Science Fiction Almanach 1983
eines einzigen Mannes leben.
Eine Persönlichkeit ist unteilbar. Es war mir klar, daß der andere Stratton die gleichen Gedanken haben mußte. Es gab nichts, was wir nicht gemeinsam denken würden.
„Was sollen wir tun?“ fragte ich verzweifelt.
Ich spürte, daß ich innerlich einem Chaos zutrieb. Der Abgrund des Wahnsinns lockte mit seinen finsteren Kräften.
„Wir müssen mit Ashley sprechen“, sagte ich. „Er muß uns helfen.“
Wir, die beiden Stratton-Körper, gingen ins Zimmer. Evelyn kauerte im Sessel. Ich wäre gern zu ihr gegangen und hätte sie beruhigt. Mein Duplikat blickte mich an, da wußte ich, daß er die gleiche Idee hatte.
Das Verhängnis, das über uns hereingebrochen war, zeigte seine Folgen immer deutlicher. Wir konnten ihm nicht mehr entrinnen. Auch Ashley würde uns nicht helfen können.
Es gab zwei gleichwertige Ray Strattons.
6
Dirk Ashley befeuchtete sorgfältig seine Lippen, bevor er sprach.
„Niemand konnte das vorhersehen“, bemerkte er vorsichtig. „Das ist ein einmaliger Fall, mit dem wir uns auseinanderzusetzen haben.“
Ich glaube, er war erleichtert darüber, daß sich bei dem Problem mit den Fremden eine Lösung anbot. Er hätte es als angenehm empfunden, wenn wir ihn nicht länger belästigt hätten.
„Schade, daß Hargreaves’ Maschine nicht rückwärts funktioniert“, sagte ich mit bitterem Sarkasmus.
Ashley blickte hilfesuchend zu Evelyn, die wie eine Puppe im Sessel hockte.
„Wir mußten dich für tot halten“, sagte er zu mir. „Wir konnten nicht ahnen, daß du zurückkommst.“
„Natürlich, natürlich. Wer will jetzt den Verantwortlichen suchen?“ Ich war abgesprungen. „Kannst du uns sagen, wie wir weiterleben sollen, Dirk?“
„Einer von euch könnte in ein anderes Land auswandern“, schlug er vor.
„Dann muß einer von uns dies alles aufgeben. Evelyn würde mit dem Bewußtsein weiterleben, daß es noch einen zweiten Stratton gibt, der sie liebt.“
„Wir sollten Hargreaves fragen“, antwortete er ausweichend.
Ich schaute ihn an und wußte plötzlich, was ich tun mußte, um unser Problem zu lösen.
Es gab nur diese Möglichkeit.
7
Der Schulhof lag still und verlassen. Ich umklammerte mit beiden Händen den Fenstersims und zog mich daran hoch. Ohne zu zögern, schlug ich die Scheiben des Musikzimmers ein.
Ich schwang mich in den vollkommen dunklen Raum. Für das, was ich vorhatte, benötigte ich jedoch kein Licht.
Wenn ich meinen Plan perfekt ausführen wollte, dann mußte die Maschine vernichtet werden, damit es niemals zu weiteren Reproduktionen Ray Strattons kommen konnte. Vielleicht war Dr. Hargreaves nicht mehr in der Lage, eine neue Maschine zu bauen – ich wußte, daß er der einzige Mensch war, der die Pläne dafür kannte. Er war schon ein alter Mann.
Ich wußte, daß ich mit der Vernichtung der Maschine auch die Hoffnungen vieler Prominenter zerstören würde, nach ihrem Tod als reproduzierter Körper weiterzuleben.
Ich tat ihnen einen Gefallen, wenn sie mich auch dafür hassen würden.
Schließlich wußte ich nur zu gut, wie ein Duplikat fühlt und lebt.
Ich griff in die Tasche und zog die Giftkapsel hervor. Es fällt schwer, aus dem Leben zu scheiden, auch wenn man nur eine Reproduktion ist. Doch das Bewußtsein, daß mein Ich in Ray Stratton, dem Original weiterleben würde, machte es leichter. Ich tat es jedoch nicht nur für ihn und für mich, sondern für Evelyn. Sie konnte nur mit einem von uns zusammen sein, mit dem ursprünglichen Ray Stratton.
Ich schob die Kapseln in den Mund und zerbiß sie. Ohne zu zögern, schluckte ich die bittere Flüssigkeit. In spätestens einer halben Stunde würde ich tot sein. Es gab kein Gegenmittel gegen dieses Gift.
Ich dachte an
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