Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
nun zu Ende.
„Ich mußte es tun, um dich daran zu hindern, mit dem Ding herumzuspielen“, sagte er. „Ich wollte nicht, daß du herausfändest, daß ich den Bolzen entfernt habe.“
„Was hast du getan?“
„Gutchall hat sich den Revolver nicht geholt, um damit einen Hund zu erschießen. Er besitzt keinen Hund. Seine Absicht ist, seine Frau damit umzubringen. Er ist ein religiös Wahnsinniger. Hat Visionen, hört Stimmen, empfängt Offenbarungen, spricht mit dem Heiligen Geist. Wahrscheinlich hat ihm der Heilige Geist diese neueste Dummheit eingegeben. Ich behaupte, daß keinem Mann, der lange Gespräche mit dem Herrgott führt, ein Revolver anvertraut werden darf. Das gleiche gilt für einen Mann, der lügt, wenn er erzählt, wofür er eine Pistole ausleihen will. Um alles gleich von Grund auf zu regeln, habe ich dann auch, als ich droben im Schlafzimmer war, rasch die Polizei angerufen. Ich mußte mich deines Namens bedienen. Ich machte meine Stimme tief und sprach durch ein Taschentuch.“
„Du …“ Blake Hartley fuhr auf, als wäre er von einer Tarantel gestochen. „Warum mußtest du auch das noch tun?“
„Das weißt du doch selbst. Ich hätte nicht zu ihnen sagen können: ,Hier spricht Klein Allan Hartley, dreizehn Jahre alt. Bitte, Herr Polizist, verhaften Sie Frank Gutchall, ehe er – bum bum bum – seine Frau mit Papas Lueger erschießt!’ Das hätte bei Gott gut gezogen, was?“
„Nun nimm einmal an, er wollte wirklich nur einen Hund erschießen! Dann werd ich hübsch in der Tinte sitzen, was?“
„Keineswegs! Wenn ich mich irre – aber das ist ausgeschlossen –, nehm ich alles auf mich. Man wird die ganze Sache als einen dummen Kinderstreich hinnehmen, und das ist alles. Habe ich aber recht, dann mußt du für mich geradestehn. Deinen Namen werden sie nicht erwähnen. Mir aber würden sie ‘ne Menge billige Heldenjungenpublizität anhängen, die ich nicht mag.“ Er nahm seinen Bleistift wieder auf. „In ungefähr zwanzig Minuten werden wir um das Ergebnis wissen.“
Er hatte die Zeitdauer um etwa zehn Minuten unterschätzt. Es dauerte noch eine weitere Viertelstunde, bis der Detektiv, der den Lueger zurückbrachte, damit fertig war, Blake Hartley zu gratulieren und ihm den Dank der Polizei auszudrücken. Nachdem er gegangen war, nahm der Anwalt den Lueger in die Hand, entfernte daraus das Magazin sowie die in der Kammer liegende Kugel.
„Na“, sagte er freundschaftlich zu seinem Sohn, „du hattest recht. Du hast das Leben der Frau gerettet.“ Er schaute auf die Pistole und reichte sie dann über den Tisch hinüber seinem Sohne. „Nun sähe ich verständlicherweise gerne, wie du den Bolzen wieder einbaust.“
Allan Hartley nahm die Waffe auseinander, schob den fehlenden Teil – den Bolzen – ein, setzte sie wieder zusammen, ließ sie dann versuchsweise schnappen und gab sie seinem Vater zurück. Wieder schaute Blake Hartley sie an und legte sie dann auf den Tisch.
„Was würdest du nun sagen, mein Sohn, wenn wir uns ein wenig unterhielten?“
„Ich habe aber doch schon alles erklärt“, widersprach Allan mit unschuldiger Miene.
„Das hast du keineswegs getan“, entgegnete der Vater. „Noch gestern wärst du nie auf einen derartigen Trick verfallen. Mein Gott, du hättest noch nicht einmal gewußt, wie man so eine Pistole auseinandernimmt! Und dann höre ich dich beim Mittagessen Gedanken äußern und eine Sprache gebrauchen, die weit über deinen Horizont hinausgehen. Jetzt möchte ich also wissen, was eigentlich los ist, und zwar ohne alle Umschweife!“
Allan kicherte. „Ich hoffe, du spielst nicht mit der mittelalterlichen Idee, ich sei vom Teufel besessen“, sagte er.
Blake Hartley zuckte zusammen. Offenbar hatte ihm etwas Derartiges tatsächlich vorgeschwebt. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und schloß ihn dann rasch wieder.
„Leider bin ich nicht ganz sicher, daß du nicht recht hast“, fuhr der Sohn fort. „Du sagst, du findest mich verändert. Wann hast du diese ‚Änderung’ zum erstenmal bemerkt?“
„Gestern abend warst du noch mein kleiner Junge. Heute morgen …“ Blake Hartley sprach mehr zu sich selbst als zu Allan. „Ich weiß es nicht. Du warst außergewöhnlich still beim Frühstück. Und nun fällt mir ein, daß du – als ich dich oben im Gang traf – recht sonderbar schienst. Allan!“ brach er los, „was ist bloß mit dir passiert?“
Allan Hartley fühlte etwas wie einen Schmerz. Was sein Vater nun erlebte, erinnerte sehr an das,
Weitere Kostenlose Bücher