Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
er sich um und sah gerade noch, wie sich sein Angreifer vom Boden erhob, um dem neuen Gegner eine Abreibung zu erteilen. Er hob die Fäuste und wurde sofort so langsam in seinen Bewegungen, als würde er unter Wasser kämpfen. Sutton war nicht ohne Grund Meister geworden. Der Kerl holte mit der Faust aus. Und holte aus – ganz langsam – wie ein Kämpfer in einem Albtraum.
    Nun hatte Ian die Treppe erreicht, und da standen sie schon, ein etwas bulliger Gentleman in regennasser Kleidung, die Bordellwirtin, die inzwischen auch nicht hübscher geworden war, und Clarissa. Der Mann und die Frau hielten je einen Arm von ihr fest, als wollten sie sie in zwei Teile reißen wie weiland die beiden Mütter vor dem Salomonischen Urteil. Das Mädchen wand sich in ihrem Griff.
    Ian musste eingreifen. Er blickte auf den Stuhl in seiner Hand und zögerte. Einer Dame eine Sitzgelegenheit über den Schädel zu ziehen, war unfein. So etwas ging ihm gegen den Strich. Selbst wenn die Dame keine Dame war, so war doch der Stuhl ganz ohne Zweifel ein richtiger Stuhl. Den Mann angreifen, ohne genau zu wissen, ob er wirklich ein Übeltäter war und nicht vielleicht ein Helfer, wollte er auch nicht.
    Angsterfüllte Augen suchten seinen Blick. Das Mädchen verstand es, ihm ihre schreckliche Lage so eindringlich nahezubringen, dass es ihn fast wie ein Schlag traf. Er verbannte alles Grübeln darüber, was es bedeuten mochte, aus seinen Gedanken. Die Situation erforderte schnelles Handeln und nicht langwieriges Zögern, hamletgleich von der Blässe des Gedankens angekränkelt. Und Shakespeare half ihm schon wieder keinen Deut weiter.
    So ließ er das Denken sein und sprang.
    Es hatte einen kurzen Zeitraum in seinem Leben gegeben, in dem er durch Fels hatte gleiten können. Freilich war das nie seine eigene Fähigkeit gewesen, sondern die seines „Logiergastes“.
    So kam es auch, dass Ian keineswegs auf einer Wolke guter Vorsätze durch den Sumpf der Unsäglichkeiten glitt. Vielmehr fiel er zunächst gegen die kräftige Frau, verlor sein Gleichgewicht und griff nach irgendeinem Halt, der sich als runder Arm herausstellte. Die Schwerkraft trug ihn weiter, und er purzelte dahin, wobei er die Frau mitriss, die wiederum das Mädchen nicht losließ, welches nun wieder von dem Fremden festgehalten wurde.
    Wie es Ian gelang, ausgerechnet zuunterst in dem Haufen an Gliedmaßen auf dem zerschlissenen Teppich zu liegen zu kommen, konnte er beileibe nicht nachvollziehen. Er spuckte ein wenig Spitze aus, die nach Mottenkugeln und altem Schweiß roch. Die Spitze gehörte zu einem kantigen Ellenbogen. Ian schaffte es gerade noch, seinen Kopf zur Seite zu bewegen, bevor eine ärgerliche Rückwärtsbewegung ebendieses Armes ihm die Zähne eingeschlagen hätte.
    Seidiges Haar fiel ihm über das Gesicht. Das Mädchen wimmerte. Er hoffte, dass es sich beim Sturz nicht verletzt hatte. Er versuchte, ein Bein zu bewegen, und stellte fest, dass es da eine ganze Anzahl Beine gab, die just alle das Gleiche probierten. Leider schienen sie ziemlich ineinander verwickelt, verwoben in einen Herrenreitmantel, ein weites Frauenkleid und das Hemd des Mädchens. Eine wütende Bassstimme fluchte laut. Und schon boxte sich noch ein Ellenbogen in seine Seite.
    „Loslassen, verdammt!“, schimpfte Ian, nun auch nicht mehr zimperlich in seiner Wortwahl. Drastische Umstände verlangten nach drastischem Vokabular. Das schien offenbar auch die Bordellwirtin zu finden.
    Um die Lage abzurunden, flog in diesem Moment die Eingangstür auf, drei dunkle Gestalten traten aus der feuchten Nacht und glühten fast vor Entschlossenheit. Der große Kerl in Zivilkleidung schenkte den verknäulten Anwesenden einen Blick voller Gemeinheit. Doch dann ging Ians Aufmerksamkeit auch schon auf die anderen zwei Männer über, die – so man ihren frommen Kitteln glauben durfte – hier gänzlich fehl am Platz waren.
    Die Energielinien flackerten auf, als einer der Mönche nach der arkanen Matrix griff, die, unsichtbar für die meisten Menschen, die ganze Welt umspann. Ian konnte es spüren, doch er konnte nichts dagegen tun; seine Fertigkeiten reichten dazu nicht aus. Er wusste, wer die Männer sein mussten. Die Bruderschaft des Lichts. Wütende Raufbolde wurden angesichts dessen zu einem durchaus sekundären Problem.
    Mit absoluter Klarheit begriff Ian, dass die frisch aufgetretenen Mitspieler in diesem Szenario ein ausgesprochenes Interesse an Clarissa hatten. Und er lag unter einem Haufen

Weitere Kostenlose Bücher