Science Fiction Almanach 1983
mir an.
„Wie fühlen Sie sich, Mr. Stratton?“ fragte er.
Evelyn hielt sich im Arbeitszimmer auf, und ich mußte vorsichtig sein, daß ich mit meinen Worten nicht zuviel verriet.
„Ich sehe oft in den Spiegel“, sagte ich zu Hargreaves. „Außerdem werde ich das Schild an der Außentür mit einer römischen Zwei hinter meinem Namen versehen.“
Er lachte glucksend auf. „Auf jeden Fall tragen Sie es mit Humor. Auch den anderen geht es gut. Wann werden Sie einen neuen Versuch starten?“
„Das liegt an Simmers und Ashley. Ich habe noch nichts von ihnen gehört.“
„Manchmal glaube ich, daß wir einen Fehler machen“, sagte er nachdenklich.
„Wie meinen Sie das?“
„Bisher haben die Fremden noch keine Eroberungsabsichten erkennen lassen. Alles, was sie getan haben, war, daß sie sich gegen unsere Angriffe zur Wehr setzten.“
„Sie haben eine Station auf der Erde errichtet, genügt das nicht?“
„Von unserem Standpunkt – ja! Wir sollten jedoch nicht vergessen, daß sie vielleicht anders darüber denken.
Ich erwiderte: „Dann hätten sie uns ihre Meinung schon sagen können.“
Dr. Hargreaves überlegte längere Zeit. Dann sagte er unvermittelt: „Wenn wir wüßten, woher sie kommen, gäbe es eher eine Möglichkeit, sich mit ihnen zu einigen.“
„Ich bin weder Politiker noch Experte für Invasoren aus dem Kosmos“, sagte ich.
Er schien zu spüren, daß ich das Gespräch beenden wollte, und verabschiedete sich.
„Ich glaube, du hast dich über ihn geärgert“, bemerkte Evelyn, nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte.
„Welche Gefühle sollte ich für einen Mann empfinden, der den gnadenlosen Kampf gegen die Fremden nach Kräften unterstützt, dann aber, wenn er keinen Erfolg sieht, sich plötzlich in einen Pazifisten verwandelt.“
Sie kam zu mir und legte ihre Arme um meine Schultern. Ich fürchtete ihre Annäherung, und sie schien das zu spüren.
„Du bist irgendwie verändert, Ray“, sagte sie. „Es ist gut, daß Dirk Ashley dir Urlaub gewährt. Der Mißerfolg hat dich innerlich erschüttert.“
Sie konnte nicht ahnen, was mich bedrückte. Nachts hatte ich Alpträume. Das Bild meiner Leiche erschien mir in fürchterlichen Visionen. Evelyn zeigte viel Geduld, ohne mir helfen zu können. Manchmal wünschte ich, daß Ashley anrufen und mich zur Arbeit bestellen würde. Nur wenn ich mich mit aller Kraft auf das Projekt konzentrierte, konnte ich Ablenkung finden.
So verstrichen mehrere Tage, in denen ich ruhelos durch unsere Wohnung wanderte, als sei ich ständig auf der Flucht vor mir selbst. Ich verließ das Haus nicht, obwohl Evelyn versuchte, mich zu Spaziergängen oder Kinobesuchen zu bewegen.
Am achten Tag nach meinem mißglückten Einsatz saß ich mit Evelyn vor dem Fernsehgerät. Ich glaubte, daß wir beide den Spielfilm mit nicht großem Interesse verfolgten.
Als ich mich gerade entschlossen hatte, das Gerät abzuschalten, wurde die Klingel an der Haustür zweimal hintereinander betätigt. Das war das Zeichen, das nur unsere guten Bekannten benutzten. Evelyn schaltete den Fernseher ab und blickte mich fragend an.
„Vielleicht ist es Ashley“, sagte ich. „Es ist besser, wenn wir öffnen.“
Es klingelte wieder.
„Ich werde gehen“, erbot sich Evelyn.
Ich beobachtete, wie sie durchs Zimmer auf den Flur hinausging. Die Tür schwang hinter ihr zu. Ich hörte, wie sie aufschloß, und wartete darauf, Ashleys Stimme zu vernehmen.
Da stieß Evelyn einen fürchterlichen Schrei aus.
Ich sprang auf, stieß den Sessel zur Seite und stürmte auf den Flur hinaus. Evelyn lehnte mit blassem Gesicht und aufgerissenen Augen an der Garderobe. Sie starrte mich an wie einen Geist.
In der Tür stand ein Mann. Wir sahen uns an und
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