Science Fiction Jahrbuch 1983
geworden war, und jetzt war Lauria tot, tot durch die Hände von Avarra weiß wie vielen Männern, die ihren jungen Körper brutal mißhandelt hatten … Oh Lauria, Lauria, ich tu dies auch für dich … Sie klammerte ihre Hände um den Griff des Schwertes, bis ihre Knöchel schmerzten, da sie wußte, wenn sie dies nicht tun würde, würde sie aufstehen und das Kleid von den schlampigen, sommersprossigen Schultern des Mädchens reißen … Ich hab’s nie gesehen, ich habe Abend für Abend hier gesessen und habe diese dreckige Nutte Beria nie die Kleider tragen sehen, die meine Mutter und ihre Frauen für ihre Töchter gemacht haben …
Lauria und Janna und Gavriela. Und ich, Schwestern, und ich … Ihr seid gestorben, und ich lebe vierzig Tage später noch immer. Aber ich werde euch alle rächen …
Selbst die um die Tafel versammelten Banditen begannen schließlich, aus dem Saal zu schlendern, zogen Frauen mit sich und betätschelten sie, als sie, die Arme um sie geschlungen, mit ihnen hinausgingen. Zwei der Männer gerieten im Kampf aneinander, und Messer wurden gezogen. Narthen sprang von seinem Thron an der hohen Tafel herunter und trennte sie mit zwei oder drei gut gezielten Tritten, wobei er das Messer aus einer Hand wand und es verächtlich in die Feuerstelle schleuderte. „Höllenfeuer, Burschen, was ist der Unterschied zwischen dem einen Rock und einem anderen, wenn die Lampe aus ist? Sucht euch eine andere Nutte oder wechselt euch an dieser ab, doch kein Gezänk an meinem Tisch!“
Meinem Tisch. Wie schnell er sich für den Herrn hält. Genieße es, so lange du kannst, Narthen. Sie fühlte das Schwert in ihrer Hand, als würde es sich anstrengen, sich selbst aus der umhüllenden Scheide herauszuziehen. Doch sie durfte es noch nicht ziehen, nicht bevor der Augenblick reif war, um es mit dem Blut Narthens zu füttern. Sie zwang ihre Hand, sich von dem Griff zu lösen, versprach mit einem Flüstern: „Bald, bald … bald wird dein Blutdurst gestillt werden …“
„Hast du mit mir gesprochen, Domna Mhari?“ sagte Narthen in dieser widerlichen Parodie von Freundlichkeit, die ihr verhaßter war als seine schlimmste Brutalität. „Was wird bald sein?“
Sie wollte es ihm entgegenschreien, sich an seinem Gesicht weiden … Aber die Zeit war noch nicht gekommen. Sie sagte mürrisch: „Ich habe mit meinem Schoßhund unter dem Tisch geredet und ihm versprochen, daß er bald einen Leckerbissen von meinem Teller bekommen soll.“ Sie zwang sich, mit zitternden Fingern ein paar zarte Reste von der gebratenen Keule in der Mitte der Tafel abzureißen – jetzt fast kahl, jedoch mit einigen saftigen Resten, blutroh, die am Knochen klebten – und sich nach vorn zu lehnen, um sie von dem Hund aus ihren Fingern schnappen zu lassen. Der Welpe winselte und wich zurück, verweigerte den angebotenen Leckerbissen, und Mhari spürte, wie das Blut ihre Finger verdunkelte.
„Was stimmt mit dem verdammten kleinen Biest nicht?“
„Sie hat Angst vor dir“, sagte Mhari fest. „Ich bezweifle nicht, daß du sie getreten hast, als ich nicht dabei war.“
„Zandru schicke mir Skorpionpeitschen“, fauchte er. „Hältst du mich noch immer für so ein Ungeheuer? Frauen und Hunden kann man nicht gefallen, beide beißen sie einen, wann sie wollen! Komm her!“ Seine Hand zog sich fest über ihrer Schulter zusammen. „Geh in dein Zimmer. Laß dich von deinen Frauen auskleiden. Ich werde bald kommen. Ich will noch einen Becher Wein.“
An jedem anderen Abend hätte Mhari dies mit Freude gehört. Einmal oder zweimal hatte er wirklich die halbe Nacht hier verweilt, war eingeschlafen, so daß ihn seine Leibdiener in sein Bett tragen mußten, oder er war dorthin gewankt, zu betrunken, um etwas anderes zu tun, als in einen besoffenen, schnarchenden
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