Schwingen der Lust
den denn her?“
„Den meine ich gar nicht“, erwiderte Maggie. „Komm mit.“ Sie nahm Lydia bei der Hand und führte sie zum Heck des Wagens. Mit einem Druck auf die Fernbedienung öffnete sie die Klappe. Sie hatte die Rückbank umgelegt, und der Kofferraum war bis oben voll mit den Geschenken, die sie für Lydia und ihr Baby gekauft hatte. Das zusammenbaubare Kinderbett im Karton, die Sets mit Fläschchen und Spielzeug, Windeln, Strampler und andere Klamotten. Darunter auch welche für Lydia.
„W-w-was?“, stotterte Lydia.
„Für dich“, sagte Maggie. „Aber das Beste kommt noch.“
„Sag mal, hast du im Lotto gewonnen?“
„Viel besser“, antwortete Maggie. „Erzähl ich dir oben. Aber jetzt bringen wir erst mal die Sachen hoch.“
„Das ist alles für mich?“ Lydia konnte es offenbar immer noch nicht fassen. Ihre dunklen Augen hatten einen feuchten Glanz angenommen. „D-das kann ich nicht annehmen.“
„Oh doch, kannst du“, sagte Maggie und winkte einer Gruppe etwa dreizehnjähriger Jungs zu, die auf einem Platz gegenüber Basketball spielten. „Einen Zehner für jeden, der uns beim Hinauftragen hilft!“
Eine Stunde später saßen Maggie und Lydia inmitten all der neu gekauften Sachen in Lydias kleiner Wohnung, und Maggie hatte ihrer Freundin alles erzählt, was ihr an Merkwürdigem und Tollem passiert war, seit sie sich das letzte Mal am Abend der Lesung gesehen hatten.
„Wahnsinn“, sagte Lydia. „Unglaublich. Fantastisch. Und auch ein bisschen furchteinflößend.“
„Das kann man wohl sagen“, meinte Maggie, holte einen Umschlag aus der Handtasche und reichte ihn Lydia. „Dafür, dass du immer an mich geglaubt hast.“
Zögernd öffnete Lydia das Kuvert und stieß einen überraschten Pfiff aus. „Oh mein Gott. Wie viel ist das?“
„Zwanzigtausend“, sagte Maggie. Nach dem Treffen mit Tazz hatte sie den Betrag verdoppelt. „Und jetzt komm mir bitte nicht wieder auf die Das-kann-ich-nicht-annehmen- Tour. Es ist das Mindeste, das ich tun kann, damit du mit dem Baby in New York bleiben kannst. Ich brauch dich doch.“
Sie konnte in Lydias Gesicht sehen, dass sie noch immer zögerte. Dann aber steckte sie den Umschlag in die Tasche ihres Bademantels. „Unter einer Bedingung“, sagte sie. Maggie schaute sie fragend an.
„Ich möchte für dich arbeiten“, sagte Lydia.
„Für mich arbeiten?“
„Ja“, sagte Lydia. „Du wirst jetzt bestimmt eine Assistentin brauchen; jemanden, der sich um alles kümmert, während du an deinen nächsten Projekten arbeitest. Büro, Haushalt, Einkäufe, etcetera. Du könntest doppelt so schnell und so viel arbeiten wie bisher, wenn du dich darum nicht mehr kümmern müsstest.“
„Das würdest du für mich tun?“
„Machst du Witze?“, fragte Lydia. „Das wäre der geilste Job, den ich mir als Schwangere und auch nach der Entbindung vorstellen kann.“
„Cool!“, sagte Maggie. „Abgemacht.“
Lydias Gesicht wurde ernst. „Und dieser Axel?“
„Gute Frage“, sagte Maggie nachdenklich. „Da gibt es noch einiges zu klären und herauszufinden.“
„Darin bist du ja ganz besonders gut.“ Lydia zwinkerte ihr zu, aber Maggie konnte erkennen, dass sie besorgt war.
„Mach dir keine Sorgen.“
„Versprich mir, dass du auf dich aufpasst.“
„Versprochen“, sagte Maggie nachdenklich. „Aber jetzt gehen wir beide erst einmal schick essen.“
Zwei Stunden später, nachdem sie mit Lydia beim besten Italiener der Bronx fürstlich gespeist und sie danach wieder nach Hause gebracht hatte, stand Maggie in der Fifth Avenue, gar nicht weit weg von Axels Haus, vor Patience, Geduld, und Fortitude, Tapferkeit, den beiden riesigen Steinlöwen am Eingang der New York Public Library, um die Nachforschungen in Sachen Azazel zu vertiefen.
Geduld und Tapferkeit - um ein Haar hätte sie nach Jahren harter Arbeit beide verloren gehabt, und jetzt hatte sich dadurch, dass sie gerade noch lange genug ausgehalten hatte, das Blatt genau in dem Moment gewendet, als sie die Stadt hatte verlassen wollen. Sie atmete befreit auf und erinnerte sich daran, wie oft sie schon bei der Recherche für ihre Romane hier bei den Löwen Halt gemacht hatte.
Der Besuch der größten Bibliothek des Landes erfüllte sie jedes Mal von Neuem mit Ehrfurcht. Das lag zum einen ganz bestimmt an der wundervollen Architektur des Gebäudes, in allererster Linie aber an all dem Wissen, das hier im Laufe der vergangenen hundertzehn Jahre angesammelt worden war. Vieles
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