Science Fiction Almanach 1983
sonnig, der Tag hatte kein Ende und keinen Beginn.
Robinson schwang das Paddel, leckte das von der aufgepeitschten Gischt aufgewirbelte Salz von den Lippen und sah geradeaus. Der Große Strom dehnte sich vor ihm wie ein blaues, an den Horizont heranreichendes Band. Ein Gefühl der Macht durchströmte seine Glieder. Vorwärts, vorwärts, riefen seine Sinne. Du bist dem Ziel schon nahe, bald hast du es erreicht!
Nur … Robinson hielt mitten in der Bewegung inne. Das Rauschen des Wassers schwoll in seinen Ohren zu einem brausenden Orkan an. Was war sein Ziel?
Die Unterbrechung hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Robinson verlagerte das Gewicht seines Körpers, ehe sich das Korakel zu weit nach links neigte und Wasser fing. Vor ihm ragte eine Insel aus dem Strom. Er blinzelte. Ohne nachzudenken steuerte er das Korakel nach Lee. Die Insel unterschied sich, was ihren Bewuchs anging, weder vom rechten noch vom linken Ufer, und es dauerte eine ganze Weile, ehe Robinson von der Neugier gepackt wurde und auf sie zuhielt.
Der Strom schien in der näheren Umgebung des Eilands seichter zu sein als anderswo, denn er hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, an der sich sanft erhebenden Felsenküste anzulegen.
Robinson sprang ins Wasser, packte die Bordwand des Korakels mit beiden Händen und zog es an Land. Ein lederbeschwingter, häßlicher Vogel ohne Gefieder und mit dem Aussehen eines Pteranodons flog krächzend auf, segelte über das Dickicht hinweg und verschwand zwischen den Baumwipfeln.
Robinson sicherte das Boot und sah sich um. Die Insel mochte etwa hundert Meter breit sein; ihre Länge war nicht abzuschätzen. Die Vegetation war ihm ebenso fremd wie alles andere, das er bisher gesehen hatte. Dennoch war sie schön. Die Grashalme, über die er schritt, wucherten einen halben Meter hoch. Der Boden war weich, und dort, wo der Grasteppich dünner war, moosbewachsen.
Der Dschungel dämpfte das Rauschen des Wassers ein wenig, aber nicht allzuviel.
Irgend etwas hatte das Raumschiff aufgeschlitzt wie eine Konservenbüchse. Robinson sah, wie das Vakuum Farrar ergriff und hinauszerrte. Sein Plasthelm krachte gegen die gezackte, klaffende Umrandung des Lecks und barst in tausend Stücke, die langsam, wie im Zeitlupentempo, auseinandertrieben. Lichter blinkten. Farrar s Schrei endete in einem würgenden Röcheln. Robinson fühlte sich hochgehoben, aus dem Sitz gerissen, sah in einem entsetzlichen, viel zu langen Augenblick die hervorquellenden Augen Sikorskys, und dann zog ihn die Dunstwolke des mit der Schnelligkeit eines Wirbelsturms entweichenden Sauerstoffs in die Leere hinaus.
Er fiel und fiel und fiel.
Und schrie.
Die Insel war – wie auch die beiden Ufer des Großen Stromes – unbewohnt, wenn man die überdimensionalen Insekten und ein paar träge in der Sonne liegende Reptilien außer acht ließ. Dennoch fühlte Robinson sich, nachdem er sie umrundet und seinen Streifzug durch den Dschungel beendet hatte, zufrieden und – irgendwie gesättigt. Mit vor der Brust verschränkten Armen stand er an ihrer äußersten, flußabwärts weisenden Spitze und ließ den Blick seiner Augen über die wogenden Wellen schweifen. Rechts von ihm durchbrach eine Herde rötlich glitzernder fliegender Fische den Wasserspiegel, legte mehrere hundert Meter durch die Luft zurück und tauchte dann, die spitzen Schnauzen gesenkt, wieder unter.
Bis zum Horizont war der Große Strom leer. Diese Insel war die einzige, die Robinson bisher gefunden und mit dem Stolz des Entdeckers erforscht hatte. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, daß ihre Existenz ihm etwas zu sagen versuchte, ihm einen Wink geben wollte. Er fühlte sich
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