Science Fiction aus Deutschland
beschloß man die in den vergangenen Jahrzehnten an der weißen Front verschossenen Werbemilliarden so weit wie möglich wieder hereinzuholen. Dieses Bestreben wirkte sich zwar nicht gerade sehr vorteilhaft auf den neu festgesetzten Verkaufspreis von OMNIPIL und WEISSES LASH aus, aber Sherman-Kommission und Kartellamt gaben ihren Widerstand schleunigst auf, als GP&P und OMNITOPF mit gemeinsamen Produktionsstop drohten und grauenhafte Visionen von alles überschwemmendem Schmutz heraufbeschworen. Außerdem wiesen die beiden weißen Riesen, vielleicht sogar nicht ganz unberechtigt, auf den Präzedenzfall des Butter-aus-Kohle-Trusts hin, dessen Monopol niemals von einer Regierung angetastet worden war. Der Luxus, weiße Wäsche sein eigen nennen zu dürfen, wurde also teurer, aber es war ja schon immer etwas teurer gewesen, einen besonderen Geschmack zu haben. Keiner wusch halt reiner. Keiner. Und jeder hatte ein gutes Gewissen.
Dem Negativum des höheren Preises stand jedoch auch eine Reihe positiver Gesichtspunkte gegenüber, die für Hersteller und Verbraucher gleichermaßen erfreulich waren. (Lediglich in den Etatbecher von Werbeagenturen, Fernsehanstalten, Zeitschriften, Sportvereinen und ähnlichen kulturellen Institutionen fielen einige Wermutstropfen.) GP&P und OMNITOPF sparten jetzt, da sie sich ausschließlich auf zurückhaltende, distinguierte Präsenzwerbung beschränkten, riesige Summen ein, die es ihnen fürderhin ermöglichten, die Qualität ihrer Produkte dem Verbalschaum ihrer früheren Hymnen tatsächlich adäquat werden zu lassen; und die ehedem in den Weißmacherfluten immer neuer Sprüche zu ertrinken drohenden Normalverbraucher konnten, wie in den guten alten Zeiten, ihr Abendessen wieder zu sich nehmen, ohne sich, durch »Und-was-haben-Sie-mit-der-anderen-Hälfte-gemacht?« – oder »Kommen-Sie-auf-den-Balkon!« -Gebrüll aufgeschreckt, zu bekleckern, sahen bei Sportveranstaltungen statt »Das-strahlendste-Weiß-in-diesem-Stadion« -Spruchbänder wieder Fußballspieler und Radrennfahrer, fanden in ihren von Probepackungen und Prospekten befreiten Briefkästen wieder die früher so oft versehentlich mitweggeworfenen Briefe von Onkel Tom und Tante Paula, und hatten sogar das Vergnügen, auf den letzten Seiten ihrer Illustrierten wieder über Omnipil-Reporter ablösende Grüne-Krokodil-Witze zu lachen.
Eine Zeit der Beschaulichkeit und des Besinnens folgte. GP&P und OMNITOPF machten Versuche, erprobten Neues und Besseres, produzierten, verkauften. Die Kundschaft kaufte, durchdrungen von dem Bewußtsein etwas Gutes – das Beste – zu erwerben, trug wundervoll saubere Kleidung und freute sich.
Es herrschte tiefer Frieden an der weißen Front. Aber es war – und wer wüßte das besser, als wir armen Grau in Grau gekleideten Menschenkinder von heute – ein trügerischer Frieden. Es war die Ruhe vor dem Sturm. Der ultimative Krieg … Armageddon … Chaos sollten folgen.
Bei GP&P und OMNITOPF vollzog sich der Generationswechsel. Die alten Herren vom Schlage Willie Washman, Walt Cunningham und ihrer europäischen Pendants traten nach und nach in den Ruhestand und jüngere, ehrgeizigere, nach höheren Marktanteilen gierende Heißsporne drängten unaufhaltsam nach.
»Stillstand ist Rückschritt«, sagten die jungen Leute. Und: »Von nichts kommt nichts« und »Reklame ist die Seele von ’s Ganze« .
Langsam, ganz langsam, anfänglich noch abgebremst durch die Männer, die die wilden Tage aus eigener Anschauung kannten, begann die Eskalationsschraube der aggressiven Werbung wieder anzuziehen, denn Jugend läßt sich nun einmal nicht aufhalten. Die Warnungen der Routiniers wurden in den Wind geschlagen, und dann begann das tragische, das letzte Kapitel in der Geschichte der »Weißen Branche« .
GP&P und OMNITOPF gerieten aneinander. GP&P machte den Anfang. Das seit langen Jahren bestens bewährte, Vertrauen einflößende Motto »WEISSES LASH, das gute Waschmittel« mußte dem entschieden eindeutigeren »WEISSES LASH, das beste Waschmittel« weichen.
»Ha!« sagten die jungen Männer in der OMNITOPF-Zentrale zu den alten Männern. »Da habt ihr ’s! Eine Diskriminierung, eine ungeheure Diskriminierung.«
Und auch sie änderten ihr seit Jahren bestens bewährtes, Vertrauen einflößendes Motto »Mit OMNIPIL wäscht man gut« in »Mit OMNIPIL wäscht man am besten« .
So fing es an.
Agenturen, Zeitungen, Radio- und Fernsehanstalten frohlockten. Sportvereine, Fassadeneigner und all die übrigen
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