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Science Fiction Jahrbuch 1983

Science Fiction Jahrbuch 1983

Titel: Science Fiction Jahrbuch 1983 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Ein­ge­ständ­nis be­reit, daß er ver­rückt ge­wor­den war, aber es gab nur sehr we­nig Sinn­vol­les, was er zu ihr sa­gen konn­te, und ir­gend­wann ein­mal wür­de sie ihn be­stimmt dar­auf an­spre­chen. Er fühl­te sich wie je­mand, der in die Mit­te ei­nes Fil­mes hin­ein­platzt und nun her­aus­zu­fin­den ver­sucht, was vor sich geht. In sei­nem Fall war das al­ler­dings we­sent­lich schwie­ri­ger, denn er sah den Film nicht nur an, son­dern er spiel­te dar­in mit. Und so sah er sich ei­ner völ­lig Frem­den am sel­ben Tisch ge­gen­über, die er, wie es schi­en, schon vor Jah­ren ge­hei­ra­tet hat­te. Aber für ge­wöhn­lich ha­ben sich Men­schen, die schon jah­re­lang mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet sind, beim Es­sen we­nig Neu­es zu er­zäh­len. Er war dank­bar für die lan­gen Pau­sen des Schwei­gens. Wenn er sprach, dann tat er das vor­sich­tig und kurz. Ein­mal er­laub­te er sich den Lu­xus, sie beim Vor­na­men zu nen­nen, nur um zu zei­gen, daß er ih­ren Na­men wuß­te, aber sein „Ce­lia“ rief le­dig­lich ein flüch­ti­ges Stirn­run­zeln her­vor, das ihn ver­blüff­te. Hät­te er statt des­sen einen Ko­sen­a­men be­nut­zen sol­len? Oder gab es einen an­de­ren Na­men als Ce­lia, den je­der be­nutz­te – viel­leicht Cee, Ce­le oder Char­ley? Er war voll­kom­men hilf­los. Wäh­rend er vor sei­nem Kaf­fee saß, dach­te er wie­der über den Au­gen­blick der Be­nom­men­heit beim Tem­pel von Quetz­al­coatl nach, als sich in sei­nem Kopf al­les ge­dreht hat­te. Gab es so et­was wie einen Schlag­an­fall oder Hitz­schlag, der die Er­in­ne­rung an­griff, oh­ne da­bei den Kör­per in Mit­lei­den­schaft zu zie­hen? Nun, viel­leicht. Aber er litt nicht ein­fach an Amne­sie, denn er ver­füg­te ja über mi­nu­ti­öse Er­in­ne­run­gen an ein Le­ben oh­ne Ce­lia, an das Le­ben ei­nes Al­lein­ste­hen­den, der Lei­ter ei­ner flo­rie­ren­den Kunst­ga­le­rie war und ein er­füll­tes Le­ben vol­ler Rei­sen, Lie­be und Freun­de führ­te. Er war vor drei Ta­gen in Me­xi­ko Ci­ty an­ge­kom­men und hat­te sich auf ei­ne Wo­che Son­nen­schein und scharf ge­würz­tes Es­sen ge­freut, viel­leicht auf ei­ne Be­rei­che­rung sei­ner Samm­lung. Wie konn­te ein Schlag sol­che Er­in­ne­run­gen in ihm her­vor­ru­fen? Und dann noch so de­tail­reich: das Ta­xi, ein schwar­zer Ford, Chu­cho, der lie­bens­wür­di­ge Fah­rer, das Zim­mer im sieb­ten Stock des Ho­tels Pre­si­den­te …
    „Ich ha­be oben et­was ver­ges­sen“, sag­te er zu Ce­lia. „Ich ge­he es nur noch rasch ho­len, dann kön­nen wir ge­hen.“
    Er rief vom Zim­mer aus im Pre­si­den­te an. „Mr. Hil­gard, bit­te.“
    „Einen Au­gen­blick.“ Lan­ge Pau­se. Dann: „Bit­te wie­der­ho­len Sie den Na­men.“
    „Hil­gard, Theo­do­re Hil­gard. Ich glau­be, er hat Zim­mer 770.“
    Ei­ne noch län­ge­re Pau­se.
    „Tut mir leid, Sir. Bei uns wohnt kein Mann die­ses Na­mens.“
    „Ich ver­ste­he“, sag­te Hil­gard, der über­haupt nichts ver­stand, und häng­te ein. Er be­trach­te­te sich im Spie­gel und such­te nach den Spu­ren ei­nes Schla­ges, hän­gen­de Li­der, ab­sa­cken­de Wan­gen. Nichts. Nichts. Aber sein Ge­sicht war grau. Er sah aus, als wä­re er tau­send Jah­re alt.
    Vor dem Mu­se­um nah­men sie ein Ta­xi und fuh­ren zum An­thro­po­lo­gi­schen Mu­se­um. Er war schon mehr­mals hier ge­we­sen, das letz­te Mal erst ges­tern nach­mit­tag. Doch wie er Ce­li­as Wor­ten ent­neh­men konn­te, hat­te sie es noch nie­mals zu­vor ge­se­hen, was ihn in er­neu­te Ver­le­gen­heit brach­te: Er muß­te vor­ge­ben, mit die­sem doch so ver­trau­ten Ort über­haupt nicht ver­traut zu sein. Wäh­rend sie durch die Sä­le wan­der­ten, tat er sein Bes­tes, um Über­ra­schungs­re­ak­tio­nen beim An­blick von Ob­jek­ten zu heu­cheln, die er schon seit Jah­ren kann­te, bei­spiels­wei­se bei den großen Stein­köp­fen von Ol­mec, der er­schre­cken­den Sta­tue der Göt­tin Coat­li­cue und den Ja­de­mas­ken. Manch­mal war es aber auch un­nö­tig, Er­stau­nen zu heu­cheln. Im Az­te­ken­saal sah er di­rekt ne­ben dem Ka­len­der­stein ei­ne rie­si­ge Mar­mor Skulp­tur, die ihm bei sei­nem gest­ri­gen

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