Science Fiction Jahrbuch 1983
redest du, Ted?“
„Als ich gestern in Teotihuacan am Tempel vorüberging, da spürte ich ein eigentümliches Gefühl in der Stirn, und seitdem scheine ich jemand anders zu sein. Tut mir leid, Celia. Klinge ich wie ein Verrückter? Ich glaube nicht. Aber ich weiß, daß das, was ich sage, auch keinen rechten Sinn ergibt.“
„Wir sind seit neun Jahren verheiratet. Wir sind Partner in einer Marktforschungsfirma, Hilgard & Hilgard, zwischen 57th und Sixth.“
„Marktforschung. Wie seltsam. Haben wir Kinder?“
„Nein. Wir wohnen in einer Wohnung in der 85th, und im Sommer fahren wir … oh, Ted! Ted ?“
„Es tut mir so leid, Celia.“
Ihre Augen, die im Mondlicht glänzten, waren weit aufgerissen, weiß und entsetzt. Säuerlicher Angstschweißgeruch hing in der Luft, seiner, ihrer. „Kannst du dich gar nicht an dein früheres Leben erinnern?“ fragte sie heiser. „Kein bißchen? Im Januar waren wir in San Francisco. Wir wohnten im Stanford Court, es regnete die ganze Zeit, und du hast in einem kleinen Laden gegenüber vom Ghirardelli Square drei Elfenbeinschnitzereien gekauft. Letzten Monat bekamen wir die Verträge für den Fall Bryce, und daraufhin hast du gesagt: ‚Fein, feiern wir doch, indem wir nach Mexiko fliegen, wir wollten ja schon immer einmal nach Mexiko, und nun ist die Zeit günstig.’ Im April haben wir einen Großauftrag in Atlanta, und im Mai … Ted? Nichts, Ted?“
„Nichts. Nur Leere.“
„Wie schrecklich. Halt mich fest, Ted.“
„Es tut mir so schrecklich leid.“
„Erinnerst du dich auch nicht mehr daran, wie wir miteinander geschlafen haben?“
„Ich habe dich gestern nachmittag gegen zwei Uhr nachmittags zum ersten Mal gesehen.“
„Wir werden gleich morgen nach Hause zurückfliegen. Es muß doch eine Art Therapie geben – eine Drogenbehandlung, unter Umständen sogar Elektroschocks. Wir werden zuallererst mit Judith Rose sprechen …“
Hilgard erschauerte überrascht. „Mit wem?“
„An sie wirst du dich auch nicht mehr erinnern.“
„Das ist es ja. Ich erinnere mich. Ich kenne eine Judith Rose. Eine große, ansehnliche Frau mit olivfarbener Haut und lockigem schwarzen Haar. Sie ist Professorin für Neurobiologie an der Rockefeller University …“
„Beim New York Medical“, verbesserte Celia. „Aber der Rest stimmt. Siehst du? Du hast doch nicht alles vergessen! Du kannst dich doch an Judith erinnern!“
„Sie ist an der Rockefeller University“, sagte Hilgard. „Ich kenne sie schon seit vier oder fünf Jahren. Wir beide wollten diese Reise nach Mexiko zusammen unternehmen, aber sie mußte im letzten Augenblick wegen Schwierigkeiten mit einer Subvention absagen. Es war vorhersehbar, daß sie vielleicht Wochen damit beschäftigt sein würde, daher beschlossen wir, daß ich allein fliegen sollte, und …“
„Was sagst du da?“ fragte Celia fassungslos.
„Nun, Judith und ich lieben uns, Celia.“
Sie begann zu lachen. „Oh nein! Das ist zuviel! Du und Judith …“
„Wir kommen natürlich auch mit anderen Leuten zusammen. Aber Judith hat immer Vorrang. Wir gehören beide nicht zu den Heiratsfreudigen, aber unsere Beziehung funktioniert exzellent, und daher …“
„Hör auf, Ted.“
„Ich will dich nicht verletzen. Ich sage dir nur, wie es zwischen mir und Judith steht.“
„Wenn du mir sagen möchtest, daß du Liebschaften hattest, damit werde ich fertig. Ich wäre nicht einmal besonders überrascht. Aber nicht mit Judith. Das ist zu absurd. Nichts ist in dieser Welt jemals sicher, aber eines weiß ich ganz genau, nämlich daß Judith keine Liebhaber hat. Sie und Ron benehmen sich immer noch wie Flitterwöchner. Sie muß die treueste Frau auf der ganzen Welt sein.“
„Ron?“
„Ron Wolff“, antwortete Celia. „Judiths
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