
Marcus kniete sich bereitwillig nieder. Gütze blieb allerdings stehen, mit einem Gesichtsausdruck, als hätte man ihm einen besonders schlechten Witz erzählt. Pater Bonifatius blieb in der Kutsche sitzen, öffnete aber sein Gebetbuch.
Bruder Anselm blickte ärgerlich drein. Marcus war sicher, dass das plötzliche Herbeizaubern von drei Reitpferden ihm wie jedem anderen auch unmöglich wäre.
Ein Lächeln glitt dem Zauberer über die Züge. Marcus wunderte sich darüber, doch dann hörte er, was der Magier vernommen hatte. Reiter kamen die Straße entlang.
Mit einer ausladenden Geste drehte sich Anselm um sich selbst, hob seinen Blick gen Himmel und murmelte etwas Unverständliches. Eine bühnenreife Vorstellung! Er hatte das absolut nicht veranlasst, doch er war bereit, es als seinen persönlichen Erfolg anzupreisen. Marcus’ verstecktes Lächeln starb unerkannt.
Eine Minute später hatten drei Reiter sie erreicht. Es war berittene Landpolizei. Was suchten die hier?
„Guten Tag, die Herren Gendarmen!“, grüßte Pater Bonifatius freundlich l ächeln d. „Gott segne Sie!“
Die Polizisten musterten die Gruppe misstrauisch.
„Wer sind Sie? Und was tun Sie hier?“, fragte einer von ihnen absolut nicht nett. Das
Weitere Kostenlose Bücher