Science Fiction Almanach 1983
– Dunkel – Leere -
Und dann auf einmal, wie ein schwerer, unerwarteter Schlag, fluteten die Empfindungen über mich herein: Schmerz!!! Zerreißendes Gewebe – zuckende Arme – sickernder Körpersaft – und Angst, höchste Todesangst: nicht jene fast nüchterne, kühle Überlegung, die mich eben davon überzeugt hatte, daß meine Chancen, das Raumschiff lebend zu verlassen, gering seien – sondern irre, kreisende, tierische Angst vor der Vernichtung – vor reißenden, schneidenden Klauen, die den Leib zerfetzen!
„Was fehlt Ihnen, Gondor Ryan?“ drang wie von fern die Stimme des Koordinators zu mir. „Beruhigen Sie sich – Ihnen droht keine Gefahr! Wir werden einen Weg finden, die Situation zu klären – einen anderen Weg, als ihn der temperamentvolle Marc gehen wollte!“
Ich tauchte wie aus einem tiefen Schacht wieder auf – langsam gewannen die Umrisse der Kabine um mich her wieder Gestalt; und ich zwang mich, endlich wieder verständliche Laute zu formen:
„Nicht – ich – die anderen – die Ryl bei den Ruinen – ein Unglück – sie sind tot – oder sterben –“
„Sie – Sie sind gekommen, um Hilfe zu holen?“
„Nein – ich – habe gespürt – Fernkontakt – ein Ungeheuer mit tausend Klauen – zerreißt sie – „Mir kam zum Bewußtsein, daß all das diesem Roboter ja gleichgültig sein mußte; für ihn waren wir Ryl ja nichts anderes als irgendwelche seltsamen Tiere. „Auch die Menschen – dort – in Gefahr!“ fügte ich hinzu. Gespürt hatte ich davon nichts – aber es war schließlich mehr als wahrscheinlich; ich konnte mir nicht vorstellen, daß die Menschen ein solches Untier herbeigeschafft und auf meine Brüder gehetzt haben sollten – sie waren wohl alle zusammen Opfer dieses unfaßbaren Angriffs.
„Marc – ein Boot!“ hörte ich den Koordinator noch sagen – dann sank ich in tiefes Dunkel zurück.
Der Ort des Unglücks lag ein gutes Stück weit entfernt – irgendwo in der Wüste, im Schatten jener uralten Ruinen, deren Zweck wir heute kaum mehr ahnen konnten.
Und es schien so, als seien diese Ruinen selbst die Ursache der Katastrophe gewesen: Denn es war der Turm, der die Ruinenstätte weithin kenntlich gemacht hatte, unter dessen Trümmern jetzt die leblosen Körper der Ryl und der Menschen begraben lagen, die diese unglückselige Fahrt unternommen hatten. Er mußte – warum, konnten wir uns nicht erklären – eingestürzt sein, gerade als sich die Gruppe an seinem Fuß aufhielt. Aber so schrecklich der Anblick der zerschmetterten Leiber war – ich hätte gewünscht, wir hätten weiter nichts gefunden. Aber hier – zwischen Trümmern und Leichen – stießen wir auf das Schrecklichste: Einen Anblick, der – wie ich aus den Gedanken des Erdwesens Marc spürte – gleich grausig für Menschen wie für Ryl war.
Das Ungeheuer war fast so lang wie drei Erdwesen. Sein stumpfbrauner Leib bog und wand sich unter zahllosen Schuppenringen – und seine vielfach gegliederten Beine zuckten in einer unfaßbaren Vielfalt von Bewegungen: Hier gruben sich seine scharfen Klauen in den noch zuckenden Körper eines sterbenden Ryl – dort hoben sie den zerschmetterten Schädel eines Menschen und ließen ihn wieder fallen – da zerrten sie einen nur Verletzten unter den Trümmern hervor – es war ein Anblick, bei dem mich eine unwiderstehliche Übelkeit schüttelte.
Dem Erdwesen Ralph ging es nicht viel besser – und ich mußte zu meinem eigenen Grauen noch das seine mitspüren. Doch das unausweichliche Gesetz trieb den Weltkoordinator – den Roboter – vorwärts: Er mußte versuchen, die Menschen, die dort unter den Klauen des Untieres zuckten, zu schützen. Er sprang aus dem Boot und lief auf die
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