Schwur fuer die Ewigkeit
hin; sie schüttelte sie und beide setzten sich. Sie war so daran gewohnt, Richard in seiner ordentlich gebügelten Polizeiuniform zu sehen, dass es ihr immer noch seltsam vorkam, wenn er einen Anzug trug. Heute trug er einen edlen grauen mit Nadelstreifen, dazu eine blaue Krawatte. Er war nicht so alt, noch keine dreißig, nahm sie an, aber er benahm sich wie jemand, der doppelt so alt war.
Das hatten sie wohl gemeinsam - sie fühlte sich zurzeit auch nicht wie siebzehn.
»Alles in Ordnung bei mir«, sagte sie, was gelogen war. »lch bemühe mich. Ich bin gekommen, um...«
»Ich weiß, was du fragen willst«, sagte Richard. »Die Antwort ist immer noch Nein, Claire.« Seine Stimme klang fest, aber es schwang auch Mitleid darin.
Claire schluckte schwer. Sie hätte nicht gedacht, dass er sofort Nein sagen würde. Richard ließ sie normalerweise ausreden. »Fünf Minuten«, sagte sie. »Bitte. Habe ich mir das nicht verdient?«
»Das hast du auf jeden Fall. Aber das ist nicht meine Entscheidung. Wenn du die Erlaubnis haben möchtest, Shane zu sehen, dann musst du zu Bishop gehen.« Richards Augen waren gütig, aber unnachgiebig. »lch tue alles, was ich kann, um ihn am Leben zu halten und dafür zu sorgen, dass er sicher ist. Ich möchte, dass du das weißt.«
»Das weiß ich und ich bin dankbar dafür. Ehrlich.« Ihr Mut sank. Irgendwie hatte sie Hoffnung gehabt, obwohl sie gewusst hatte, dass nichts daraus werden würde - weder heute noch sonst irgendwann. Sie studierte ihre Hände, die sie in den Schoß gelegt hatte. »Wie geht es ihm?«
»Shane?« Richard lachte leise. »Was erwartest du? Er ist angepisst. Böse auf die Welt. Er hasst jede Minute dieser ganzen Sache, besonders seit er da drinsteckt, zusammen mit seinem Vater als einziger Gesellschaft.«
»Aber Sie haben ihn gesehen?«
»Ich hab reingeschaut«, sagte Richard. »Offizielle Pflichten. Bisher hat Bishop noch keinen Anlass gesehen, an meiner Kette zu zerren oder mich daran zu hindern, eine Tour durch die Zellen zu machen. Aber wenn ich versuche, dich einzuschleusen...«
»Verstehe.« Und das tat Claire wirklich, aber dennoch war sie zutiefst betrübt. »Fragt er...«
»Shane fragt jeden Tag nach dir«, sagte Richard sehr leise. »Jeden einzelnen Tag. Ich glaube, der Junge liebt dich wirklich. Und ich hätte niemals gedacht, dass ich das je über Shane Collins sagen würde.«
Ihre Finger zitterten jetzt, ein feines Vibrieren, das sie dazu veranlasste, ihre Hände zu Fäusten zu ballen, um es zu beenden. »Ich habe heute Geburtstag.« Sie hatte keine Ahnung, warum sie das sagte, aber zu diesem Zeitpunkt schien es einen Sinn zu ergeben. Es schien wichtig zu sein. Als sie aufblickte, sah sie, dass ihn das überrascht hatte, er fand vorübergehend keine Worte.
»Glückwünsche sind jetzt wohl nicht gerade angebracht«, sagte er. »Du bist jetzt also siebzehn, nicht wahr? Das ist alt genug, um zu wissen, dass du bis über beide Ohren drinsteckst. Claire, geh einfach nach Hause. Verbring den Tag mit deinen Eltern, triff dich vielleicht mit deinen Freunden. Pass auf dich auf.«
»Nein. Ich will Shane sehen«, sagte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube wirklich nicht, dass das so eine besonders gute Idee ist.«
Er meinte es gut, das wusste sie. Er kam um den Tisch herum und legte ihr die Hand in einer Art halber Umarmung um die Schulter und führte sie zur Tür.
Ich gebe nicht auf , dachte sie, sagte aber nichts, weil sie wusste, dass er das nicht gutheißen würde.
»Geh nach Hause«, sagte er und nickte dem Mann zu, dessen Termin Claire in Anspruch genommen hatte. »Mr Golder? Kommen Sie herein. Es geht um Ihre Steuern, richtig?«
»Es wird verdammt teuer, in dieser Stadt zu leben«, knurrte Mr Golder. »Ich kann nicht so viel Blut entbehren, wissen Sie?«
Claire schulterte ihren Rucksack und ging hinaus, um etwas anderes auszuprobieren, was sie vielleicht zu Shane führen würde.
Natürlich war es etwas weit Gefährlicheres.
***
Sie versuchte, es sich auszureden, aber letztendlich ging Claire an den Ort, an dem sie am allerwenigsten sein wollte - dem Founder's Square, dem Vampirbezirk der Stadt. Obwohl helllichter Tag war, lag er verlassen da; normale Menschen trauten sich heute nicht mehr hierher, obwohl es ein öffentlicher Park war; nicht einmal, wenn die Sonne über ihnen strahlte. Einige Polizisten patrouillierten zu Fuß und manchmal glaubte sie, Gestalten in den Schatten unter den Bäumen oder in den dunklen Zwischenräumen
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