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Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Titel: Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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„Über meinem Kopf wird kein Damoklesschwert hängen“, verkündete er Sam Weber, der mit offenem Mund dastand. „Obwohl ich es natürlich an dir hätte benutzen können. Aber das fällt mir jetzt erst ein.“
    Sam setzte sich langsam auf die Matratze. Sein Geist hatte inzwischen aufgehört zu routieren und war langsam wieder zum Stillstand gekommen. Die Hilflosigkeit des Babys und des Mannikins hatte ihn so beeindruckt, daß er überhaupt nicht von der Möglichkeit geträumt hatte, sein Duplikat könnte das Leben mit solchem Enthusiasmus betreten. Dabei hätte er das ahnen müssen! Das hier war ein ausgewachsener Mann, der in einem Augenblick völliger physischer und geistiger Aktivität erschaffen worden war. „Das ist schlimm!“ sagte er schließlich mit heiserer Stimme.
    „Du bist instabil. Man kann dich nicht auf die normale
    Gesellschaft loslassen.“
„Ich – instabil?“ fragte sein Widerpart. „Was redest du
denn da! Ein Bursche, der sein ganzes Leben lang den
Mond angestarrt hat, der eine herausgeputzte, überspannte
Ansammlung biologischer Impulse heiraten will, obwohl
sie zu jedem Mann gekrochen käme, der auf die richtigen
Knöpfe drückt …“
„Laß Tina aus dem Spiel!“ herrschte Sam ihn an. Sein Double grinste. „Okay, meinetwegen! Aber jetzt
hör zu, Sam oder Weber oder wie ich dich nennen soll! Du
kannst dein Leben leben, und ich werde das meine leben.
Ich werde nicht einmal Rechtsanwalt werden, falls dich das
glücklich macht. Aber was Tina betrifft, jetzt, da es keine
Bestandteile mehr gibt, um eine Kopie herzustellen, habe
ich genügend von deinen Gefühlen in mir, um sie zu wollen. Und ich kann sie haben, was man von dir nicht behaupten kann. Du hast nicht den Mumm dazu.“
Sam sprang auf und ballte die Fäuste. Dann sah er, daß
der andere genau gleich groß und offenbar etwas schneller
war. Es hatte keinen Sinn, zu kämpfen – bestenfalls würde
das zu einem Unentschieden führen. Also begann er wieder
zu argumentieren. „Nach dem Handbuch“, begann er,
„neigst du zu Neurosen …“
„Das Handbuch! Das Handbuch ist für die Kinder vierhundert Jahre in der Zukunft geschrieben, für Kinder, die
das Produkt von Zuchtwahl und wissenschaftlicher Erziehung sind. Ich persönlich glaube, daß ich …“
Es klopfte zweimal an der Tür. „Mr. Weber?“
„Ja“, sagten beide gleichzeitig.
Draußen war die Wirtin. Ihre Stimme klang unsicher.
„Der Herr ist unten. Er möchte Sie sprechen. Soll ich ihm
sagen, daß Sie da sind?“
„Nein, ich bin nicht zu Hause“, sagte das Double. „Sagen Sie ihm, daß ich vor einer Stunde weggegangen
bin“, rief Sam im genau gleichen Augenblick.
Draußen holte die Frau tief Luft, und dann entfernten
sich ihre Schritte schnell.
„Wirklich schlau!“ platzte Sams Faksimile heraus.
„Kannst du nicht den Mund halten? Die arme Frau ist jetzt
ganz durcheinander.“
„Du vergißt, daß das hier mein Zimmer ist und du bloß
ein Experiment, das schiefgelaufen ist!“ brauste Sam auf.
„Ich habe dasselbe Recht – ja, ich habe mehr Recht … He,
was soll das?“
Der andere hatte den Kleiderschrank aufgerissen und
stieg jetzt in ein Paar Hosen. „Ich ziehe mich an. Du kannst ja nackt herumstolzieren, wenn es dir gefällt, aber ich
möchte normal aussehen.“
„Ich habe mich ausgezogen, um meine Maße … oder
deine Maße zu nehmen. Das hier sind meine Kleider, und
das ist mein Zimmer …“
„Beruhige dich! Vor Gericht könntest du das nie beweisen. Zwinge mich nicht, mit dem alten Quatsch anzufangen, was dir gehört, gehört mir auch und all das!“ Schwere Schritte hallten über den Korridor. Sie blieben
vor dem Zimmer stehen. Rings um sie hallte es unwirklich
und einen Augenblick empfanden sie unerträgliche Hitze.
Dann verhallte das Echo. Die Wände hörten auf zu zittern. Schweigen und der Geruch von brennendem Holz. Sie wirbelten herum und sahen einen schrecklich großen
und schrecklich alten Mann in langem, schwarzem Mantel
durch die noch rauchenden Reste der Tür treten. Viel zu
groß für den Eingang. Und dennoch bückte er sich nicht,
sondern zog den Kopf herunter und ließ ihn wieder hochschießen. Instinktiv traten sie näher zueinander.
Seine Augen, ganz aus schwarzer Iris bestehend, ohne
das geringste Weiß, lag tief im Schatten seines Kopfes. Sie
erinnerten Sam Weber an die Abtastorgane des Biokalibrators. Sie tabellierten, deduzierten, sahen aber nichts. „Ich hatte Angst, zu spät zu kommen“, grollte seine
Stimme schließlich.

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