Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
weg!“, sagte die harte Stimme.
Das Mädchen hinter Ian zitterte nun spürbar.
„Und Sie wissen wirklich nicht, wer das sein könnte?“
„Nein. Die Stimme kenne ich nicht.“ Sie war kurz davor zu weinen.
Ian war ratlos.
„Einerlei!“, sagte er schließlich. „Sie sind beschäftigt. Wir schleichen uns bis zur Treppe, dann werfe ich den Stuhl nach ihnen. Mit etwas Glück fallen sie die Stufen hinunter. Und Sie rennen los. Springen Sie über Hindernisse hinweg, schlüpfen Sie durch das Gewühl hindurch. Machen Sie sich den …“
„… Kampf zunutze“, nickte sie und krallte ihre kleinen Fäuste in die geborgte Jacke.
Sie schlichen voran.
Eine Tür öffnete sich, und Ian blieb stocksteif stehen und hoffte, alsbald Suttons Gesicht im Türrahmen zu erspähen. Doch stattdessen blickte er in das Antlitz des Schlägers.
„Und wohin wollt ihr verschwinden?“, knurrte der und fasste nach Clarissa, die sofort losrannte. Einen Augenblick später hatte er nur Ians Rock in der Hand.
Ian konnte nicht genau sagen, wie es kam, dass er sich jäh im Korridor auf dem Rücken liegend wiederfand, doch es stand vermutlich in direktem Zusammenhang mit dem plötzlichen Schmerz in seinem Gesicht. Er konzentrierte seine Sinne mit all den arkanen Fähigkeiten, die er zur Verfügung hatte, und war hurtig genug, um herumzuschnellen und die Stiefel des Kerls mit beiden Armen zu umfassen.
Das brachte ihm einen kräftigen Tritt ein, doch Ian ließ nicht los. Was nun? Eine Entscheidung zu fällen schien mit einem Mal weitaus komplexer zu sein als nur Fakten prüfen, Analyse, Conclusio und Aktion. Zum einen war schon mal die Reihenfolge falsch, wenn man mit Aktion anfing und sich dann rücklings zu den Fakten arbeiten musste.
Er drehte sich auf dem Boden liegend um und versuchte, das Bein des Kerls mit in die Rückwärtsbewegung zu nehmen. Der Mann verlor das Gleichgewicht und fiel wie eine Tonne Steine direkt auf ihn. Gut. So hatte Clarissa mehr Zeit zur Flucht. Und schlecht, denn der Mann schien das doch recht übelzunehmen. Ian konnte ihm noch nicht einmal einen guten Tritt verpassen – da wo man Tritte gemeinhin verpasste. Stattdessen spürte er eine riesige Pranke an seiner Kehle. Finger wie Stahlklammern begannen, ihm den Hals zuzudrücken.
Ein guter Augenblick, um nach Hilfe zu schreien, doch er bekam keine Luft mehr. Verdammt. Er hätte längst nach Sutton rufen sollen.
Ian versuchte, die kleinen Finger seines Angreifers zu packen und rückwärts gegen dessen Hand zu verdrehen. Leider schien der Schurke mit mehr Kraft in seinen kleinen Fingern gesegnet, als Ian im ganzen Arm aufweisen konnte. Er befand sich in weitaus größerer Gefahr als zunächst geglaubt. Sein Gegner war nicht auf eine Rauferei aus. Er wollte ihn tot sehen.
Nun kämpfte er in echter Verzweiflung, doch seine Versuche gingen in zunehmender Schwärze unter. Eine wirklich peinliche Art abzutreten, erwürgt in einem Bordellkorridor. Ian trat mit seinem Knie nach oben und hatte nun doch die erfreuliche Reaktion eines Aufstöhnens. Doch der Gang um ihn schien dunkler zu werden.
Einen Augenblick später wurde das Gewicht des Angreifers von ihm gezerrt, und eine Faust traf das Kinn des Mannes. Der schwere Brocken taumelte zur Seite, war aber keinesfalls ausgeschaltet.
„Verflucht, McMullen, was machen Sie schon wieder für einen Mist?“, rief Sutton, der in einem eigentümlichen Winkel über Ian stand und keinesfalls korrekt gekleidet war. Tatsächlich trug er nicht mehr als das wirklich Allernötigste und entblößte dabei eine Figur, die jedem Zuschauer – zu anderer Zeit – Bewunderung abgenötigt hätte. „Kann man nicht mal in aller Ruhe … ein wenig dem Vergnügen nachgehen, ohne sich sofort in Schwierigkeiten zu bringen?“
Was immer der Meister des Arkanen sonst noch gesagt hätte, versank im heiseren Angriffsbrüllen des Türstehers, dem erschreckten Schrei von der Treppe und gleichzeitigem Gekreische von mindestens zwei Frauenstimmen.
Ian zwang sich auf die Knie und dankte dem Schicksal für seinen steifen Kragen, der ihn eventuell vor dem Erwürgtwerden bewahrt hatte. Und für Sutton, der gerade noch rechtzeitig aufgetaucht war.
„Mein … Mädchen ist hierher verschleppt worden. Ich muss sie retten …“, krächzte er durch seine angegriffene Kehle. „Ich muss mich um sie …“
Er kroch weiter, zog sich an seinem Stuhl so schnell wie möglich hoch und zerrte ihn hinter sich her, als er zur Treppe humpelte. Nur einmal blickte
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