Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
Ideen! Lew ist ein wenig zu …zu geschäftsmäßig, nicht wahr? Ich meine, das ist nötig, um Erfolg zu haben und all das. Aber Erfolg ist nicht alles. Ich meine, man muß auch Kultur haben. Sie helfen mir doch, meine Kultur zu bewahren, oder, Sam?“
„Sicher!“ sagte Sam, ohne hinzuhören. Das Band war vollständig. Und jetzt mußte er anfangen. „Ich tu das gerne – ganz bestimmt.“
Er klingelte nach dem Lift und bemerkte, wie sie ihm immer noch verblüfft nachsah. „Machen Sie sich doch keine Sorgen, Tina! Sie und Lew, Sie beide werden sehr glücklich miteinander sein. Und dieses Hochzeitgeschenk wird Ihnen gefallen. „Aber nicht so gut wie mir“, dachte er, als er die Liftkabine betrat.
Wieder in seinem Zimmer, leerte er die Maschine aus und zog sich aus. In wenigen Augenblicken hatte er ein weiteres Band mit seinen Daten hergestellt. Er hätte es gerne eine Weile betrachtet; aber so kurz vor dem Ziel war er ungeduldig. Er versperrte die Tür, machte schnell Ordnung in seinem Zimmer, befahl der Kiste, sich zu öffnen – und war bereit.
Zuerst das Wasser. Bei der Unmenge Wasser, die der menschliche Körper brauchte – besonders der Körper eines Erwachsenen –, konnte er ebensogut jetzt schon anfangen, es zu sammeln. Er hatte ein paar Töpfe gekauft, und sein einziger Wasserhahn würde einige Zeit brauchen, um sie alle zu füllen.
Als er den ersten Topf unter den Hahn stellte, fragte sich Sam plötzlich, ob die chemischen Unreinheiten vielleicht das Endprodukt beeinflussen konnten. Natürlich war das möglich! Diese Kinder des Jahres 2353 würden wahrscheinlich absolut reines H2O benutzen; in dem Handbuch hatte darüber nichts gestanden. Aber woher sollte er wissen, was für Wasser sie hatten? Nun, er würde sein Wasser eben abkochen. Und wenn er dann mit der Produktion Tinas begann, würde er sehen, ob er aqua völlig pura bekommen konnte.
Wieder ein Punkt mehr, der dafür sprach, zuerst ein Duplikat Sams herzustellen.
Während er darauf wartete, daß das Wasser kochte, legte er sich seine Utensilien zurecht. Der Vorrat begann bereits abzunehmen. Er hatte eine ganze Menge nützlicher Zutaten für das Baby gebraucht; es ist jammerschade, daß er es nicht fertiggebracht hatte, es zu demontieren. Das bedeutete aber auch, daß er sein eigenes Duplikat unter keinen Umständen leben lassen durfte. Er mußte es zerlegen, um genug für Tina II (oder Tina I?) zu haben.
Er blätterte die Kapitel VI, VII und VIII noch einmal durch, um sich erneut mit den Bestandteilen, der Konstruktion und der Demontage eines Menschen vertraut zu machen. Er hatte das schon einige Male getan, aber Wiederholungen in letzter Minute hatten ihm schon bei den juristischen Examina geholfen.
Die häufigen Hinweise auf geistige Instabilität beunruhigten ihn. „Die mit diesem Baukasten konstruierten Menschen werden im besten Fall den Großteil der abergläubischen Tendenzen und Neurosen der mittelalterlichen Menschheit zeigen. Insgesamt betrachtet, sind sie nicht normal. Seid euch dessen immer bewußt!“
Nun, in Tinas Fall würde das keinen großen Unterschied machen – und das war das einzige, worauf es ankam.
Als er seine Eiweißbausteine richtig abgepaßt hatte, befestigte er den Vitalisator am Bett. Dann – sehr langsam und immer wieder das Buch zu Rate ziehend – begann er Sam Weber zu duplizieren. In den nächsten zwei Stunden erfuhr er mehr über seine physischen Grenzen und Fähigkeiten, als je ein Mann über sich selbst gewußt hatte.
Eigenartigerweise empfand er weder Ehrfurcht noch das Gefühl einer Leistung. Es war, wie wenn man zum erstenmal ein Radio baut. Ein Kinderspiel.
Die meisten Gläser und Töpfe waren leer, als er fertig war. Die feuchten Bausteine waren noch in der Kiste, jeder an seiner Stelle. Das Lehrbuch lag auf dem Boden.
Sam Weber stand neben dem Bett und blickte auf Sam Weber auf dem Bett herunter.
Jetzt mußte er ihn nur noch beleben. Er wagte es nicht, zu lange zu warten, sonst könnten sich Unregelmäßigkeiten einstellen und die Fehler des Babys sich wiederholen. Er schüttelte ein beklemmendes Gefühl der Unwirklichkeit ab, überzeugte sich, daß das große Demontagegerät in Griffweite war, und setzte den Schnellvitalisator in Bewegung.
Der Mann auf dem Bett hustete. Er regte sich. Er setzte sich auf. „He!“ sagte er. „Gar nicht schlecht, wenn ich das sagen darf!“
Und dann war er vom Bett gesprungen und hatte das Demontagegerät gepackt. Er warf es auf den Boden und trampelte darauf herum.
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