Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
derzeit ihrem Gespräch geistig folgen, auch wenn das Begreifen immer mit einer gewissen Verspätung in seinem Sinn ankam.
    „Warum geht er … nicht weiter?“, fragte sie.
    Warum ging er nicht? Weil ihm das Haar zu Berge stand. Er kam immer näher an etwas heran, das er nicht erreichen wollte. Er wusste nicht, was es war. Doch er hatte Angst um seinen letzten Rest geistiger Gesundheit. Er war gefährlich.
    Richard lebte ganz in der Nähe, doch hier war er nie gewesen. Es war, als hätte sein Besitz an dieser Stelle einen blinden Fleck.
    „Wir brauchen den Wolf nicht, Fräulein Vanholst. Er hat vielleicht seine eigenen Pläne.“
    „Er mag den Rabenmann nicht. Vielleicht kommen wir ihm näher?“
    „Wir kommen näher – ich weiß nicht wem, aber wir kommen näher, wenn der Zuhälter die Wahrheit gesagt hat und man seinen Fußspuren trauen darf. – Nicht doch! Steigen Sie nicht ab! Fräulein Vanholst! Was machen Sie denn da? Wir haben keine Zeit. Die Bruderschaft ist hinter uns her – Sie erinnern sich?“
    Sie nickte abwesend.
    „Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, sind sie in einer leichten, offenen Kutsche unterwegs gewesen. Vielleicht können sie uns darin ja nicht quer durchs Unterholz folgen?“
    „Mein liebes Fräulein Vanholst, sie werden sich von so etwas nicht aufhalten lassen. Das tun sie nie. Sie sind – unaufhaltsam. Jetzt steigen Sie wieder auf, damit wir weiterreiten können. Mit Wolf oder ohne Wolf.“
    Sie stand nur da und beobachtete ihn. Richard rührte sich nicht. Die Frau sah zerschlagen und schmutzig aus, doch ihre unerschütterliche Schönheit war selbst für seinen tierischen Sinn auf mannigfaltige Weise verlockend. „Ich verstehe diese Kreatur nicht“, sagte sie. „Trotzdem besteht ein Band zwischen uns. Es ist unbegreiflich.“
    „Das Unbegreifliche hat immer eine gewisse Anziehungskraft, Fräulein Vanholst. Sie sollten vorsichtiger sein.“
    „Es ist nicht die Unbegreiflichkeit, die mich anzieht. Die Bruderschaft ist mir genauso unbegreiflich, dennoch fühle ich mich mit ihr nicht verbunden. Da fühle ich nur Entsetzen – und Unverständnis.“
    „Was verstehen Sie denn nicht?“
    „Nun, mein Bild von dem, was die Kirche ist, hat so etwas nie als Möglichkeit eingeschlossen. Gott zu ehren sollte Meuchelmord nicht mit einschließen.“
    „Die katholische Kirche – oder zumindest deren überwältigende Mehrheit – würde Ihre Meinung dazu vermutlich teilen und sich wünschen, sie wären sie los. Sie sind von einer schrecklicheren Ära übrig geblieben.“
    „Man sollte den Orden auflösen.“
    „Religionen hängen an alten Entscheidungen, da jede Religion das Ziel hat, unfehlbar zu sein. Somit ist es angenehmer, einfach nicht hinzusehen. Schließlich gibt es weder Fey noch Logen – noch die Bruderschaft selbst – in großer Anzahl. Wir sind zu leicht zu übersehen, als dass wir eine Änderung des Denkens herbeiführen könnten.“
    „Sollten die Opfer nicht ein Mitspracherecht haben?“
    „Sie träumen, Fräulein Vanholst. Opfer sind stumm. Und dies hier ist ein ausnehmend schlechter Zeitpunkt für diese Art von Diskussion. Bitte steigen Sie wieder auf, damit wir weiterreiten können. Was Sie da machen, ist gefährlich.“
    Richard nickte beinahe Zustimmung. Sie kam noch näher. Er zog sich ein Stück zurück. Sie kniete sich und blickte ihm direkt in die Augen. Es bedurfte seiner ganzen Kraft, ihrem klaren Blick nicht auszuweichen. Ein Teil von ihm sehnte sich danach, sie zu zwingen, sich einer Rangfolge unterzuordnen. Ein anderer Teil sehnte sich nach ihrem Interesse.
    „Mr. Sutton, ich glaube, der Wolf ist Teil des Rätsels. Vielleicht ist er ja auch Teil der Lösung? Dieser Wolf war Teil unserer Reise. Ich bin sicher, dass das etwas zu bedeuten hat.“
    Der Magier blickte von seinem Pferd herab. In seiner Hand schwang ein Pendel in elliptischen Kreisen.
    „Sie mögen durchaus recht haben. Trotzdem haben wir es eilig, und wenn die Kreatur uns nicht begleiten will, dann können wir das nicht ändern. Halten Sie Abstand. Das Tier kann Ihnen die Kehle vermutlich schneller herausreißen, als ich intervenieren kann.“
    Die Frau kroch noch näher heran, und Richard wurde ganz atemlos vor Anstrengung, sie nicht anzuspringen. Ihre Hand streckte sich ihm entgegen. Er knurrte.
    Dann berührte sie ihn, streichelte seinen Kopf, als wäre er ein Hund. Ihre Hand fuhr ihm durchs Fell, und er spürte, wie sein Kopf automatisch nach vorn strebte. Er biss – ganz

Weitere Kostenlose Bücher