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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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Mr. Washman erbleichte. Aber noch hatte er den Kelch des Leidens nicht bis zur Neige gelehrt. Die alte Dame bückte sich, kramte zielbewußt in einer Schublade, richtete sich triumphierend wieder auf und legte ein in allen Regenbogenfarben schillerndes Paket auf die Theke. »Hier«, sagte sie, »nehmen Sie das. Alle nehmen das. Was Besseres finden Sie nicht!« Ein rotes ›L‹ – Mr. Washman ächzte. Ein gelbes ›A‹ – Mr. Washman zitterte. Ein grünes ›S‹ – Mr. Washman weinte. Ein blaues ›H‹ – Mr. Washman schloß die Augen. Er stand da wie tot, ein erschütterter, gebrochener Mann. Nach langen, langen Sekunden erwachte er zu neuem Leben. »Kann ich telephonieren?«
    »Welche Frage, guter Mann! Dr. Wilberforce hat …«
    Mr. Washman, bekanntlich ein Mann von überaus schnellen Entschlüssen, hatte bereits gewählt – die Nummer eines Mannes, mit dem ihn einzig und allein die Mitgliedskarte des gemeinsamen Golfklubs verband. »Walt? Hier spricht Willie Washman. Ich habe soeben festgestellt, wie groß die Welt wirklich ist. Zu groß für einen allein.« Und danach sagte er eigentlich nicht mehr viel. Mr. Walt Cunningham, Präsident von GROCTER & PAMBLE und gleichfalls ein Mann von überaus schnellen Entschlüssen, akzeptierte Mr. Washmans Vorschlag, Fusionsverhandlungen aufzunehmen, ohne zu zögern.
    Die zweite Begebenheit, die für die »WEISSE BRANCHE« von entscheidender Bedeutung war, trug sich im Herzen Europas, in Düsseldorf am Rhein, zu. Konsul Topf, Senior des Hauses Topf, feierte sein sechzigjähriges Finnenjubiläum, und wie immer bei derartigen Anlässen, war auch das Fernsehen zur Stelle. Das obligate Interview durfte selbstredend nicht fehlen. Konsul Topf hatte zwar gelegentlich leichte Schwierigkeiten mit seinem Gedächtnis, kaum verwunderlich bei einem so betagten Herrn, aber er war noch immer ein listiger, alter Fuchs und wußte recht gut, daß unbezahlte Werbung die beste Werbung ist. Und so nutzte er, vergnügt mit den Augen zwinkernd, während des Gesprächs mit dem ständig unruhiger werdenden Studioredakteur (es war eine Live-Sendung, eine jener beliebten Sendungen also, die gerade wegen ihrer kleinen Pannen so sympathisch sind) jede sich bietende Gelegenheit, anfänglich verblümte und später auch unverblümte Hinweise auf die Qualität der TOPF-Produkte in seine Lebenserinnerungen einzuflechten. Als schließlich infolge unverzüglicher Intervention der OMNILEVER- sowie der GROCTER, PAMBLE & PALMOGATE-EUROPA-Geschäftsleitung das Interview einer vorzeitigen Beendigung zustrebte, gelang es dem Konsul, einen letzten Trumpf auszuspielen, indem er sagte: »Also, meine lieben Freunde an den Bildschirmen, vergessen Sie nicht, beim nächsten Einkauf auf OMNIL zu achten.« Und dieser Trumpf war es, der das Spiel letztlich entschied – wenn auch nicht zugunsten des Hauses Topf. Das Gedächtnis hatte dem alten Herrn wieder einmal einen Streich gespielt, denn in Wirklichkeit meinte er natürlich nicht OMNIL, sondern TOPIL. Aber weil der alte Herr so nett war, und so natürlich und so lustig, ganz wie unser seliger, alter Großvater, achteten die lieben Freunde an den Bildschirmen beim Einkauf (und nicht nur beim nächsten) in der Tat auf das so warm empfohlene OMNIL, was zur Folge hatte, daß der Marktanteil von TOPIL sank und sank und immer weiter sank, bis das Haus TOPF die Konsequenz zog und sich aus dem unguten Geschäft zurückzog. OMNILEVER mußte zwar noch immer eine horrende Summe zahlen, aber der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel.
     
    Fortan gab es also nur noch zwei Überlebende im Totalen Weißen Krieg des Jahrhunderts. GROCTER, PAMBLE & PALMOGATE auf der einen, und OMNITOPF (auf das Renommee des guten, alten Namens TOPF durfte natürlich nicht verzichtet werden) auf der anderen Seite. Aber die neue Konstellation änderte alles.
    Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Kampfeshandlungen waren endlich gegeben, denn wenn auch die Aufteilung eines Stück Kuchens in drei (oder vier oder mehrere) Portionen allgemein nur appetitanregend wirkt, so kann eine gerechte Halbierung zwei Partizipanten eines Festschmauses doch durchaus zufriedenstellen, zumal wenn der Kuchen groß genug ist. Und der Kuchen war groß genug, zumindest damals noch. In jedem Fall – die Weiß-Leuchtkraftbarone dies- und jenseits des Atlantik wurden sich recht schnell einig, sehr einig sogar, wie die Welt mit einem weinenden und einem lachenden Auge bald feststellen konnte.
     
    Zunächst einmal

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