Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
was er selbst in den ersten paar Minuten nach seinem Aufwachen erlebt hatte.
„Ich wollte, ich wäre selbst sicher, was sich ereignet hat, Papa“, sagte er. „Siehst du, als ich heute morgen erwachte, hatte ich nicht die geringste Erinnerung an das, was ich gestern getan habe. Das heißt, an nichts, was am 4. August 1945 geschehen war“, erläuterte er. „Ich war hundert Prozent sicher, ich sei ein Mann im Alter von dreiundvierzig Jahren, und meine letzte Erinnerung war, daß ich, durch eine Bombenexplosion verletzt, auf einer Tragbahre lag. Ich war genauso davon überzeugt, daß sich dies im Jahre 1975 zugetragen habe.“
„Was?“ Der Vater setzte sich auf. „Sagtest du neunzehnhundertfünfundsiebzig?“ Er dachte einen Augenblick nach. „Das stimmt. 1975 wirst du dreiundvierzig Jahre alt sein. Eine Bombe, sagtest du?“
Allan nickte. „Während der Belagerung von Buffalo im Dritten Weltkrieg“, sagte er. „Ich war Hauptmann in G 5 – Wissenschaftliche Kriegsführung – und dem Generalstab zugeteilt. Eine transpolare Luftinvasion Kanadas hatte stattgefunden, und man hatte mich an die Front geschickt, um festzustellen, woran es lag, daß ein neues Schmieröl für Kampfwaffen versagte. Eine Woche nach meinem Eintreffen fiel Ottawa, und der Rückzug begann. Wir leisteten um Buffalo herum Widerstand, und dort hat es mich erwischt. Ich erinnere mich, daß ich gefunden wurde und eine Injektion bekam. Das nächste, woran ich mich erinnere, ist, daß ich droben in meinem Bett lag, und zwar im Jahre 1945, und daß ich sozusagen wieder in meinem eigenen, dreizehn Jahre alten Körper steckte.“
„Ach, Allan, du hast einfach den Alptraum aller Alpträume gehabt“, versicherte der Vater mit einem etwas zu herzlichen Lachen. „Das ist alles.“
„Das war auch das erste, woran ich selbst dachte. Leider mußte ich diese Idee aber aufgeben. Sie stimmt einfach mit den Tatsachen nicht überein. Schau mal her! Ein normaler Traum ist sozusagen ein Teil des Gehirns des Menschen, der träumt. Hier aber, in meinem Falle, ist der Teil etwa zweitausend Prozent größer als das Gehirn, das ihn produziert hat. Was natürlich absurd ist.“
„Meinst du damit dieses Zeug über die Schlacht bei Buffalo? Dafür ist die Erklärung ganz einfach. Alle Radiosprecher haben in den letzten Tagen nichts anderes getan, als sich mit den Schrecken des Dritten Weltkrieges zu beschäftigen. Selbst wenn du es nicht gewollt hättest, wäre es nicht zu vermeiden gewesen, daß du etwas davon in dich aufgenommen hättest. Du hast ganz einfach ein unverdautes Stück von K. V. Kaltenborns Radiokommentar in dir, einen Brocken, der dein Unterbewußtsein in Aufruhr versetzt.“
„Es handelte sich nicht nur um den Dritten Weltkrieg. Alles andere war genauso vorhanden. Meine vier Jahre im Gymnasium und meine vier Jahre auf der Universität und meine sieben Jahre als Berichterstatter beim Philadelphia Record. Und meine Romane ‚Kinder des Nebels’, ,Rose des Todes’, ‚Der Weg des Siegers’. Das alles war nichts Kindliches. Noch gestern hätte ich bestimmt nicht irgendeine Idee gehabt, die ich in meinen Detektivgeschichten verwendet habe, welche ich unter einem Pseudonym veröffentlichte. Dann meine Liebhaberei: Chemie. Ich war sogar ein recht guter Chemiker. Bekam zwei Patente, mit denen ich ebensoviel Geld verdiente wie mit meiner schriftstellerischen Arbeit. Glaubst du wirklich, daß ein Dreizehnjähriger das alles nur im Traum erfunden hat? Oder paß mal auf: Du sprichst doch Französisch, nicht wahr?“ Er wechselte hinüber in diese Sprache und redete eine ganze Weile in gutem Unterhaltungsfranzösisch. „Schade, daß du kein Spanisch sprichst!“ fügte er nun wieder auf Englisch hinzu. „Abgesehen von meinem mexikanischen Akzent spreche ich Spanisch noch besser als Französisch. Und ich kann auch etwas Deutsch und Russisch.“
Blake Hartley starrte seinen Sohn lange sprachlos an. Es dauerte dann eine gewisse Zeit, ehe er sich dazu bringen konnte zu reden.
„Ich konnte dir kaum folgen, als du Französisch sprachst“, gab er zu. „Ich kann beschwören, daß du in den bisherigen dreizehn Jahren deines Lebens absolut keine Möglichkeit hattest, es zu lernen. Schön also! Du hast, wie du sagst, bis 1975 gelebt. Dann erwachtest du ganz plötzlich wieder hier, warst dreizehn Jahre alt, und das Jahr war 1945. Ich nehme an, du erinnerst dich an alles, was dazwischenliegt?“ fragte er. „Hast du jemals James Branch Cabell gelesen? Erinnerst
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