Science Fiction Almanach 1983
Autoren wohl etwas zu gewagt erschienen sein. Wie oben schon erwähnt, war damals die Psychologie keineswegs Allgemeingut. Die Implikationen der Psi-Kräfte konnten daher kaum erfaßt, geschweige denn dargestellt werden. Den massivsten Einsatz von Mutanten (ohne hier die literarische Umsetzung der Problematik zu berücksichtigen) trifft man in der deutschen SF in der Perry Rhodan- Serie – wo sie durchaus zum Erfolg der Serie beigetragen haben. Im Bereich des Leihbuchs mögen wir J. v. Scheidts haarsträubende Darstellung eines Übermenschen in Sternvogel (Bewin, 1962) als typisch ansehen: Ein superintelligenter Mann muß eingreifen, als das Stellarfieber (das Raumfahrer in den Wahnsinn treibt) eine Raumfahrt so gut wie unmöglich macht. Das Superhirn wird (wie zu erwarten) mit dem Problem fertig und startet zu einer Reise durch die Galaxis. Über ihn heißt es in dem Buch:
„Tes Dayen ist ein Übermensch. Sonst hätte man ihn nicht zum Leiter der Interstellaren Handelsgesellschaft gemacht. Er besitzt den höchsten Intelligenzquotienten unter allen Bewohnern des irdischen Imperiums. Aber Tes Dayen … dürfte der friedlichste Supermann aller Zeiten sein … Tes Dayen ist als einziger Mensch in der Lage, eine spezielle Funktion dieser Maschine (ein Robotgehirn, d. Verf.) kurzzeitig zu ersetzen.“
Man muß sich diese Beschreibung Satz für Satz auf der Zunge zergehen lassen, um sich eine Vorstellung davon machen zu können, wie naiv (gleichzeitig aber auch gefährlich) über das „Übermenschliche“ fabuliert wurde. Eine sehr blauäugige Herangehensweise an den „Großen Bruder“, der alles schon richten wird. Wie weit weg ist das eigentlich noch vom Idealbild des Ariers, wie die Nazis es pflegten?
Gefahren im Denken und Wirken von Mutanten (Übermenschen) erkennt F. Berning ( Gesetz der Mutanten; Bewin, 1963), rutscht aber leider ins gewohnte Strickmuster ab, wenn in dem Roman eine Mutantendiktatur besiegt werden muß, die sich gegen Chinesen, Aliens oder kosmische Barrieren mühelos austauschen ließe.
WUNDERBARE ZUKUNFT
„… und Sie werden spüren, daß es so etwas gibt wie die ewige Menschlichkeit, Liebe – Haß – Leidenschaft …“
(Aus Inhaltsangabe zu: M. Janus, Gangster im Weltraum, a.a.O.)
Gewaltige Leistungen im All. Der Mensch gestaltet den Kosmos und ordnet ihn neu. Wie etwa in W. P. Groegers Sonne für Pluto (Bewin, 1968), wo der Plutomond in eine Sonne umgewandelt werden soll, damit Flüchtlinge auf dem Planeten eine neue Heimat finden können. Natürlich stören Sabotageakte das kühne Vorhaben, und anderes Ungemach tritt auf. Weniger kosmisch sind die Wunder, die man auf der Erde installiert. In A. Jeffers Die Sternenspinne (Hönne, 1953) will man die Straße von Madagaskar eindämmen, um so neue Siedlungsmöglichkeiten für eine überbevölkerte Erde zu schaffen. Aber auch hier bringen wieder Erpresser und andere Schurken das Projekt in Gefahr.
Wir erkennen, wie leichtfertig gigantomanische Projekte an der Schreibmaschine ausgesponnen wurden, die, weil das allein für einen Plot noch nicht ausreichte, mit Gangstern und Spionen umgeben wurden. (Beispiele: A. K. Burmester, Der Damm von Amazonis; Netzsch, 1951; D. Quinlain, Schatten über New York; Luro, 1958 und Gett und Dugga, die Planeten; Luro, 1959; H. Zahlten, Ultimatum vom Himmel; Heros, 1958).
In eine Zukunft zu gelangen, die aller gegenwärtigen Sorgen ledig ist, wo Friede, Harmonie und Fortschritt eingekehrt sind – wie einen Film bekommen Tiefschläfer unserer Zeit dieses Utopia vorgeführt. Die Unausgegorenheit und Blauäugigkeit solcher Idealgesellschaften
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