Science Fiction Almanach 1983
Zonenrandgebiete im Innerdeutschen Ministerium und dem Verein zur Bekämpfung des Gedankengutes der Königin Viktoria & Nachf. – auffordernd auf die Schulter getippt. Wolf, so der bekanntgewordene Name des Chauffeurs, ließ daraufhin das Miniaturfunkgerät rasch in seiner linken Jackettinnentasche verschwinden und drehte den Zündschlüssel. Irgendwo in den Katakomben von Ost-Berlin schaltete zur gleichen Zeit ein frustrierter, unterbezahlter Stasi-Mitarbeiter den nagelneuen Empfänger des VEB Elektronik aus. * * *
„Weißt du eigentlich“, fragte Alf mit einem flüchtigen Stirnrunzeln, als er seine Erektion erschlaffen fühlte, „daß allein auf dem Boden unserer Republik über zehntausend Atomsprengköpfe lagern? Wenn die alle auf einmal hochgehen … nicht auszudenken!“
„Im Moment“, wandte Erika mit dem Sinn fürs Praktische ein, „geht nur was runter.“
„Es handelt sich dabei um eine Frage der Moral“, fuhr Alf unverdrossen fort. Er stemmte seinen bleichen Oberkörper ächzend in die Höhe und rollte zurück auf seine Betthälfte. Ein mildes Quietschen ertönte und brach bald wieder ab, als Alf reglos liegenblieb. Graue Lichtstrahlen fielen durch die löchrigen, heruntergelassenen Jalousien – kraftlose, ungesunde Helligkeit, die nicht dazu angetan war, seine bedrückte Stimmung zu heben. Er fühlte sich seltsam leer, und das konnte nicht nur daran liegen, daß er noch nicht gefrühstückt hatte.
* * * Genau in dieser Sekunde wurde auch die berüchtigte Sache mit Elmar Hintermstein publik, dem Duisburger Referenten für Denkmalschutz und Instandbesetzung und Schatzmeister der Deutsch-Nationalen Stiftung für die Bewahrung von Kultur und Sitte. Aber Alf wußte nichts davon. Und es ist auch fraglich, ob ihn diese Geschichte erheitert hätte. Zumal sich Onnedecker auf den Rücksitz seiner ganz aus Kevlar hergestellten Luxuslimousine flegelte und sich daselbst einen von der Palme holte. Was den halbseidenen Chauffeur zu einem gerafften Kodespruch nach Ost-Berlin verleitete. Später soll Wolf im Gespräch für die posthume Verleihung des Lenin-Ordens gewesen sein. Doch verläßliche Informationen liegen nicht vor. Gerüchte. Kaum läßt einer dieser Kreml-Astrologen einen Furz, verschluckt sich der amerikanische Präsident prompt an seinem gesüßten Gin Fizz und sieht schon die Roten vor den Toren Washingtons stehen. Was Mr. President, den unsäglichen G. Hiram Spoon betrifft, so war er klinisch gesehen zu diesem Zeitpunkt schon tot. Aber davon ahnten weder Alf noch Onnedecker etwas. Von Wolf ganz zu schweigen. * * *
„Man muß nur an der richtigen Stelle ansetzen“, brummte Alf nachdenklich vor sich hin.
„Au, fein“, stimmte Erika funkelnden Blickes zu. „Ich wüßte schon, wo.“
„Es ist der Militarismus, der uns brotlos macht und zur Verderbnis führt. Weißt du eigentlich, womit ich mich während meiner Bundeswehrzeit beschäftigen mußte?“
„Mit Strammstehen“, vermutete Erika. Und fügte mit einem anzüglichen Unterton hinzu: „Aber inzwischen hast du wohl alles vergessen.“
„Ich mußte wie ein Irrer polieren“, erinnerte sich Alf. „Und zwar diesen vertrackten Ladebolzen des vorsintflutlichen Kaliber-204-Geschützes, das sich übrigens auch für den Abschuß von Nukleargranaten eignet. Es war nervenaufreibend, und es dauerte drei Monate. Danach wurde ich zum Planungsstab für Subversives und Vaterland versetzt. Wir druckten massenweise Flugblätter mit zersetzendem Inhalt und schickten sie an Ballons hinüber zu den Roten. Die Volksarmee schoß mit ihrer Flak unsere Ballons ab, und der ganze Scheiß fiel ihnen
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