Science Fiction Almanach 1983
verbreitete Rassismus im Leihbuch. Zu platt sind die Charaktere, zu wenig ausgeformt die Szenarien, die Exotik, das Besondere des Genres.
Doch man muß der Leihbuch-SF zugute halten, daß die an glo-amerikanische SF der fünfziger Jahre über weite Strecken auch nicht so viel mehr zu bieten hatte {27} (die ins Deutsche übertragenen Romane aus USA und Großbritannien fügen sich doch recht gut in das Leihbuch-Gesamtkonzept ein). Die Umbruchtendenzen diesseits und jenseits des Atlantiks, die seit den Sechzigern unzweifelhaft festzustellen sind, erreichten hingegen das SF-Leihbuch nicht mehr. Dazu erwies sich das Medium als zu unbeweglich.
Unbestritten ist das Leihbuch zusammen mit dem Heft bis in die Mitte der sechziger Jahre der Träger der bundesdeutschen SF gewesen. Nach dem Rauch-Fiasko {28} waren die Hardcover für anderthalb Jahrzehnte als Konkurrenten verdrängt (die Bücher des Gebr. Weiß Verlags waren als Jugendbücher konzipiert und spielten daher keine entscheidende Rolle), und die Taschenbücher konnten sich erst gegen Mitte der Sechziger voll durchsetzen. Somit prägten Heft und Leihbuch auch auf lange Zeit das schlechte Image der Science Fiction in unserem Land. Dieser Vorwurf trifft sie nicht unbegründet, wenn man die o.a. stilistischen und thematischen Schwächen berücksichtigt. Die Markt- und Produktionsbedingungen in beiden Medien ließen auch nur selten ein höheres Niveau zu: schnelle Verkäuflichkeit (vor allem beim Heft) und ständige Neuerscheinungen bei großem Angebot und relativ wenigen Autoren (vor allem beim Leihbuch). Die Autoren produzierten schneller (und routinierter, d.h. inhaltlich risikoloser), was auf Kosten des Niveaus ging {29} . Es wäre aber ungerecht, allein die Autoren für das mäßige Niveau verantwortlich zu machen. Die Produktionsbedingungen der Verlage ließen keine anderen Arbeitsmöglichkeiten zu, wenn jemand als SF-Autor sein Einkommen verdienen wollte. Und andere Märkte als Heft und Leihbuch standen ihm nicht offen. Auch heutzutage findet man nur wenige hauptberufliche SF-Autoren, die nicht im Heftbereich (ältere auch im Leihbuch) begonnen haben – angefangen von W. Ernsting und W. Voltz über R. M. Hahn, H. J. Alpers und H. Pukallus bis zu R. Zubeil und A. Brandhorst. So gesehen ist die Bedeutung von Leihbuch und Heft für die bundesdeutsche SF nicht zu übersehen. Erst in den letzten Jahren haben sich die Veröffentliehungsmöglichkeiten um den Bereich des Taschenbuchs vermehrt – vor allem im Bereich der Kurzgeschichte, wo hauptsächlich die Verlage Heyne, Goldmann und Moewig zu nennen sind. Und zaghaft noch, doch mit deutlich steigender Tendenz, öffnen sich auch die Jugendbuch-Verlage.
In seiner Hochzeit, den fünfziger Jahren, spielte das Leihbuch eine wesentlich größere Rolle als das Heft. Erstveröffentlichungen bzw. Originalausgaben fanden im Leihbuch statt. Oft sind die Romane dann im Heft nachgedruckt worden, und zwar in allen gängigen Reihen: Utopia und Utopia-Großband (Pabel), Terra und Terra Extra (Moewig), Luna und Luna-Taschenroman (Lehning), die sich vornehmlich von den Leibuch-Verlagen Bewin, Gebr. Zimmermann, Dörner und Awa Lizenzen nahmen {30} .
Auch spätere Heft-Reihen konzentrierten sich auf Leihbuch-Nachdrucke: Zukunftsroman (Neuzeit), Zauberkreis-Exklusiv und die Einzelromane aus dem Andromeda/Astra-Verlag. Interessant auch die Heft-Reihe aus dem Zauberkreis-Verlag (nicht zu verwechseln mit Zauberkreis Exklusiv): Neben einigen Leihbuch-Nachdrucken sind hier überwiegend auch Leihbuch-Cover verwandt worden. So gut wie keine Neuveröffentlichungen sind
Weitere Kostenlose Bücher