Science Fiction Almanach 1983
schaden könnten.
„Die Kuppel!“ flüsterst du. „Es hat nicht geklappt, nicht wahr?“
„Die Bombe ist nicht explodiert“, hörst du Ashley antworten. „Nur das Katapult hat funktioniert und dich herausgeschleudert.“
Du blickst mit aufgerissenen Augen an im vorüber.
Irgendwo dort draußen, nahe der Kuppel, liegt eine Leiche.
Deine Leiche!
Deine zerschmetterte Leiche.
Du mußt aufhören, daran zu denken, denn der Taumel des Wahnsinns lauert hinter diesem Gedanken. Du beginnst zu frieren, und sie holen dir einen Mantel.
Als sie dich aus dem ehemaligen Schulgebäude hinausführen, ist es dunkle Nacht. Im Park, auf der anderen Seite der Straße, rauschen die Blätter der Bäume. Auch während der Nacht werden die großen, weißen Schwäne auf dem Wasser sein, lautlos dahingleiten in der kühlen Sommernacht.
Der Gedanke an ihre majestätische Bewegungen erfüllt dich mit Trauer.
Dirk Ashley führt dich zu einem parkenden Auto. Behutsam hilft er dir beim Einsteigen.
„Kennst du den kleinen See dort drüben im Park?“ fragst du ihn.
Er sieht dich merkwürdig an. „Nein“, sagt er. „Ich habe keine Zeit für Spaziergänge.“
„Sie haben Schwäne dort ausgesetzt“, sagst du, weil du denkst, daß er etwas von ihrer Schönheit fühlen müßte – so wie du.
„Schwäne“, wiederholt er. „Auch Enten?“
„Sie sind wie Könige, wenn sie über den Weiher gleiten“, sagst du, ohne auf ihn zu hören.
„Na, wenn schon“, knurrt er.
Der Motor springt an. Sein Brummen zerbricht die Stille der Nacht. Ashley drückt dich sanft ins Polster zurück.
Zeit verstreicht, während der Wagen über unbelebte Straßen rollt.
Du kauerst im Sitz.
Du Abziehbild! Du billiges, kitschiges Abziehbild!
Der Motor verstummt. Eine Weile sitzen Ashley und du schweigend nebeneinander.
„Wir sind da“, sagt Ashley dann in seiner unkomplizierten Art. „Deine Frau wird sich freuen.“
Freuen? Evelyn wird sich niemals über ein Monstrum, über einen Androiden freuen können. Du steigst aus und siehst dein Haus. Warum kommt sie nicht heraus, um dich zu begrüßen? Wahrscheinlich schläft sie schon. Es ist sehr spät, sicher nach Mitternacht.
Ashley bleibt am Wagen stehen.
Etwas schwankend gehst du durch den Vorgarten auf den Eingang zu.
Du blickst zurück und glaubst Ashley, das Reptil, in der Dunkelheit zufrieden lächeln zu sehen. Du drückst auf die Klingel. Alles kommt dir bekannt vor.
Nach einer Weile hörst du Schritte hinter der Tür. Alles in dir drängt danach davonzurennen, um ihr nicht in die Augen blicken zu müssen. Aber du bewegst dich nicht. Du stehst da und wartest.
Die Tür wird geöffnet, und du stehst vor deiner Frau.
Du siehst ihr Lächeln, dieses sanfte Lächeln.
Da erkennst du, daß sie ihr nichts gesagt haben. Sie weiß nicht, daß du nicht das Original bist. Sie wird dich küssen, wie sie den anderen geküßt hat. Für sie gibt es keinen Unterschied. Du willst etwas sagen, aber deine Kehle ist wie zugeschnürt. Du kannst sie nur ansehen.
Auf der Straße heult der Motor von Ashleys Wagen auf.
„Warum ist er nicht mitgekommen?“ fragt Evelyn. „Er hätte sicher eine Tasse Kaffee mit uns getrunken.“
Manchmal könnte man glauben, daß auch Ashley so etwas wie Gefühle hat.
„Komm doch herein“, sagt sie.
Du kennst jedes einzelne Möbelstück in den Zimmern. Du weißt, wo deine Pfeife liegt, kennst den Platz aller Bücher und Zeitschriften. Alles ist dir vertraut.
Und doch bist du ein Fremder.
4
Für eine Weile schien es, als gäbe es keine Kuppel mit fremden Wesen, keinen Raketenstartplatz in der Wüste und keine Maschine von Dr. Hargreaves. Ashley ließ nichts mehr von sich hören, wahrscheinlich glaubte er, daß mir eine Ruhepause nicht schaden könnte. Zwei Tage, nachdem Dr. Hargreaves mich reproduziert hatte, rief er bei
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