Science Fiction Jahrbuch 1983
lederne Flasche Wein an sich und rannte zum Stall. Als sie den verlassenen Korridor entlangrannte, nahm sie einen Umhang auf, der einem der Soldaten gehörte, ein einfaches Ding mit ungegerbter Haut, auf der Innenseite von lockiger, weißer Wolle bedeckt und grobem, braunem Fries auf der äußeren Schicht. Er kratzte sie und roch stark nach Wolle, doch er war warm.
Draußen schneite es, ein dichtes Gestöber, und ihre Füße knirschten fest auf einer bereits gefrorenen Schneekruste. Sie huschte in den Stall, blickte zurück und überall Laternen sah, Männer, die ausschwärmten und nach ihr suchten. Niemals konnte sie zwischen ihnen hindurchgelangen. Nicht einmal bei Nacht, mit keinem Pferd, das sie im Dunklen finden und satteln konnte. Sie rannte verzweifelt, kletterte die Leiter zum Taubenschlag hinauf. Schläfriges Gurren und Glucken begrüßte sie aus dem Korbverschlag der Botenvögel. Sie riß an der Tür des Verschlages, schlug mit den Armen im Kreis, drängte mit rauhem Unterton in der Stimme: „Husch! Husch! Hinaus, hinaus, fliegt …!“
Sie strömten aus dem runden Fenster des Schlages, und sie sah sie kurz als Umriß gegen den Schnee, ein wirbelnder und kreisender Schwärm, verwirrt von der plötzlichen Freiheit. Dann, fast als würden sie alle von einer einzigen Intelligenz kontrolliert, schwebten sie in der Luft, bogen schließlich ab und flogen durch den Sturm – davon, davon über den Paß nach Scaravel.
Dort werden sie bestimmt wissen, daß irgend etwas nicht stimmt. Sie werden kommen, sie werden mich retten … Mein einziger Bruder Ruyven, mein Vetter, mein Verwandter, mein Geliebter Rafael …
Vor Anstrengung keuchend lehnte sie sich an den Balken des Oberbodens zurück. Das Heu unter ihren Füßen war so weich, daß sie am liebsten darauf niedergesunken wäre, um zu schlafen …
„Schau!“ rief draußen jemand, der eine Laterne schwenkte. „Da fliegen sie – alle Vögel! Jemand ist auf dem Boden, Männer! Packt ihn! Da oben! Mir nach!“
Ihre Arme, ihre Hände zitterten vor Müdigkeit. Mhari setzte den Beutel voller Fleischstücke und Brot ab, den sie in ihre Tasche gestopft hatte, griff mit müden Händen nach dem Schwert. Sie hörte das Krabbeln von Füßen auf der Leiter, sah das Licht einer Laterne durch die Falltür schimmern. Sie wich von dem Loch im Boden zurück, umfaßte das Schwert. Das hohe Kreischen war überall ringsum, und sie hörte das Heu unter den Füßen rascheln, als sie sich bewegte.
„Hier oben!“ rief der Mann. „Mir nach …“
Sein Kopf versprühte Blut, noch bevor Mhari wußte, daß das Schwert aus der Scheide war. Sein Körper fiel kopfüber auf die unten drängelnden Banditen. Dann herrschte Stille, und nach einer Weile entfernten sich die Laternen.
Das Schwert glitt zurück, summte vor Vergnügen.
Schwaches, graues Licht stahl sich in den leeren Schlag, Schnee wehte durch das Fenster. Mhari rieb Schnee auf das Gesicht, um sich zu erfrischen, auf die Augen, die heiß waren und brannten. Narthen war tot, und die Banditen rannten im Hof herum – wie die Bevölkerung eines Hügels von Skorpionameisen, nachdem jemand die Seite herausgetreten hatte und auf der Königin herumgetrampelt war. Ein paar von ihnen ritten davon, andere brüllten und stritten sich darüber, wer sie jetzt anführen sollte. Eine der Frauen, einen Sack voller Silbergeschirr vor sich auf einen Esel geworfen, deren Rock zu ihren Knien hinauf rutschte, da sie rittlings auf dem Tier saß, wobei ihre Beine hervorragten und mehrere Zoll gestreifter wollener Strümpfe zeigten, stürmte den Hügel hinunter davon. Mhari hörte zwei der Banditen darüber streiten, ob sie ihr folgen sollten, dann jedoch begannen sie, um ein Beutestück zu kämpfen, das jeder von ihnen haben wollte.
Mit Glück
Weitere Kostenlose Bücher