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Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2

Titel: Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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aussprechen konnte, Wörter, die ich noch nie gehört hatte. Sie hörten mir zu und stellten mir Fragen, und ich dachte, ich wäre wie Großvater, und belehrte sie, so wie er mich manchmal belehrte. Und dann riefen sie einen anderen Mann herbei und sagten: ,Hören Sie sich diesen Jungen an; der ist das Letzte!’, und ich merkte, daß alle
mich auslachten.“
Timothys Gesicht war röter als gewöhnlich, aber er versuchte zu lächeln, als er hinzufügte: „Ich begreife jetzt, daß
es damals komisch geklungen haben muß. Und unerwartet
auch; das ist etwas sehr Wichtiges beim Humor. Aber meine Gefühle waren so schrecklich verletzt, daß ich weinend
zu meiner Großmutter rannte, und sie wußte nicht, weshalb
ich weinte. Aber es geschah mir auch ganz recht, weil ich
ihr nicht gehorcht hatte. Sie sagte mir immer, ich solle den
Leuten nichts erzählen; sie sagte, ein Kind hätte ältere Leute nichts zu lehren.“
„Auf diese Weise vielleicht nicht – in diesem Alter.“ „Aber ehrlich, manche erwachsenen Leute wissen nicht
sehr viel“, sagte Tim. „Als wir letztes Jahr mit dem Zug fuhren, kam eine Frau und setzte sich neben mich und fing an,
mir Dinge zu erzählen, die ein kleiner Junge über Kalifornien wissen müßte. Ich sagte ihr, ich hätte mein ganzes Leben lang dort gelebt, aber ich denke, sie wußte wahrscheinlich gar nicht, daß man uns in der Schule etwas lehrt, und
versuchte mir Dinge zu erklären, und fast alles war falsch.“ „Was zum Beispiel?“ fragte Welles, der auch schon un
ter Touristen gelitten hatte.
„Wir … sie sagte so viele Dinge … aber ich fand, daß
das das Komischste war: Sie sagte, die Missionen wären alle
so alt und interessant, und ich sagte ja, und dann sagte sie:
‚Weißt du, die sind alle gebaut worden, lange bevor Kolumbus Amerika entdeckte’, und ich dachte, das sollte ein
Witz sein, also lachte ich. Aber sie sah mich sehr ernst an
und sagte: ,Ja, diese Leute sind alle von Mexiko heraufgekommen.’ Ich denke, sie meinte, das wären alles AztekenTempel.“
Welles lachte laut und mußte zugeben, daß vielen Erwachsenen tatsächlich selbst die primitivsten Grundlagen
des Wissens fehlten.
„Nach diesem Erlebnis im Zoo und ein paar anderen begann ich zu begreifen“, fuhr Tim fort. „Leute, die Dinge
wußten, wollten sie nicht noch einmal von mir hören, und
Leute, die sie nicht wußten, wollten sich nicht von einem
vierjährigen Kind etwas beibringen lassen. Ich glaube, ich
war vier, als ich mit Schreiben anfing.“
„Wie?“
„Oh, ich dachte einfach, wenn ich nie zu jemandem etwas sagen durfte, würde ich zerplatzen. Also begann ich, es
festzuhalten – in Druckschrift, wie in den Büchern. Und
dann fand ich das mit dem Schreiben heraus. Wir hatten
ein paar altmodische Schulbücher, in denen das Schreiben
gelehrt wurde. Ich bin Linkshänder, wissen Sie. Als ich zur
Schule ging, mußte ich die rechte Hand gebrauchen. Aber
bis dahin hatte ich schon gelernt, so zu tun, als wüßte ich
nichts. Ich sah den anderen zu und tat, was sie taten. Meine
Großmutter hat mir gesagt, ich solle das tun.“
„Ich möchte wissen, weshalb sie das gesagt hat“, wunderte sich Welles.
„Sie wußte, daß ich nicht an andere Kinder gewöhnt
war, sagte sie, und das war das erstemal, daß sie mich jemand anderem überließ. Also sagte sie mir, ich solle tun,
was die anderen taten und was meine Lehrerin sagte“, erklärte Tim, „und ich befolgte ihren Rat aufs Wort. Ich tat
so, als wüßte ich gar nichts, bis die anderen anfingen, es
auch zu wissen. Ein Glück, daß ich so schüchtern war. Aber
es gab schon Dinge zu lernen. Wissen Sie, als man mich
das erstemal zur Schule schickte, war ich enttäuscht, weil
die Lehrerin sich ganz genau wie andere Frauen anzog. Die
einzigen Bilder von Lehrern, die ich kannte, waren aus alten Mother-Goose-Büchern, und ich dachte, alle Lehrerinnen müßten Reifröcke tragen. Aber als ich sie dann gesehen hatte und nachdem meine Überraschung verflogen war,
wußte ich, daß das albern war, und sagte nie etwas darüber.“
Der Psychiater und der Junge lachten gemeinsam. „Wir spielten Spiele. Ich mußte lernen, mit Kindern zu
spielen, und nicht überrascht zu sein, wenn sie mich schlugen oder herumschubsten. Ich begriff nicht, warum sie das
taten oder was es ihnen einbrachte. Aber wenn sie mich
damit erschrecken wollten, dann sagte ich eben auch ,Buh’
und erschreckte sie etwas später, und wenn sie böse waren,
weil ich ihnen einen Ball oder sonst etwas

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