Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
Sohn als geistig ebenbürtig.
„Bitte, Herr Lehrer! Was?“
„Dein Bewußtsein. Und sag nicht: ,Was ist das?’! Auch der Herr Lehrer weiß es nicht. Sicher ist lediglich, daß wir uns jeweils nur eines einzigen Augenblicks bewußt sind. Dieser Augenblick ist die Illusion des ‚Jetzt’! Jetzt ist jetzt, und es war ‚Jetzt’, als du die Frage stelltest, und es wird ‚Jetzt’ sein, wenn ich aufhöre zu sprechen, aber jedesmal handelt es sich um einen anderen Augenblick. Wir bilden uns ein, daß all die ‚Jetzt’ an uns vorbeirasen. In Wirklichkeit aber stehen sie still, und unser Bewußtsein hastet an ihnen vorüber.“
Der Vater dachte über diesen Punkt eine ganze Weile nach. Dann richtete er sich auf. „He“, rief er plötzlich, „wenn irgendein Teil unseres Ego sozusagen ,zeitfrei’ ist und von einem Augenblick zum anderen wandert, dann kann dieser Teil nicht körpergebunden sein, da ja der physische Körper in jedem Augenblick, durch den das Bewußtsein geht, existiert. Ist aber ein Teil nicht körpergebunden, dann gibt es keinen Grund dafür, daß er seine Existenz verliert, wenn der Körper stirbt. Dann liegt darin also die logische Evidenz für ein Fortleben nach dem Tode, ganz unabhängig von jeder angeblichen Verbindung mit der Geisterwelt. Du kannst alle Bücher, die sich damit beschäftigen, zum Fenster hinauswerfen und behältst noch immer deine Evidenz.“
„Daran hatte ich gar nicht gedacht“, gab Allan zu. „Ich glaube fast, du hast recht. Stellen wir das aber mal zurück und fahren wir in unserem Gespräch über die Zeit fort! Man ‚verliert sein Bewußtsein’ wie zum Beispiel im Schlaf. Wohin geht es? Ich glaube ganz einfach, daß es sich im Augenblick deines Einschlafens loslöst und sich entlang der Linie der Augenblicksreihenfolge rückwärts oder vorwärts bewegt, und zwar zu einem früheren oder späteren Moment, an dem es sich dann festsetzt.“
„Und warum wissen wir davon nichts?“ fragte Blake Hartley. „Es scheint, als geschehe es nie. Wir gehen heute nacht schlafen, und es ist immer morgen früh, wenn wir aufwachen. Nie vorgestern oder im vergangenen Monat oder letztes Jahr.“
„Es scheint, als geschähe es nie oder fast nie. Da hast du schon recht. Weißt du auch, warum? Weil nämlich das Bewußtsein, wenn es sich vorwärts bewegt, sich an einen Augenblick attachiert, in dem das körperliche Gehirn noch Erinnerungen an den vorangegangenen, bewußt erlebten Moment enthält. Du erwachst und erinnerst dich des Abends zuvor, weil dies die Erinnerung ist, die dein Geist in diesem Augenblick enthält, und dahinter liegen Erinnerungen aller dazwischenliegenden Ereignisse. Verstehst du?“
„Jawohl. Wie aber steht es mit der Rückwärtsbewegung, ich meine in der Art dessen, was du selbst erlebt hast?“
„Dieses Erlebnis mag nicht einzigartig sein, obwohl ich nie von einem auch nur ähnlichen Fall gehört habe. Meist geht das doch so vor sich, daß die vom Bewußtsein zurückgetragenen Erinnerungen im Unterbewußtsein begraben werden. Du weißt ja selbst, wie dünn die Wand zwischen Bewußtsein und Unterbewußtsein ist. Jene Träume Dunnes und die Fälle in Tyrells Buch sind auf Undichtigkeiten zurückzuführen. Daher kommt es auch, daß Vorauswissen oder Ahnungen gewöhnlich unvollständig, verzerrt und im allgemeinen trivialer Natur sind. Das Wunder liegt nicht darin, daß es nur so wenig gute Fälle gibt. Das Überraschende ist, daß es überhaupt welche gibt.“ Allan schaute auf die vor ihm liegenden Notizen. „Ich habe noch nicht damit begonnen, eine Theorie dafür zu suchen, wie es kam, daß ich es fertigbrachte, mich an alles zu erinnern. Vielleicht waren es die Strahlungen der Bombe oder die Wirkungen der Narkose oder beides zusammen oder etwas hier auf dieser Seite oder eine Kombination aller drei Möglichkeiten. Die Tatsache aber bleibt bestehen, daß meine unterbewußte Schranke nicht funktionierte und alles durchkam. Du siehst also, daß ich besessen bin – von meiner eigenen zukünftigen Identität.“
„Und ich hatte schon Angst, daß sich deiner vielleicht – nun, vielleicht ein Außenseiter bemächtigt haben könnte.“ Blake Hartley lachte zögernd. „Ich gebe gerne zu, Allan, daß mich das, was passiert ist, im höchsten Grade erschreckt hat. Jenes andere aber – ich glaube, das hätte ich einfach nicht ertragen.“
„Nein! Sicher nicht, ohne den Verstand zu verlieren! Ich bin aber wirklich und wahrhaftig dein Sohn. Ich bin das gleiche Wesen wie
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