Science Fiction Almanach 1981
und in ihren schwarzen Kapuzen waren nur schmale Schlitze, hinter denen ihre Augen hervorblit z ten. Sie sprachen weder mit uns noch miteinander. Wir wu ß ten nicht, ob sie Wächter, Scharfrichter oder einfach nur Führer waren.
Ich wandte mich dem Reiter links von mir zu.
„Erläutere mir, wer oder was du bist und warum du dem Geheiß der Bräute Donsars Folge leistest.“
Der Reiter antwortete mir in einer tiefen, gefühllosen Stimme.
„Ich bin ein Verbrecher. Ich habe in der Wüste von Sarro eine mächtige Gottheit verletzt, die wie eine Kuh aussieht. Ich habe sie nicht für mehr gehalten, als sie schien, und habe versucht, ihrem Euter Milch zu entnehmen. Wegen dieser Respektlosigkeit bin ich dazu gezwungen, sieben Jahre auf Wanderschaft zu bleiben und mich ohne Entgelt jedem rel i giösen Orden zu verdingen, der meine Dienste benötigt. Die anderen fünf, die du da siehst, sind verschiedenen Gottheiten verpflichtet, dasselbe zu tun.“
„Dann hast du also keine spezielle Loyalität gegenüber Donsar?“ fragte ich. „Mußt du jene Maid und mich in den Tod schicken, bloß um einer Laune des Tempels zu geho r chen?“
„Sicher. Und wenn ihr zu fliehen versucht, dann werde ich oder einer von meinen Söldnerbrüdern euch sofort ni e dermachen.“
Bald darauf erreichten wir eine weiße Terrasse, die in die Kreidefelsen gehauen war und zum Strand hinunterführte. Hier wurden die geduldige Lalmi und ich von unseren Pfe r den heruntergehoben und höflich darum gebeten, zum Schauplatz unserer Hinrichtung zu treten.
„Wir sind völlig verloren“, murmelte ich.
„Tatsächlich, so sieht es aus“, sagte sie, aber ich bemerkte darüber keine sonderliche Aufregung. Nur in der Liebe hatte sie Leidenschaft gezeigt, aber in allen anderen Gebieten schienen ihre Gefühle vom Nebel verschleiert.
Unten am Strand stand eine Hütte aus lehmbeworfenen Steinen. Muscheln von verschiedener Größe, Gestalt und unterschiedlichem Glanz bedeckten sie. Hier klopfte unsere Begleitmannschaft an, und ein großer, hagerer Mann mit einer Lampe in der Hand kam heraus.
„Potzblitz!“ rief er aus und sah Lalmi und mich voller Ablehnung an. „Das Land ist voller Übeltäter. Habt ihr diese irregeleiteten Frauen für den Prinzen mitgebracht?“
„So ist es“, sagte einer der Männer mit den Kapuzen.
Wir alle wurden in die Hütte geführt, die größer war, als sie von außen aussah. Lalmi und ich wurden an einen Pfeiler gebunden, der durch einen Verputz aus Sandmollusken und anderen harten Muscheln krustig wirkte. Die sechs Männer und der Hüttenbewohner, dessen Namen sie zu kennen schienen – Grunelt hieß er –, setzten sich an einen Steintisch und tranken aus Eisenbechern.
„Ihr seid unhöflich“, sagte ich. „Ihr bietet uns nichts zu trinken an.“
„Ihr seid sowieso bald Fischfutter“, gab unser Gastgeber gutgelaunt zurück. „Deshalb hat es keinen Sinn mehr, euch den Bauch zu füllen.“
Meine Müdigkeit ließ mich in einen unruhigen Schlaf versinken, aus dem ich bei den ersten kühlen Anzeichen der Morgendämmerung geweckt wurde.
„Beeilt euch jetzt“, trieb uns Grunelt an. „Wenn die So n ne aufgeht, kommt der Prinz, und dann müßt ihr für seine Begrüßung bereit sein.“
„Wer ist dieser Prinz, von dem du da sprichst?“ fragte Lalmi und zeigte damit in der Stunde unserer Not eine u n erwartete Neugier.
„Prinz ist der Name, den ich dem Ding verliehen habe, das aus dem Meer kommt.“
Der Sand am Strand war violett und das Meer so u n durchsichtig wie Jade, aber am östlichen Horizont zeigten sich die ersten blassen Vorboten der Morgendämmerung. Große Goldketten hingen von den Felsen herab, an denen wir mit beunruhigender Präzision befestigt wurden. Weiter oben am Strand warteten die sechs Reiter darauf, daß dieser Teil des Unternehmens abgeschlossen wurde. Als sie sich davon überzeugt hatten, wandten sie sich zum Gehen.
„Lieber Grunelt“, winselte ich, „gleich zwei sind als Festmahl für das Ungeheuer doch sicherlich übertrieben, und vielleicht bekommt es davon eine Magenverstimmung. Laß meine Gefährtin laufen. Ich versichere dir, daß sie an jedem Verbrechen unschuldig ist.“ Diese Worte hatte ich mir zum Teil deshalb abgerungen, weil sie meine erste Liebe war und ich ihren Liebreiz schätzte, zum Teil aber auch w e gen des egoistischen Wunsches von mir, in diesen letzten Sekunden ihre Bewunderung zu gewinnen oder vielleicht das Herz des Mörders zu erweichen und ihn in die Vers
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